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Bienenzüchter fühlen sich im Stich gelassen

Die deutschen Imker fühlen sich von der Politik im Stich gelassen: Nicht nur, dass die Varroamilbe ihre fliegenden Helfer bedroht, auch in der Diskussion über den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln finden die Belange der Imker ihrer Ansicht nach nicht ausreichend Gehör. Um ihren Unmut sichtbar zu machen, haben die Bienenzüchter heute in Berlin demonstriert.

Von Verena Kemna | 03.04.2009
    Im vergangenen Jahr hatten Landwirte gegen den eingeschleppten Maiswurzelbohrer sogenanntes gebeiztes Saatgut verwendet. Drei Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonikotinoide sollten die Larven des Maiswurzelbohrers abtöten. Etwa elftausend Bienenvölker wurden direkt oder indirekt durch eben dieses Saatgut getötet oder nachhaltig geschwächt. Von gravierenden Bienenvergiftungen spricht auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dort ruht seit einem Jahr die Zulassung für das behandelte Saatgut. Helmut Tschiersky-Schöneburg, Präsident der Bundesbehörde nennt zwei Ursachen der Katastrophe. Zu viel Beize und eine schlechte Anhaftung am Saatkorn. Durch den entstehenden Staub wurden die Neonikotinoide gegen den Maiswurzelbohrer auch auf Blüten und Pflanzen übertragen.

    "Dabei kam noch dazu, dass in dem Jahr der Raps sehr spät blühte weil die Witterung vorher längere Zeit sehr feucht war und die Bienen sich dann bevorzugt auf die Rapstracht gesetzt haben. Und das war, wenn man so will, eine nicht vorhersehbare unglückliche Verkettung von Tatsachen."

    Seitdem ist das Umrüsten von Geräten für die Aussaat Teil der Qualitätssicherung. Gemeinsam mit dem Julius-Kühn Institut hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit neue Normen für den Abrieb am Saatgut festgelegt. Doch um den Schutz der etwa 700.000 Bienenvölker in Deutschland zu garantieren, gebe es weiteren Forschungsbedarf, meint Präsident Tschiersky-Schöneburg. Er verweist darauf, dass die Zulassung für das entsprechende Behandlungsmittel für Saatgut noch immer ruht. Für eine schleichende Bienenvergiftung durch gebeiztes Saatgut generell, gebe es aber keinerlei Hinweise.

    "Das kann ich in diesem Moment weder bestätigen noch widerlegen. Da laufen Untersuchungen, da werden auch Forschungen mit dem Julius-Kühn-Institut durchgeführt und anderen Einrichtungen, um zu prüfen, ob zum Beispiel durch sogenanntes Gutationswasser Insektizide aufgenommen werden oder nicht."

    Berufsimker Christoph Koch aus der Ortenau ist einer von etwa 100 Imkern, die sich heute vor dem BVL in Berlin versammelt haben. Im vergangenen Jahr wurde fast sein gesamter Bestand vernichtet. Der Imker aus Leidenschaft hat fast 233 Bienenvölker verloren und leidet noch immer.

    "Wobei diese Bienenvölker nicht alle von dem Gift getötet worden sind. Die sind so geschwächt worden, dass sie keinen Ertrag mehr gebracht haben, dass sie sehr viel Pflege gebraucht haben und heute noch sehr klein sind. Es sind immer noch Probleme da, die wir sehen."

    Er fordert einen umfassenden Bienenschutz. Das komplexe Leben im Bienenstock lässt sich nicht auf Laborwerte reduzieren, sagt Christoph Koch. Er und die anderen Imker fordern ein grundsätzliches Verbot aller Neonikotinoide. Mit dem Ruhenlassen eines einzigen Behandlungsmittels wollen sich die aus ganz Deutschland angereisten Imker nicht zufrieden geben.

    "Ich erwarte schon, dass da Bewegung ist und das BVL bewegt sich ja auch, aber eben nicht in unserem Interesse. Wir wollen da ein bisschen mehr Courage von unseren Beamten. Sie sind ja deswegen Beamte, dass sie mutige Entscheidungen treffen können und nicht immer nur im Interesse unserer deutschen Chemieindustrie handeln."