In der Studie "Bildung, Milieu, Migration" hat die Universität Düsseldorf im Auftrag der Stiftungen Mercator und Vodafone Menschen mit Migrationshintergrund zu ihren Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem befragt.
Herkunft als Problem
Viele Migranten-Eltern sehen laut der Studie ihre Herkunft eher als Problem statt als Chance. "Sie haben eine Problemperspektive verinnerlicht und wollen beispielsweise selbst ihre Kinder nicht auf Schulen mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund schicken", erklärten die Forscher. Der Schulerfolg der Migranten hängt zudem in hohem Maß von einzelnen Lehrern ab.
"Die Stärken von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund werden im Bildungssystem immer noch zu wenig gefördert", erklärte der Vorsitzende der Stiftung Mercator, Bernhard Lorentz. Es sei daher zentral, neben der Behebung der sozialen und sprachlichen Nachteile einen Fokus auf die Förderung der Stärken zu legen.
Verzögerter Bildungsweg
Oft dauere es Jahre, bis die Fähigkeiten der Schüler erkannt und die richtigen Weichenstellungen erfolgen würden. Gründe für den verzögerten Bildungsweg seien die häufig mangelnden Kenntnisse der Eltern über den Aufbau des deutschen Bildungssystems sowie bestehende Vorurteile bei Schulen und Behörden, hieß es. Hinzu komme oft eine Zurückstufung in eine niedrigere Klassenstufe, wenn die Zuwanderung während der Schullaufbahn erfolgt.
Als Folge würden diese Schüler häufig zuerst auf falsche Schulen geschickt oder die falschen Studienfächer wählen. "Das führt oft zu verlorenen Jahren, verlorenen Ressourcen und verlorenem Kapital", sagte die Projektleiterin der Studie, Meral Cerci, von der Universität Düsseldorf. Mit Blick auf die Ergebnisse der PISA-Studie hat auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), mehr Bildungsangebote für Migranten gefordert. "Nach wie vor liegen junge Migranten im Vergleich mit Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund zurück", sagte Böhmer. Sie sprach sich vor allem für eine hochwertige Sprachförderung und für eine bessere Vorbereitung der Lehrer aus. Zudem müssten die Eltern der Kinder stärker informiert und über das Bildungssystem aufgeklärt werden.
Acht soziale Milieus
Die Studie macht deutlich, dass in bisherigen Leistungsvergleichen wie etwa dem am Dienstag vorgestelltem PISA-Test immer noch von "den Migranten" gesprochen werde. Es gebe keine einheitliche Gruppe von Migranten, betonte der Leiter des Kompetenzzentrums Bildung bei der Mercator-Stiftung, Winfried Kneip. Vielmehr handele es sich um eine heterogene Gruppe, für die unterschiedliche Förderprogramme nötig seien. Der Düsseldorfer Bildungsforscher Heiner Barz verwies darauf, dass die Wissenschaft mittlerweile acht soziale Milieus bei Menschen mit ausländischen Wurzeln unterscheide.
Die Studie war im Auftrag der Vodafone Stiftung und der Stiftung Mercator erstellt worden. Für den ersten Zwischenbericht wurden 120 Einzelinterviews ausgewertet. Im kommenden Jahr soll die Studie mit einer Repräsentativerhebung fortgesetzt werden.