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Bildung
Mehr Wettbewerb für ein besseres Schulsystem?

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat eine Studie des Bildungsexperten Ludger Wößmann vorgestellt, der mehr Wettbewerb für das deutsche Schulsystem fordert. Seiner Ansicht nach verbessert Wettbewerb zwischen Schulen die Bildungschancen und führt zu höheren Leistungen der Kinder. Andere Bildungsökonomen widersprechen.

Von Claudia van Laak |
    Schülerinnen und Schüler sitzen in einer Turnhalle an Einzeltischen und machen Abiturprüfungen. Vor ihnen liegen Englisch-Wörterbücher.
    Bildungsforscher Wößmann fordert deutschlandweit vergleichbare Abschlussprüfungen, um Schulen miteinander vergleichen zu können. (Jens Wolf / dpa)
    Fünf Punkte sind es, die den Erfolg bringen sollen. Um die Schulen in Deutschland besser zu machen, um die Bildungsleistungen zu steigern, schlägt Ludger Wößmann vom ifo-Zentrum für Bildungsökonomik zunächst vor, die Schulen und ihre Leistungen besser vergleichbar zu machen:
    "Wir bräuchten aus meiner Sicht als ersten Bestandteil eben deutschlandweit vergleichbare Abschlussprüfungen. Wir brauchen so etwas wie ein deutsches Kernabitur, wo die Fächer Deutsch, Englisch, Mathe vergleichbar getestet werden. Wir brauchen das Gleiche in allen Abschlüssen, also auch Hauptschule und Realschule, mittlerer Schulabschluss, dass da deutschlandweit Vergleichbarkeit da ist."
    Könnten Eltern und Schüler erst einmal die Schulen miteinander vergleichen, käme es zu einem gesunden Wettbewerb der Schulen untereinander. Die Eltern könnten dann einfach die Schule für ihr Kind wählen, die die besten Abschlüsse hervorbringe. Damit der Wettbewerb funktioniere, sollte der Staat das System der Schulfinanzierung umstellen.
    "Die Schule, für die sich dieses Kind entscheidet, bekommt dann eben den entsprechenden Satz von, sagen wir mal den Durchschnittswert, den der Staat pro Schüler an einer öffentlichen Schule ausgibt, den bekommt dann diese Schule für das Schuljahr, weil dieses Kind sich für diese Schule entschieden hat. So läuft es zum Beispiel in den Niederlanden. Man kann das mit einem Gutschein machen oder auch ohne, der Effekt ist derselbe."
    Egal ob staatliche oder private Schule, das Finanzierungssystem sollte das gleiche sein – dann käme es auch zu einem Wettbewerb zwischen diesen beiden Schulsystemen. Damit Eltern in ländlichen Regionen überhaupt eine Wahlmöglichkeit hätten, sollte das gegliederte Schulsystem möglichst aufgegeben werden. Ludger Wößmann:
    "Wenn Sie jetzt nicht gerade in der Großstadt wohnen, und eben um sie herum es drei oder vier Schulen gibt in ihrer Gemeinde, das ist klassischerweise eine Hauptschule, eine Realschule, ein Gymnasium, dann haben sie keine Wahlmöglichkeit und dementsprechend auch keinen Wettbewerb. Wenn es dann nicht schon ab der 5. Klasse, sondern erst später diese Aufteilung gäbe, dann hätten Sie da drei oder vier verschiedene Schulen und dann hätten sie eine Wahlmöglichkeit und es entstünde ein Wettbewerb."
    Und am Ende hätten alle gewonnen: die Schulen würden besser, die Leistungen höher, langfristig steige das Bruttosozialprodukt. Soweit die Theorie.
    Zweifel an der Praxistauglichkeit von Wößmanns Thesen
    Dieter Dohmen vom Berliner Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie hegt große Zweifel daran, dass sich dies als praxistauglich erweist. Wößmann habe zu wenig empirische Belege für seine Thesen, sagt Dohmen. Außerdem wählten Eltern nicht zwangsläufig die Schule für ihr Kind, die die besten Pisa-Ergebnisse hervorbringe.
    "Natürlich entscheidet ein Teil der Eltern nach einer gefühlten Qualität und erkundigt sich. Andere Eltern nehmen die nächste Schule, andere wollen einfach eine geschützte Umwelt für ihre Kinder und keinen Wettbewerb und tatsächlich möglichst keine Ausländer, möglichst keine Migranten."
    Ausschlaggebend für die Wahl einer Schule sei eben nicht nur die Qualität oder die dort erzielten Pisa-Ergebnisse, sondern zum Beispiel auch die Länge des Schulwegs.
    "In Berlin mag Wettbewerb funktionieren, in der Uckermark wird's schwieriger, da habe ich entweder eine Schule oder ich habe keine. Und der Schulweg ist lang oder kurz. Und insofern funktioniert dieses Konzept wenn überhaupt nur in den Großstädten oder in den Ballungsgebieten. Und da funktioniert er heute schon."
    Auch Qualität der Lehrer und Schülerzusammensetzung spielen eine Rolle
    Nicht der Wettbewerb mache Schulen besser, widerspricht der Bildungsökonom Dohmen seinem Kollegen Wößmann, sondern ganz andere Kriterien: die finanzielle und räumliche Ausstattung der Schulen zum Beispiel oder das Personal.
    "Weil sich die Schulleistung nicht danach determiniert, ob ich im Wettbewerb mit anderen stehe, sondern sie entscheidet sich danach: Wie ist die Schülerzusammensetzung, wie gut sind die Lehrer qualifiziert, wie motiviert sind die Lehrer, welches fachliche Konzept haben sie, hab ich überhaupt genügend Lehrer oder muss ich fachfremde Personen einstellen. Das sind viel wichtigere Faktoren als der, ob es Wettbewerb gibt oder nicht."
    So scheint diese Diskussion zwischen den Bildungsökonomen mehr eine Glaubensfrage zu sein: Wer ganz fest an die Heilkraft des freien Markts glaubt, der möchte diese Prinzipien auch auf das Bildungssystem übertragen.