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Bildungsministerin von Schleswig-Holstein
Prien (CDU): Unterricht wird anders aussehen als vor Corona

Gut vorbereitet geht das Land Schleswig-Holstein nach Aussage von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) in den sukzessiven Wiedereinstieg des Schulalltags. Die ganz große Herausforderung sei es für die Schulen, wenn alle Kinder wieder in den Unterricht zurückkehren würden, sagte Prien im Dlf.

Karin Prien im Gespräch mit Jasper Barenberg |
Corona - Krise - Sondersitzung im Landtag Kiel am 16.04.2020 mit Karin Prien
Karin Prien (CDU) - Gute Vorarbeit für den Wiedereinstieg an den Schulen im nördlichsten Bundesland (picture alliande / radio tele nord)
Bereits vor Ostern habe ihr Ministerium in Zusammenarbeit mit den kommunalen Landesverbänden ein Hygienekonzept an die Schulen übermittelt, sodass diese für die Rückkehr der Schülerinnen und Schüler gewappnet seien und die Standards für den Infektionsschutz einhalten könnten, so die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein.
"Wir haben zentral zum Beispiel Desinfektionsmittel beschafft über die Apotheken vor Ort. Wir haben Pump-Sprühflaschen mit Hilfe des THWs verteilt. Ich gehe davon aus, dass unsere Schulen gut vorbereitet sind, soweit das in Zeiten einer Pandemie möglich ist", sagte die CDU-Politikerin Karin Prien.
Stühle auf dem Tisch - leeres Klassenzimmer der 2. Klasse einer Grundschule , geschlossen aufgrund Coronavirus Pandemie *** Chairs on the table empty classroom of the 2 class of a primary school, closed due to coronavirus pandemic MR:N
Bundeselternrat sorgt sich um Desinfektion an Schulen
Das Wichtigste sei im Moment, Schüler, Lehrkräfte und das sonstige Personal an Schulen zu schützen, sagte der Bundeselternratsvorsitzende Stephan Wassmuth im Dlf.
Genügend gereinigte Räume vorhanden
Auch gebe es genügend Räume für den Unterricht, da erst einmal nur die Abiturprüfungen anstünden und die Klassen 9 und 10 in Kleingruppen arbeiteten. "Da kann ich sagen, es gibt genügend Schulräume, die hinreichend gereinigt sind", sagte Prien.
Die ganz große Herausforderung käme für alle Beteiligten danach, wenn sukzessive mehr Schülerinnen und Schüler weiterer Jahrgänge in die Schulen kommen würden. Man arbeite bereits an Konzepten, die von der Bundesregierung vorgegeben worden seien. "Es wird natürlich darauf hinauslaufen, dass wir den Unterricht nicht so werden stattfinden lassen können, wie wir das gewohnt sind und wie wir das auch gerne tun würden", so die Ministerin.
Auch Samstagsunterricht einführen
Zudem schlug Karin Prien vor, angesichts der Schulausfälle durch die Corona-Krise wieder Samstagsunterricht einzuführen. Außerdem sollte es zusätzliche Angebote in den Sommerferien geben. Prien sprach sich aber dagegen aus, die Sommerferien grundsätzlich zu verkürzen.
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Alle Beiträge zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)

Das Interview mit Karin Prien in voller Länge.
Jasper Barenberg: Frau Prien, Abstand halten, für Hygiene und Schutz sorgen, wo viele Schülerinnen und Schüler zusammenkommen – im Schulbus, in der Klasse, in der Pause –, viele Eltern und auch viele Lehrer fragen sich ja, wie soll das eigentlich gehen. Haben Sie schon eine Vorstellung davon?
Karin Prien: Ja, das ist natürlich eine riesige Herausforderung für die Schulen, für die Lehrkräfte und natürlich auch für Eltern und die Schüler selber. Wir haben uns in den letzten Wochen zunächst darauf konzentriert, gute Rahmenbedingungen für die jetzt anstehenden Abiturprüfungen zu schaffen, die beginnen in Schleswig-Holstein ab morgen. Und wir werden darüber hinaus diejenigen Schülerinnen und Schüler, die jetzt im Mai dann den ersten mittleren Schulabschluss schreiben, ab dieser Woche an den Tagen, an denen kein Abitur geschrieben wird, auf ihre Prüfungen vorbereiten. Da gibt es für jede Schule ein umfassendes Hygienekonzept, das mit unserem Gesundheitsministerium, aber auch mit Wissenschaftlern so konzipiert und vereinbart wurde, und die Schulen arbeiten seit der vergangenen Woche intensiv daran, mit den Schulträgern gemeinsam dieses vorzubereiten.
Hygienekonzept an die Schulen übermittelt
Barenberg: Das heißt, die Schulen – sagen Sie uns jetzt, jedenfalls für Schleswig-Holstein –, die wissen schon, was auf sie zukommt. Wir haben gerade mit dem Vorsitzenden des Bundeselternrates gesprochen, vor den Nachrichten um zehn vor sieben, der hat gesagt, seiner Erkenntnis nach haben die Landesregierungen möglicherweise einiges vorbereitet, aber die Schulen werden im Moment noch alleingelassen und wissen überhaupt nicht, was passieren wird. Das ist bei Ihnen anders?
