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Bildungs-Vergleichsstudie
Rätselraten für den nächsten PISA-Test

Die OECD will zum sechsten Mal vergleichen, wie gut 15-Jährige in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Leseverständnis bestehen. Diesmal werden in 70 Ländern PISA-Tests durchgeführt - auch in einer Schule in Eckernförde bei Kiel.

Von Christoph Titz |
    Schüler lernen in einem Klassenzimmer an einer Hauptschule in Arnsberg (Sauerland).
    Wie gut sind Schüler auf unterschiedlichen Ländern im Vergleich? (dpa / picture alliance / Julian Stratenschulte)
    Für die Schüler der Jungmannschule in Eckernförde bei Kiel ist es eine sonderbare Situation: Eine Prüfung, zusammen mit Schülern aus verschiedenen Klassen - und dann auch noch mit allgemeinen Fragen, auf die sich kaum jemand vorbereiten konnte:
    "Es war ein bisschen doof, die Frage war: Welches Teil vom Plasma von der Bakterie muss verändert werden, damit die Fähigkeit weitergegeben wird, Öl zu zersetzen."
    "Geothermalkraftwerke, die kannte man auch nicht wirklich."
    PISA heißt dieses Rätselraten - und die Mitschüler vor dem Klassenraum 143 wissen nur vage, worum es drinnen gerade geht:
    "Vielleicht eine Studie? Die die Bildung ein bisschen abfragen will?"
    Stimmt genau. Zum sechsten Mal will die OECD international vergleichen, wie gut 15-Jährige in den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Leseverständnis sind - diesmal in 70 Ländern weltweit.
    Durchgeführt wird PISA vom Zentrum für Internationale Bildungsvergleichsstudien, ZIB, an der TU München. Was diesmal neu ist, erklärt die Projektleiterin der PISA-Arbeitsgruppe, Christine Sälzer:
    "Diesmal, also in PISA 2015, wird als sogenannte übergreifende Kompetenz das Problemlösen im Team erfasst. Eine der Aufgaben geht darum, dass die Schüler an der Schule einen Besuch organisieren sollen, die betreffende Lehrerin, die das eigentlich organisieren sollte, ist krank - und jetzt sollen die Schüler gemeinsam mit anderen diesen Besuch vorbereiten. Und das Ganze ist dann in so einer Chat-Situation angesiedelt."
    Das deutsche Abschneiden hat sich verbessert
    Der Kern aber bleiben die Wissens- und Verständnisfragen. Mittlerweile hat sich das deutsche Abschneiden deutlich verbessert - und das liegt vor allem an der Schlussgruppe der Risikoschüler, weiß Klaus Klemm, emeritierter Bildungsforscher und PISA-Experte der Universität Duisburg-Essen:
    "Die unteren 20 Prozent sind eher besser geworden, und die oberen 20 Prozent, da hat sich nicht so viel bewegt. Also wir haben schon eine Verringerung des Abstands vom oberen Fünftel zum unteren Fünftel. Aber generell gilt: Unten ist es besser geworden."
    Allerdings hat es Deutschland noch immer nicht geschafft, den Schulerfolg vom sozialen Hintergrund seiner Schüler zu entkoppeln.
    "Es ist in immer noch so, dass Deutschland zu den Ländern gehört, in denen die Kinder aus sozial schwachen Familien und die Kinder aus Migrationsfamilien in besonders hohem Umfang schwächer sind, als die Kinder aus sozial starken Familien."
    An der Jungmannschule von Schulleiterin Jutta Johannsen ist der Test in der dritten Mai-Woche keine Premiere, im Gegenteil:
    "Also wir sind jetzt zum dritten Mal an, bei PISA dabei. Ich sag mal, meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Es macht ein bisschen Arbeit und wir nehmen dann auch ab und zu die Ergebnisse von PISA wahr, aber Schulentwicklung und Unterrichtsentwicklung findet an anderer Stelle statt, nämlich hier vor Ort, und da hat PISA eigentlich keinen Einfluss."
    Überall wird gleich streng kontrolliert
    Ganz, ganz vorne landete bei PISA zuletzt zwei Mal Schanghai - eigentlich ja kein Land, sondern eine chinesische Metropolregion. OECD und ZIB betonen bei Zweifeln an den Ergebnissen anderer Länder stets, dass überall gleich streng kontrolliert würde.
    "Insgesamt ist es bei PISA so ziemlich unmöglich, irgendwo an den offiziellen Prozeduren was vorbei zu machen, weil das alles mehrfach kontrolliert wird. Und wenn viele Inkonsistenzen da sind, kann es halt auch passiere, dass mal ein ganzer Staat aus dem Datensatz genommen wird."
    Bildungsforscher Klaus Klemm, der den Schulunterricht in Schanghai aus eigener Anschauung kennt, hat allerdings sachte Zweifel an den Fabelergebnissen aus der Wirtschaftsmetropole.
    "Leute, die die chinesischen Verhältnisse ein bisschen kennen, haben bei mir den Eindruck erweckt, dass eine Reihe Schulen gar nicht beteiligt werden, bei der Stichprobe."
    Einfluss darauf, wie der Test Eckernförde läuft, hat die Jungemannschule nicht. Weder die teilnehmenden Schüler konnte die Schule wählen, noch weiß irgendwer vorher was denn drankommt, erklärt Mittelstufenkoordinatorin Angelika Rudemann:
    "Heute nehmen 30 Schüler insgesamt teil, in zwei Gruppen. Ich kenne nicht die Fragen, die heute gestellt wurden. Es ist allerdings so, dass ich die Schüler vorher mit einem alten PISA-Test versorgt habe, von 2006. Und ich hoffe, dass die Fragen heute so ähnlich sind wie damals."
    Testfragen gehütet wie ein Staatsgeheimnis
    Die aktuellen Testfragen werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Alle Beteiligten - Autoren, Beisitzer und Testleiter - sind vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet.
    "Eine Vertraulichkeitsvereinbarung wird unterschrieben von allen, die unmittelbar am PISA-Projekt beteiligt sind. Die braucht es deswegen, weil wir bei PISA ja sehr strenge Auflagen haben. Also zum einen arbeiten wir sehr viel mit Aufgaben, die auch schon früher eingesetzt worden sind. Und die dürfen auf gar keinen Fall bekannt werden, weil man sonst keine Trends mehr abbilden kann."
    Veröffentlicht wird das PISA-Ergebnis dann traditionell im Winter des Folgejahres, also erst im Dezember 2016.