Die Tour de France 2020 ist Geschichte. Im letzten Bergzeitfahren entriss der 21-jährige Tadel Pogacar dem Favoriten Primoz Roglic noch sensationell das Gelbe Trikot und wurde damit zum jüngsten Tour-Sieger seit 1904.
"Ich war überrascht. Dass beim abschließenden Berg-Zeitfahren der Erste und Zweite noch einmal die Plätze tauschen, habe ich nicht erwartet", sagte Andreas Stauff, Ex-Radprofi und heute Podcaster im Dlf-Sportgespräch. Ähnlich ging es auch Johannes Fröhlinger, ebenfalls Ex-Radprofi: "Für mich war es auch eine Überraschung, dass er am Ende ganz oben stehen kann. Schon bei der Spanien-Rundfahrt hat er am Ende auf einer schweren Berg-Ertappe die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren. Da hat er sein Können schon einmal angedeutet und hat das jetzt bestätigen können. Nico Denz, Rennfahrer vom Team Sunweb sagte: "Mit Pogacar war im Vorfeld definitiv zu rechnen. Aber dass er die Gesamtwertung noch einmal so umdreht, war für mich einer der ganz großen Momente im Radsport. Mit so etwas hat keiner gerechnet."
"Mit gutem Beispiel vorangegangen"
Durch die Corona-Pandemie stand die Tour in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Corona-Infektionen unter den Fahrern gab es während der Tour aber nicht. "Die Tour und die ASO haben das sehr gut geregelt", sagte Denz. "Man ist da mit gutem Beispiel vorangegangen. Wir sind in Paris angekommen, obwohl Paris als rote Zone deklariert wurde. Das ist ein ganz wichtiger Erfolg für den Radsport, dass man sieht, dass es funktionieren kann, wenn man ein richtiges Konzept hat." Fröhlinger stimmte Denz zu, sieht aber noch Verbesserungsbedarf beim Zuschaueraufkommen. "Da muss an die Eigenverantwortung der Zuschauer appelliert werden", sagte er. Stauff fand es teilweise "zu krass". "Ich konnte teilweise kaum glauben, wie viele Leute an die Berge gelassen worden sind und die dann auch die Nähe zu den Fahrern gesucht haben, teilweise ohne Maske. Da hat eher die Pandemie die Tour de France zugelassen, weil man ein Zeitfenster getroffen hat, wo nochmal alles gutgegangen ist."
Die Tour-Strecke an sich fanden sowohl Denz, als auch Fröhlinger und Stauff in diesem Jahr sehr "berglastig". "Ich war auch überrascht, dass es keine wirklich langen Etappen gab. Es gab nur eine Etappe über 200 Kilometer", fügte Stauff an. "Aber ich würde mir in den nächsten Jahren mal wieder mehr Abwechslung wünschen. Das macht auch den Gesamtsieger aus: Der Fahrer, der über alle Straßen, Gebirge und Gebiete in Frankreich gut durchkommt. Es ist schließlich die Tour de France und keine Alpentour." Denz war mit der Strecke zufrieden: "Es war eine der interessantesten Tour-Austragungen der letzten Jahre. Es ist extrem viel passiert, gerade noch einmal mit dieser Wende im Gesamtklassement am letzten Tag. Besser kann man es sich nicht vorstellen."
"Hoffnung für nächstes Jahr"
Welches Fazit lässt sich nun also von dieser Tour de France ziehen? "Man hat gesehen, dass es möglich ist, die Tour de France – die drittgrößte Sportveranstaltung der Welt – unter bestimmten Bedingungen durchzuführen. Das gibt uns Hoffnung für nächstes Jahr. Wir müssen mit dieser Pandemie Leben können", sagte Fröhlinger. Denz ergänzte: "Was mir besonders gefallen hat, waren natürlich unsere Jungs vom Team Sunweb, die ein Wahnsinnsrennen gezeigt und die Tour sehr spannend gemacht haben. Auch die Mannschaft Bora-hansgrohe, die da wirklich alles probiert haben, um im Kampf um das Grüne Trikot noch einmal alles umzudrehen. Und dann natürlich das spektakuläre Finale. Für mich eine absolut gelungene Tour." Stauff zog folgendes Fazit: "Mir hat es extrem viel Spaß gemacht, zuzuschauen. Jede Etappe war auf ihre eigene Art und Weise spannend. Das macht eine gute Tour aus."