Prien: Das kann ich für Schleswig-Holstein definitiv ausschließen. Wir haben schon vor Ostern unser Hygienekonzept an die Schulen übermittelt mit den kommunalen Landesverbänden, also den Verbänden der Schulträger erörtert. Unsere Schulen sind auf diese Situation gut vorbereitet. Es bleibt natürlich eine Herausforderung. Wir haben zentral zum Beispiel Desinfektionsmittel beschafft, das wir über die Apotheken in den einzelnen Orten verteilt haben, wir haben selber als Bildungsministerium noch, weil es da Knappheit gab, Pumpsprühflaschen noch am vergangenen Wochenende mithilfe des THWs im Lande verteilt. Aber ich gehe davon aus, dass unsere Schulen im Land gut vorbereitet sind, soweit das eben in den Zeiten einer Pandemie möglich ist.
Barenberg: Das heißt, es gibt zum Beispiel genug Räume für Unterricht in kleineren Lerngruppen.
Prien: Wir machen ja erst mal nur die Abiturprüfungen und eben die kleinen Lerngruppen für die Klassen 9 und 10, die den ersten und mittleren Schulabschluss schreiben. Da kann ich definitiv sagen, es gibt genug Schulräume, die auch hinreichend gereinigt worden sind. Es gibt genug Desinfektionsmittel, es gibt Laufpläne, es gibt Pausenregelungen für diese Gruppen – das sind ja auch nicht so schrecklich viele, die jetzt erst mal in den Schulen sein werden.
Zeitversetzt mit dem Unterricht beginnen
Barenberg: Das heißt, Zwischenstand heute für die erste Runde, wenn es nur wenige Schülerinnen und Schüler an den Schulen sein werden, können Sie Sicherheitsabstand organisieren, haben Sie genug Lehrkräfte auch für die Pausen zur Verfügung. Was ist in der Zeit danach?
Prien: Für den Stand heute und für die nächsten zwei Wochen würde ich das definitiv so sagen. Die ganz große Herausforderung kommt natürlich danach, wenn sukzessive mehr Schülerinnen und Schüler weiterer Jahrgänge in die Schulen kommen. Für diese Zeit danach sind wir ja beauftragt von der Bundeskanzlerin, die Ministerpräsidenten, ein Konzept zu erarbeiten. Daran arbeiten wir jetzt, und das wird natürlich darauf hinauslaufen, dass wir den Unterricht nicht so werden stattfinden lassen können, wie wir das gewohnt sind und wie wir es auch gerne tun würden. Natürlich wird es darum gehen, in kleineren Gruppen zu unterrichten, je nach der Größe des Klassenraums, bis allenfalls 15 Schülerinnen und Schüler. Es wird darum gehen, zeitversetzt mit dem Unterricht zu beginnen. Wir müssen ja auch die Schülerbeförderung organisieren. Es macht ja keinen Sinn, in kleinen Klassen zu unterrichten, wenn man vorher die Kinder in einem Schulbus transportiert, wo sie dann wieder keinen Abstand halten könnten, auch das will mitbedacht sein. Und wir werden uns auch aus meiner Sicht konzentrieren müssen auf bestimmte wichtige Fächer. Es wird kein Unterricht so sein wie in einem normalen Schuljahr, es wird eben Schule in den Zeiten von Corona sein.
Barenberg: Grundsätzlich wurde ja entschieden, dass erst die älteren Schülerinnen und Schüler Vorrang haben, die vor Prüfungen stehen oder vor dem Übergang zu einer anderen Schule. Sie haben angedeutet, dass Sie das im Prinzip für die richtige Entscheidung halten, aber heißt das nicht im Umkehrschluss, dass man die im Regen stehen lässt, die gerade besonders auf Betreuung und Anleitung angewiesen sind? So haben es auch die Wissenschaftler von der Nationalakademie Leopoldina eigentlich empfohlen.
Prien: Ja, in der Kultusministerkonferenz gab es da eine klare Mehrheit für den Weg zunächst mit den Abschlussklassen des kommenden Jahres und dann mit der Klasse vier in Priorität zu beginnen – das sind ja die Kinder, die dann im Übergang zur weiterführenden Schule sind. Ich persönlich habe durchaus Sympathie für den Vorschlag der Nationalakademie, aber wir müssen natürlich vor allem in der Lage sein, das gut zu organisieren. Aber noch haben wir ja kein Konzept vorgelegt, und ich finde, man muss auch jetzt, auch noch gerade in dieser Woche, die Meinung der Eltern in den Landeselternbeiräten, der Gewerkschaften der Lehrerverbände … Ich finde, wir wollten uns das diese Woche jetzt auch anhören. Die Frage ist, ob es nicht zum Beispiel möglich ist, auch die anderen Klassen, jedenfalls im Verlaufe des Mai, zumindest ein oder zwei Tage die Woche in die Schulen zu holen, damit die Schülerinnen und Schüler zumindest auch einen Teil des Lernens nicht in der Distanz, sondern in der Präsenz erleben. Da ist, glaube ich, auch noch eine ganze Menge möglich, aber wir wollten jetzt einen Schritt nach dem anderen gehen. Und ich finde, man muss auch in diesen Zeiten einmal querdenken, denn am Ende wird es auch darum gehen, dass die Bildungsgerechtigkeit in diesem Schuljahr nicht unter die Räder kommt. Deshalb müssen alle Schülerinnen und Schüler ein angemessenes Lernangebot erhalten.
