"Fossil des Tages" – diese Negativ-Auszeichnung vergeben Aktivisten an jedem Tag eines Klimagipfels an das Land, das ihnen besonders aufgefallen ist. Zum Abschluss gibt es das "Fossil des Jahres" – unter Beifall und Gejohle, aber mit ernstem Hintergrund.
Australien war dieses Mal der Preisträger. Das Land habe nach der Regierungsübernahme durch die Konservativen Klimaschutz-Gesetze zurückgenommen, ignoriere die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels und habe in Lima versucht, jeden Fortschritt zu behindern. Nach zwei Nachtsitzungen und hektischer Kompromisssuche am Schluss stimmte der Klimagipfel am Sonntag einmütig für den Abschlusstext, auch die Australier können offenbar damit leben. Doch so richtig glücklich war am Ende keiner. Indiens Umweltminister Prakash Janadekar:
"Jetzt finde ich, dieser Text ist besser geworden, er spiegelt so viele Sichtweisen wider wie möglich. Deshalb ist jetzt natürlich nicht jeder zufrieden. Nicht jeder wird glücklich sein, aber er ist fertig geworden und wir können darauf aufbauen."
Schwellenländer traten auf die Bremse
Der Gipfel von Lima sollte die Vorlagen liefern für ein weltweites Klimaabkommen, das nächstes Jahr in Paris abgeschlossen werden soll. Alle Staaten sollen in die Pflicht genommen werden, nicht mehr nur die reichen Industrieländer. Indien will im Verbund mit anderen Schwellenländern die Aufteilung in Industrie- und Entwicklungsländer möglichst beibehalten. In der Schlussphase sorgte diese Ländergruppe auch dafür, dass weniger klar geregelt wird, was die einzelnen Länder zum Klimaschutz beitragen sollen. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, sieht nach dem Gipfel von Lima zwar weiter Möglichkeiten für ein anspruchsvolles Klimaprotokoll von Paris, aber:
"In den letzten Tagen hat es in der Tat noch Aufweichungen gegeben. Die haben wir uns nicht gewünscht. Wir haben dagegen gekämpft, dass es solche Aufweichungen gibt. Sie sind allerdings in einem moderaten Maße und sie sind nicht bindend für die abschließenden Verhandlungen in Paris."
Vertreter von Umweltverbänden formulieren weniger diplomatisch, von einem Formelkompromiss war die Rede. Greenpeace erklärte, der Gipfel habe das Fundament für einen Vertrag von Paris schaffen sollen, doch nicht einmal die Baugrube sei fertig geworden. Sven Harmeling von der Hilfsorganisation Care formuliert es so:
"Wir sind von den Ergebnissen sehr enttäuscht. Die Vorbedingungen der Konferenz waren eigentlich gut. Wir sind mit der Hoffnung hier hingekommen, dass man einen klaren Fahrplan nach Paris hat und wo wirklich jetzt das Signal gesetzt wird: Wir setzen uns gemeinsame Regeln, wir machen vernünftigen Klimaschutz im nächsten Jahr, damit wir auch wissen, wo wir vor Paris stehen. Das ist aber nicht passiert."
Ernsthafte Klimaschutz-Ziele in den kommenden Monaten?
Immerhin, wie geplant kamen für den "Grünen Klimafonds", der Entwicklungsländer unterstützen soll, rund zehn Milliarden Dollar Anschub-Finanzierung zusammen. Doch wie es weitergeht, ist unsicher, sagt Harriett Singh von Action Aid aus Indien:
"Die entwickelten Länder haben keinen Plan vorgelegt, um arme Länder beim Klimaschutz zu unterstützen. Sie wollten, dass sich die Entwicklungsländer zum Klimaschutz verpflichten, ohne Zahlen über die Unterstützung dabei zu nennen, oder wenigstens eine Perspektive dafür zu eröffnen."
Die reale Welt ist im Klimaschutz jetzt in vielen Ländern weiter als die Diplomatie. Christoph Bals von der Nord-Süd-Initiative Germanwatch hofft auf die nächsten Monate:
"Es müssen viele Staaten ihre Hausaufgaben machen, das heißt: Ernsthafte Klimaschutz-Ziele in den nächsten Monaten auf den Tisch legen und die notwendige Finanzierung bereitstellen für die ärmeren Länder, damit diese auch ambitionierten Klimaschutz und Anpassung leisten können."
Bis Ende März sollen die großen Industrie- und Entwicklungsländer bekanntmachen, wie sie im nächsten Jahrzehnt zum Klimaschutz beitragen wollen. Der Gipfel in Lima konnte sich allerdings nicht auf ein Verfahren einigen, wie diese Zusagen überprüft und bewertet werden sollen.