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Biertisch-Pionier RuKu
Formel für die Garnitur: Zwei Mal Bank, ein Mal Tisch

Kirmes, Oktoberfest oder auch der Weihnachtsmarkt – wenn draußen gefeiert wird, kommen Biertischgarnituren zum Einsatz. Schnell Aufstellen, schnell wegräumen, das funktioniert nur mit dem berühmten Klappmöbelschloss. Davon ist Biertisch-Hersteller RuKu überzeugt. Seine Garnituren gibt's auch in der Schickimicki-Version für Kunden in New York.

Von Gerhard Richter |
Fünf Arbeiter in Latzhosen hieven Holzplatten auf Werkbänke. Die Halle ist neu und steht am Rande Illertissens im Gewerbegebiet: "Es ist mittlerweile nicht mehr so, dass wir die Bäume komplett zuschneiden, sondern es wird alles vorgesägt, wird angeliefert".
Felix Zettel leitet den Vertrieb der Biertischgarnituren. Die Zeiten, in denen zum Unternehmen noch ein eigenes Sägewerk am Mühlbach gehörte, kennt er nur aus Erzählungen. Und auch die Fichten kommen nicht mehr aus Schwaben, sondern aus Wäldern von Skandinavien bis Südosteuropa. Gesägt, geleimt und lackiert wird es in Rumänien. Hier im bayerischen Illertissen werden die Klappbeine angeschraubt, mit dem bekannten einfachen Klappmöbelschloss.
Die Sache mit dem Klappmöbelschloss
"Das innovative am Klappmöbelschloss war, dass man ein Möbelstück hatte, das sich zusammenklappen ließ, aber auch eine gewisse Stabilität bot, um schnell, wenn ein Tisch oder eine Bank benötigt wurde, das schnell aufstellen konnte und auch wieder platzsparend verstauen".
Dieses Klappmöbelschloss gibt es seit 1952. Bis dahin mussten die Gastronomen mit schweren Steckverbindungen hantieren. Aber dieses Patent revolutionierte das Festwesen. Erfunden und entwickelt hat es der damalige Firmenchef Rudolf Kurz, dessen Namen noch heute als Abkürzung im Firmennamen steckt. RuKu für Rudolf Kurz. Ein rühriger Geschäftsmann im Bauboom der 1950er-Jahre.
Er konstruierte Holzmodule für Baubaracken, die Federzugmechanik für Garagentore und eben das Klappmöbelschloss. Die ersten klappbaren Biermöbel, die damals noch komplett aus rohem Holz waren, ließ er beim Illertisser Weinfest aufstellen.
"Zum Schutz der Garnitur oder vom Holz wurden wächserne Tischdecken über die Garnitur geworfen in Orange, und aufgrund dessen dieser orangen Farbe und der Reflektion des Lichts, da es ein sehr, sehr schöner Tag auch war, hat das Bier im Maßkrug wesentlich besser ausgesehen und schmackhafter wie Wein, durch die Reflektion und man munkelt und man erzählt sich, dass auf diesem Weinfest wesentlich mehr Bier verkauft worden ist, wie Wein. Und so ist der Mythos, oder die Entstehungsgeschichte dieser klassischen orangen Farbe".
Bier mag Biertisch-Orange
Seitdem sind die Bierbänke in der klassischen Version in diesem - ja man kann schon sagen – Biertisch-Orange lackiert. 1970 stieg der Sohn von Rudolf Kurz in die Firma ein. Praktischerweise hieß er genauso wie sein Vater, Rudolf Kurz und so blieb der Firmenname Ruku erhalten. Kurz Junior erweiterte das Sortiment um Saunen, Hoftore, Haustüren und elektrische Garagentorantriebe.
"Der Herr Kurz war ein sehr charismatischer Mensch und er hat das Unternehmen mehr oder weniger als eine Art Hobby betrieben".
Und war dabei sehr erfolgreich. Mit den Gewinnen gründete er eine Flugschule, kaufte einen Wolkenkratzer in New York, einen Straßenzug in München. Und dort, in der bayerischen Hauptstadt feierte die Biertischgarnitur auch den internationalen Durchbruch. Das war 1972, im Olympia-Jahr als die Wiesn Wirte in ihre Festzelte zum ersten Mal Ruku-Möbel stellten.
"Man kann ganz klar sagen, mit der Belieferung des Oktoberfests hat die Biertischgarnitur ihren Siegeszug gefeiert".
Durchbruch durchs Oktoberfest
Kurz Junior starb 2014 - ohne Nachkommen. Einige leitende Angestellte haben Firma übernommen und aufgeteilt. Die Ruku Event GmbH, wie die Biergarniturensparte seit der Umstrukturierung heißt, hat ihren Sitz in einem schmucklosen Neubau im Gewerbegebiet ein paar Kilometer vom alten Sägewerk entfernt, sitzt Felix Zettl in seinem Büro. Zwischen weißen Wänden und mit einem Laptop auf dem ansonsten fast leeren Schreibtisch betreut Zettl die Niederlassungen in ganz Deutschland und rund um den Globus.
"Unsere Garnituren stehen in New York in einem Feinschmecker-Restaurant, in einem Sterne-Restaurant, wo wie auf Shabby-Chic umgemodelt wurden. Biertischgarnituren findet man mittlerweile eigentlich überall auf der Welt."
Natürlich überall dort, wo auch Oktoberfeste gefeiert werden. Aber auch auf Weihnachtsmärkten und anderen Partys sitzt man auf Ruku-Klappmöbeln. Rund 140 Euro kostet eine herkömmliche Garnitur mit einem Tisch und zwei Bänken. Es gibt Varianten mit Lehne, aus Eiche und eine Retro-Version mit Holzbeinen. Den Biertisch gibt’s zum Stehen in Thekenhöhe und es gibt Shortys, einen Meter kurze Möbel für den Bürgersteig.
"Gerade für Balkone oder Gastronomie, wo Passanten vorbeilaufen". In schwarz oder schweinchenrosa. Alle haben das TÜV-Siegel eingebrannt.
"Für das TÜV-Siegel muss eine Bank circa 700 Kilo aushalten. Wir testen unsere Bänke in der Regel aber zwischen 1.100 und 1.200 Kilo."
Von Rudolf Kurz zu Rudolf Kurz
Wer seinen eigenen Namen eingebrannt haben will, für den werfen die RuKu-Arbeiter die alte Brennmaschine an, noch aus den 60er Jahren. Aus fingerdicken Eisenbuchstaben wird dann der Name des Vereins, der Gaststätte oder des Geburtstagskindes gesetzt und dann mit 400 Grad ins Holz gebrannt.
"Das ist halt wirklich ein klassischer Einbrand, der wirklich tief ins Holz geht".
Auf der Unterseite jeder Bank ist auch das Logo eingebrannt. RuKu - die Abkürzung des Namens zweier bayerischer Geschäftsmänner. Rudolf Kurz hat den Biertisch erfunden, und Rudolf Kurz hat ihn weltweit bekannt gemacht.