Die Themen waren vielfältig: etwa die wichtigen Gesetze, die eigentlich unter der Ampelkoalition auf den Weg gebracht werden sollten wie das Sportfördergesetz - oder die Abberufung des DOSB-Vorstandsvorsitzenden Thorsten Burmester. Der hatte sich ohne Wissen des Präsidiums als Oberbürgermeister-Kandidat in Köln beworben, was als Vertrauensbruch galt. Der ehemalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier übernimmt kommissarisch für sechs Monate.
Auch eine mögliche Olympiabewerbung Deutschlands stand im Fokus: Es wurde beschlossen, darüber Gespräche mit dem IOC aufzunehmen. Berlin, München, Hamburg, Leipzig und die Region Rhein-Ruhr haben Interesse signalisiert. Die Entscheidung über ein Bewerbungskonzept fällt 2025, beeinflusst vom IOC und der künftigen Bundesregierung.
Rund um die Versammlung regte sich Unmut: Journalistin Bianca Schreiber-Rietig kritisierte im Dlf die fehlende Transparenz und die routinemäßige Abwicklung solcher Mitgliederversammlungen, die trotz intensiver öffentlicher Kritik keine offene Auseinandersetzung bot: „Wie will man denn gesellschaftspolitisch eine relevante Rolle übernehmen, wenn man immer nur hinter verschlossenen Türen diskutiert?“
Sie bemängelte, dass der DOSB nicht die richtigen Wege und innovative Ideen finde, um die Bevölkerung zu erreichen: „Es reicht nicht, ein Trikot-Tag zu machen, ich muss Familien und Jugend mitnehmen.“
Symbolpolitik statt Diskussion
Auch Sportjournalist Robert Kempe sieht die gezeigte Beschwörung der „Einheit des deutschen Sports“ als Symbolpolitik: „Man hätte sich mal gewünscht, dass das ausdiskutiert wird.“
Die geplante Olympiabewerbung bewertete er als überhastet und schlecht durchdacht. Kempe berichtete, dass das IOC anscheinend ein zentrales Olympisches Dorf ("One village") will, obwohl der DOSB ursprünglich dezentrale Spiele plante. Diese Information sei durch informelle Gespräche ans Licht gekommen, von denen die Bewerberstädte erst kürzlich erfuhren. Er bemängelte, dass es an klarer Kommunikation, transparenten Kriterien und Planung fehle.
Zudem hinterfragte er die gesellschaftliche Akzeptanz in einer angespannten finanziellen Lage: "In Zeiten, wo es in Deutschland, wo die Kassen klamm sind, wo es unklar ist, wie es mit dem Haushalt der Schuldenbremse vorangeht, wo die Hauptstadt drei Milliarden einsparen muss, die Leute auf die Straße gehen, was Sparprojekte betrifft, sagt der DOSB nun, er wird demnächst einen Leitfaden an die Städte schicken und an dem können sie ausgehend ihre Planung, ihre Konzepte fortsetzen bzw. abarbeiten. Gut, da muss man natürlich kein Prophet sein, zu wissen, was in den Städten, wo es wirklich andere Probleme derzeit gibt, was die Finanzierung betrifft, wie dort gewisse Teil der Bevölkerung natürlich auf solche Großprojekte reagieren werden."
Fehlende Fehlerkultur
Anno Hecker, Sportchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hingegen sieht die Verantwortung für viele der Probleme nicht allein beim DOSB-Präsidenten Thomas Weikert, sondern auch in der Struktur des Verbandes.
Er wies zudem auf die fehlende Fehlerkultur hin und betonte, dass große Projekte wie das Sportfördergesetz und der „Safe Sport Code“ Priorisierung und bessere Organisation erforderten: „Es ist wahnsinnig viel, vielleicht auch zu viel, das durchzusetzen.“
Zusammenfassend zeigte sich Schreiber-Rietig enttäuscht, dass kein „Ruck“ durch die Versammlung ging: „Ich hätte mir gewünscht, dass öffentlich Probleme angesprochen und diskutiert werden.“ Sie schloss mit einem Appell an den DOSB, eine modernere Führung zu etablieren:
"Ich hoffe für den deutschen Sport, dass man Leute findet, die sportpolitisch und strategisch denken, die dann auch eine Führung übernehmen und wenn es dann mal drauf ankommt auch auf den Tisch hauen und sagen: Leute, jetzt reicht es, jetzt machen wir was Ordentliches und nicht immer so ein Geplänkel. Dass Verantwortung übernommen wird und dass man wieder Vertrauen schafft!"
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