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Bier-Test
Prickeln auf der Zunge

"Jährlich DLG-prämiert"- auf kleinen Gold-, Silber- oder Bronze-Medaillen ist dieser Spruch auf unzähligen Lebensmitteln zu finden. Vergeben wird das Siegel von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, kurz DLG. Heute haben sich die Tester in Köln Biere vorgeknöpft.

Von Jörg Sauerwein |
    Ein Mann hält ein Kölsch-Glas in der Hand.
    Tester: "Die Konsumenten können glücklich sein, dass es so viele gute Hersteller in Deutschland gibt." (Patrik Stollarz / AFP)
    Etwa 30 Biertester sitzen in zwei Reihen. Vor ihnen steht Mineralwasser und Knäckebrot, um den Geschmack zu neutralisieren. Und alle haben vor sich eine frische A- und B-Probe eines Bieres - aus verschiedenen Produktionschargen und unterschiedlich alt. Im Saal riecht es nach den ersten Bierproben schon wie in einer gut besuchten Kneipe. Nur die Stimmung der Tester ist nicht so ausgelassen, sondern konzentriert...
    "908... 938 und die 970. hat jeder die A-Probe bei sich gefunden? Gut. Dann bitte wieder die Prüfbefunde zur Seite durchgeben."
    "In der Reihe der vielen Tester sitzt unter anderem Professor Fritz Jacob vom Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität Weyenstephan, und er hat jetzt zwei Becher bekommen, dunkelbraune Becher, in denen er auch nicht erkennen kann, wie das Bier aussieht, das er da trinkt - und was müssen Sie da jetzt überprüfen?"
    "Man hat mir gesagt, dass es sich hier um Kölsch-Bier handelt, das zu verkosten ist. Es wird sozusagen der Geruch, der Geschmack, die Vollmundigkeit, die Rezenz und die Bittere dieser beiden Biere bewertet."
    "Die Rezenz, das ist die Frische, dieses prickelige, was man dann auf der Zunge hat?"
    "Ja, das soll das Prickeln auf der Zunge darstellen - in gewisser Weise kommt die Rezenz durch den Kohlensäure-Gehalt des Bieres zustande, wobei natürlich die Kohlensäure nicht zu hohen Mengen vorhanden sein sollte, weil sonst das Bier einen etwas scharfen Charakter erhält."
    Ausgebildete Fachleute
    Um Tester zu werden, reicht es nicht, gerne Bier zu trinken, erklärt Thomas Burkhard von der DLG.
    "Diese Prüfer sind alle ausgebildete Fachleute aus dem Bierbereich. Es sind nicht alles Braumeister, die arbeiten auch als Wissenschaftler in Instituten, haben aber alle eine brautechnisch bezogene Ausbildung. Die kennen also auch die Produktionsprozesse in der Bierherstellung."
    Auf ihren Prüfbögen tragen sie ihre Urteile zu den Proben ein. Maximal 10 bis 12 Tests schafft ein Prüfer pro Tag, danach kann er zum Beispiel die Bitterkeit nicht mehr gut beurteilen, denn die Prüfer trinken das Bier tatsächlich und spucken es nicht etwa aus. Und trotzdem - man mag es kaum glauben - gibt es in der Mittagspause Brötchen und...
    "Ja, zum Mittag ein Bier - warum nicht? Es schmeckt halt."
    "Wenn man in Köln ist, muss man auch mal ein Kölsch trinken ... aus Liebe zum Produkt dann auch in der Mittagspause."
    Die Hälfte bekommt eine Goldmedaille
    Von den rund 5.000 deutschen Bieren werden jedes Jahr rund 800 eingereicht. Jedes Bier wird dabei von zehn Testern untersucht. Inzwischen bekommen mehr als die Hälfte eine Goldmedaille - allerdings auch, weil viele der erfolgreichen seit Jahren dabei sind und die Qualität von Jahr zu Jahr verbessert haben.
    Wenn ein Bier die Goldmedaille bekommt, dann hat es alle Prüfungsanforderungen im Mehrkampf erfolgreich hinter sich gebracht. Es hat die sensorische Bewertung bestanden, es wurden keine Fehler, keine Auffälligkeiten am Bier festgestellt. Es hat die analytische Bewertung bestanden. Die analytische Bewertung beinhaltet auch die Geschmacksstabilität dieser zwei bewerteten Proben..."
    Viele gute Hersteller in Deutschland
    Nur, wenn A- und B-Probe gleich gut sind, gibt es die Chance auf die begehrte Medaille, mit der dann auch geworben werden kann. Sehr häufig, könnte man einwenden, denn die DLG-Medaillen prangen auf unzähligen Produkten - fast inflationär. Das aber sei schlicht der Beleg für eine hohe Lebensmittelqualität in Deutschland, wendet Thomas Burkhard ein.
    „Und nur zu sagen, es gibt viele Siegel, das ist eine Inflation - ich würde es anders sagen: Die Konsumenten können glücklich sein, dass es so viele gute Hersteller in Deutschland gibt."
    Fritz Jacob ist inzwischen mit seiner Probe durch - überall bekommt das Bier fünf Punkte. Letzter Punkt, die Bitterqualität:
    "Ich würde also auch die Bittere als sehr fein beurteilen und damit die maximale Punktzahl geben. Also rundum ein wunderbares Kölsch..."
    „...wobei, dass Sie als Bayer ein Kölsch so gut beurteilen - das ist ja schon so eine Schwierigkeit. Testen Sie denn hier in Köln eigentlich auch Altbier?"
    "Nein. In Kölsch bleibe ich beim Kölsch."