Die Johan Skytteskolan in Älvsjö, einem Vorort von Stockholm, zehn Kilometer südlich vom Zentrum. Knapp 1.000 Schüler besuchen die Schule bis zur neunten Klasse - so lange dauert in Schweden die Grundschule.
15 von ihnen sind frisch nach Schweden gekommen - viele aus Afghanistan, einige aus Syrien, fast alle Jungs. In zwei kleinen Klassenräumen arbeiten drei Lehrerinnen in Gruppen mit den Schülern - auch auf Dari und Arabisch. Es geht um Mathe, Sozialkunde und Schwedisch - das sind die Fächer in der Vorbereitungsklasse.
Pernilla Einberg leitet sie:
"Schwedisch ist die größte Herausforderung für die Schüler. Es ist schwer. Wir müssen sie immer motivieren. Und das kann ganz schön lange dauern"
Nie waren es so viele Schüler wie zur Zeit
Alle jungen Neuankömmlinge sollen in Schweden der zentralen Schulbehörde "Skolverket" zufolge die Schule besuchen. Innerhalb von zwei Monaten sollen ihre Fähigkeiten beurteilt werden. Mit den Berichten, die dabei entstehen, sollen sich die Lehrer möglichst auf die Neuen einstellen. Den Kommunen ist selbst überlassen, ob sie Vorbereitungsklassen anbieten, oder nicht. Manche sagen, es sei für die Integration besser, die neuen Schüler direkt in den Regelunterricht einzugliedern.
An der Johan Skytteskolan ist die Vorbereitungsklasse der Startpunkt - von dort aus sollen die Neuankömmlinge innerhalb eines Jahres in immer mehr Fächern zum Regelunterricht wechseln. Aber nie waren es so viele Schüler wie zur Zeit - und die Zahl der Neuen aus dem Ausland, die meisten davon Flüchtlinge, soll sich demnächst verdoppeln, auf 30.
Lehrerin Pernilla Einberg ist unzufrieden mit der Verteilung der Schüler.
"Manche Stadtteile haben extrem viele Flüchtlinge und die bekommen dann nicht die gleiche Chance wie diese Klasse hier. Das ist eine wirklich kritische Situation."
Über die Verteilung der Flüchtlinge auf die Schulen gibt es gerade eine große Debatte in Schweden. Der grüne Bildungsminister Gustav Fridolin:
"Für die Kommunen sind diejenigen, die direkt aus dem Krieg und von der Flucht kommen, eine große Herausforderung. Für diese Herausforderung sollte man alle seine Schulen in die Pflicht nehmen können, damit nicht einige die ganze Last tragen."
Der Beruf des Lehrers ist in Schweden nicht besonders angesehen
Fridolins Vorschlag: Kommunen, die durch die Flüchtlingszahlen stark belastet sind, sollen die freie Schulwahl teilweise aussetzen können. Dadurch würden Flüchtlinge in den Wartelisten der Schulen bevorzugt- selbst in Privatschulen, die sich eigentlich ihre Schüler aussuchen können - und gar keine Flüchtlinge aufnehmen müssten. Die Umsetzung dieses Vorschlags ist aber noch ungewiss.
Ein gutes Beispiel für das Verteilungsproblem ist Stockholms wirtschaftlich starker Innenstadtbezirk Östermalm. Hier haben alle Schulen zusammen genommen nur vier Flüchtlinge in zwei Monaten aufgenommen, die in der Randgemeinde Hägersten-Liljeholmen dagegen 261. Flüchtlinge bleiben also häufig unter sich - und das erschwert die Integration.
Manche Schulen werde man künftig zwingen, Flüchtlinge aufzunehmen, so Kristina Björkegren von der Stockholmer Ausbildungsverwaltung. Dazu kommt das Problem des Lehrermangels. Dieser Beruf ist in Schweden nicht besonders angesehen. Viele wechseln in besser bezahlte Jobs. Björkegren:
"Es geht um Status und Karrieremöglichkeiten. Man hat nicht so viele Freiheiten als Lehrer und ist sehr stark mit Dokumentation beschäftigt. Man kann vielleicht nicht so richtig ausleben, was man sich eigentlich vom Lehrerberuf verspricht."
Mehr Geld, weniger administrative Arbeit - zusätzlich multikompetente Teams aus Psychologen und Sozialpädagogen, das wäre ein Verbesserungsvorschlag von Björkegren.
Einige der jugendlichen Flüchtlinge waren noch nie in der Schule
Besonders intensiv ist die Arbeit mit jugendlichen Flüchtlingen, die alleine nach Schweden kommen - nur in Stockholm sind es seit Beginn des Schuljahres 2.500. Einige von ihnen waren noch nie in der Schule. Sie auszubilden hat viel mit sozialer Arbeit zu tun, in der die meisten Lehrer keine Fachleute sind. Auch Pernilla Einberg von der Johan Skytteskolan nicht.
"Nein, aber ein bisschen davon hätte ich in der Ausbildung gebrauchen können, weil ich hier damit arbeite."
Rohulla Rezayi, genannt Rohi, ist 15. Er kam vor fünf Monaten aus Afghanistan und ist jetzt an der Johan Skytteskolan in Älvsjö.
"Hier ist es gut. Ganz anders als Afghanistan. Dort können wir nicht zur Schule gehen, wegen der Angriffe. Hier kann ich zur Schule gehen und später einen Job haben. Ich möchte Arzt werden."
Pernilla Einberg arbeitet seit 16 Jahren mit Schülern, die frisch nach Schweden kommen. Oft ist es anstrengend, aber die Erfolge der Schüler stellen sie zufrieden.
"Ich bin stolz auf die Kinder. Am Anfang konnten sie manchmal nicht lesen und schreiben. Und dann machen sie ihr Abitur. Das ist wunderbar."