„Dès le lendemain, une vague c’est levée”, Tony Estanguet spricht von einer Welle: "Cette vague a submergé tout le pays – et le monde entire." Einer Welle, die ganz Frankreich überschwemmt habe – und die ganze Welt. Der Cheforganisator der Spiele in Paris ist bei der Olympia-Schlussfeier hörbar stolz auf das Geleistete – und auf das Echo in der Welt.
„In Europa kann man nicht nur sagen, es wurde nicht nur als relativ großes Sportfest eingeschätzt, sondern wirklich als das größte Sportfest. Was auch eine unglaubliche Ausstrahlung gehabt hat", sagt Stephan Wassong, Direktor des Zentrums für Olympische Studien an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Paris 2024 - die Rückkehr zu den großen Sportfesten
Für ihn waren die Spiele so etwas wie eine Rückkehr zu den großen Sportfesten früherer Jahre, etwa in Athen oder London, nach zuletzt doch eher schwierigen Ausgaben: „Die Olympischen Spiele in Rio, die ja nun sehr problemorientiert liefen, wir hatten es danach mit den Covid-Spielen in Tokio zu tun, sodass Paris durchaus eine hohe Erwartungshaltung hatte. Und diese Erwartungshaltung wurde zweifelsohne bedient.“
Olympia - das ganz große Kino
In Deutschland haben zeitweise mehr als acht Millionen Menschen zeitgleich die Wettkämpfe vor dem Fernseher verfolgt, ähnlich viele wie 2016 bei den Spielen in Rio, trotz allgemein sinkender Zuschauerzahlen.
Aber nicht nur in Deutschland war die Resonanz auf die Spiele gut: „Soweit ich andere Stimmen gehört habe, war es ein durchweg positives Grundrauschen. Was sich vor allem in den USA, in Kanada, in Südamerika, in Mittelamerika verbreitet hat“, sagte Stephan Wassong, der auch Teil der IOC-Kommission für Olympische Erziehung ist, die das IOC zum Beispiel bei der Vermittlung von Werten durch den Sport berät.
Singapur will von den Spielen in Paris lernen
Von der Organisation der Spiele in Paris möchte sich jetzt sogar Singapur etwas abschauen – wo 2029 die Südostasien-Spiele stattfinden werden, sagt Sportminister Edwin Tong: „Was wir von diesen Spielen lernen können, ist, dass nicht nur die Sportstätten wichtig sind, sondern auch die weichen Faktoren: Wie wir all die Gäste und Sportler empfangen, die aus anderen Ländern zu uns kommen werden.“
Aber genau diese Softskills waren es auch, die bei diesen Spielen teilweise umstritten waren, etwa wenn es um religiöse Freiheiten ging. So hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf einer Veranstaltung seiner Partei deutliche Worte gefunden:
„Die Tatsache, dass diejenigen, die die LGBT-Perversion als Freiheit anpreisen, nicht dulden können, dass Sportlerinnen Kopftücher tragen, zeigt, wie sie Freiheit definieren. Frankreich hat französische Sportlerinnen von der Teilnahme an Wettkämpfen ausgeschlossen, wenn sie Kopftücher tragen.“
Diese Kritik bezieht sich auch auf die Szene, die vielleicht am meisten diskutiert wurde bei diesen Spielen.
"Queeren Abendmahl" kam nicht überall gut an
Die als „Queeres Abendmahl“ bekanntgewordene Szene der Eröffnungsfeier, bei der Philippe Katerine fast nackt auf einem Tisch lag und gesungen hat – hinter ihm Dragqueens, lesbische Aktivistinnen. Eine Szene, die nicht überall gut ankam.
Das habe nichts mit Freiheit zu tun, kommentierte der ägyptische Fernsehmoderator Ahmed Moussa, Frankreich wolle stattdessen der Welt die eigenen, unmoralischen Werte aufzwingen. Auch im chinesischen Staatsfernsehen CCTV wusste man mit der Szene wenig anzufangen, die Moderatoren schwiegen minutenlang – was in den chinesischen sozialen Medien heftig kommentiert wurde.
China konzentriert sich auf die Erfolge der eigenen Sportler
Dass aus China insgesamt aber vergleichsweise wenig Kommentare zu den Spielen in Paris kamen, überrascht Stephan Wassong von der Sporthochschule in Köln nicht: „Was man aber auch daran absehen kann, dass China auf lange Sicht kein Interesse hat, sich um Olympische Spiele zu bewerben.“ 2008 und 2022 hat Peking die Sommer- beziehungsweise Winterspiele ausgerichtet – auf absehbare Zeit werden neue chinesische Spiele erstmal unwahrscheinlich.
Staatschef Xi Jinping konzentrierte sich deshalb vor allem auf die Erfolge der eigenen Sportler: „Sie haben der Welt die großartige Ansammlung von ausgezeichneter traditioneller chinesischer Kultur gezeigt. Und die Ambitionen und Stärke des chinesischen Volkes.“
Diesen Nationalstolz hat China aber nicht exklusiv: In vielen Ländern wurde vor allem auf die eigenen Sportler geschaut. Die Brasilianer haben etwa die Turnerin Rebecca Andrade gefeiert: Vier Medaillen hat sie in Paris gewonnen – darunter Gold vor der US-amerikanischen Überfliegerin Simone Biles. Und in Japan beklagte man sich über die Schiedsrichterleistungen im Judo – die den eigenen Sportlern Medaillen gekostet hätten.
Auch wenn das IOC die Spiele häufig als internationales Sportfest für die Völkerverständigung feiert – am Ende sind es eben doch die Medaillen für das eigene Land, die die Wahrnehmung der Spiele prägen – egal, wo sie stattfinden.