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Bildung
Schulminister schummeln beim Unterrichtsausfall

Bundesweit fallen mehr Schulstunden aus, als man aus den offiziellen Zahlen ablesen kann. Der Grund: Ist ein Kollege oder eine Kollegin krank, gibt es zwar oft Vertretungslehrer, fachspezifischer Unterricht findet aber eher selten statt.

Von Miltiadis Oulios | 15.02.2014
    Wie viel Unterricht in Deutschland tatsächlich ausfällt, ist umstritten. Manche Bundesländer wie das Saarland, Niedersachsen und Hessen liefern überhaupt keine Zahlen dazu. Auch Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Sylvia Löhrmann von den Grünen möchte keine Statistik führen. Das koste mehr als es bringt, sagt sie mit Bezug auf ein aktuelles Gutachten, das der NRW-Landtag in Auftrag gegeben hatte.
    Dabei machen sich andere Bundesländer durchaus diese Mühe. Brandenburg, Sachsen oder Rheinland-Pfalz etwa liefern sogar Daten zu einzelnen Schulen. In Koblenz zum Beispiel fällt an der Gesamtschule Freiherr vom Stein laut Statistik keine einzige Stunde aus. Am Karthause-Gymnasium im Schnitt einmal die Woche.
    Doch selbst dort, wo das Ausmaß des Unterrichtsausfalls dokumentiert wird, schummeln die Schulminister. Gewöhnlich teilen sie der Öffentlichkeit gerne mit, dass die Ausfälle nur einen sehr geringen Teil aller Schulstunden ausmachen. In Berlin, Mecklenburg-Vorpommern oder Bremen rund zwei Prozent. In Thüringen und Sachsen über dreieinhalb Prozent. Diese Durchschnittswerte verzerren aber die Wirklichkeit. An Grundschulen fällt fast nie eine Stunde aus. An Berufsschulen und Gymnasien dafür umso häufiger. Es lohnt sich also, genau nachzurechnen.
    Beispiel Baden-Württemberg: An Gymnasien fallen fast fünf Prozent des Unterrichts ersatzlos aus. Und dann kommen die sogenannten Vertretungsstunden hinzu. Der Erdkundelehrer übernimmt den Matheunterricht, gibt den Schülern Freiarbeit auf oder lässt sie einen Film gucken. Das sind rund neun Prozent aller Schulstunden. Zusammengerechnet findet im Ländle also jede siebte Schulstunde an einem Gymnasium nicht so statt, wie es im Stundenplan steht. In den meisten Bundesländern sieht es genauso aus.
    Außerdem bestehen Zweifel an den Angaben der Ministerien. Sowohl der nordrhein-westfälische als auch der Bayerische Rechnungshof haben in der Vergangenheit die offiziellen Zahlen nach oben korrigiert. Der Unterricht war häufiger ausgefallen, als die Schulminister zugegeben hatten.