Viele andere mit ins Boot holen
Barenberg: Jetzt haben Sie noch mal erwähnt, dass das Konzept jetzt ab jetzt sozusagen erarbeitet wird. Da fragen sich ja viele, warum das nicht schon seit Wochen quasi in den Schubladen liegt, denn seit Wochen wird über Szenarien geredet, seit Wochen auch hatten Sie die Chance, sich darauf vorzubereiten, auch im Gespräch mit den anderen Ministerinnen und Ministern in Deutschland. Was ist denn in den letzten Wochen geschehen, dass Sie das jetzt noch nicht klar sagen können, wie es danach weitergehen kann und mit welchen Schritten auch?
Prien: Herr Barenberg, ich kann Ihnen versichern, dass wir seit Wochen an diesen Szenarien arbeiten und dass wir Szenarien in den Schubladen haben, aber jetzt geht es darum, die miteinander abzustimmen und möglichst zu einer gemeinsamen Vorgehensweise zu kommen. Ich hatte eben ja schon einmal erklärt, dass wir natürlich in den letzten drei Wochen vor allem die Zeit jetzt ab morgen vorbereitet haben, da sind wir gut vorbereitet. Die anderen Szenarien haben wir, und jetzt geht es darum, diese miteinander abzustimmen. Und wie gesagt, wir müssen ja auch noch viele andere mit ins Boot holen: die Schulträger, diejenigen, die die Schülerbeförderung organisieren, wir werden ja einen ganz anderen Turnus der Schülerbeförderung brauchen. Wir müssen mit den ja auch knappen Lehrkräften umgehen, denn auch dort haben wir Angehörige von Risikogruppen. Und ich finde, wir müssen auch noch mal genau hinhören, was uns die Eltern sagen. Ich glaube, viele Eltern brauchen in dieser Zeit zumindest mal einen Tag in der Woche, in der die Kinder auch in der Schule zum Lernen angeleitet werden. Auch das ist ein Punkt, den wir, wie ich finde, berücksichtigen müssen.
Barenberg: Aber wenn ich das mir so durch den Kopf gehen lasse, was Sie gesagt haben, und dann noch einrechne, dass es ja dann einen gewissen Vorlauf geben muss, auch eine sorgfältige Vorbereitung in den Schulen selber dann, für die nächsten Schritte eigentlich schon klar, dass es eben viele Schülerinnen und Schüler geben wird, die in diesem Schuljahr überhaupt keinen Unterricht mehr bekommen werden – in vielen Regionen in Deutschland.
Prien: Ich würde das für ein schwieriges Ergebnis halten, wenn einzelne Jahrgänge gar nicht mehr in die Schule kämen, und wie wir das miteinander vermeiden können, das ist eben auch ein Thema, das wir in den nächsten neun Tagen miteinander beraten werden. Wir müssen aufpassen, dass uns nicht einzelne Jahrgänge, insbesondere auch Schülerinnen und Schüler aus Stadtteilen, in denen es ein bisschen schwieriger ist als in anderen, die müssen wir erreichen, auch das ist noch mal eine Überlegung. Ich bin noch nicht so weit, dass ich sagen würde, das ist klar, dass bestimmte Schülerinnen und Schüler die Schule dieses Schuljahr nicht mehr von innen sehen werden, das gilt es zu verhindern.
Sommerakademien, die von staatlicher Seite mit organisiert werden
Barenberg: Also Sie werden dafür kämpfen. Da gibt es ja auch schon Kritik, unter anderem vom bisherigen Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates, der befürchtet, dass eben Grundschüler, sagen wir zum Beispiel abgesehen von der Lehrgangsstufe 4, und ihre Familien eben eigentlich von elementaren Grundbedürfnissen ausgeschlossen bleiben. Sie wollen dafür kämpfen, dass das nicht passiert.
Prien: Ich bin tatsächlich der Auffassung, dass wir einen Weg finden müssen, wie das verhindert werden kann. Wir haben uns in der Kultusministerkonferenz ja bisher auf Prioritäten ab dem 4. Mai verständigt, das heißt aber nicht, dass wir bis zum Ende des Schuljahres nicht auch andere Schülerinnen und Schüler beschulen können. Da muss man eben sehen – denkbar wäre ja auch, dass man sagt, unter diesen Umständen kann auch ein Unterricht mal an einem Samstag stattfinden. Das sind so Dinge, die wir jetzt einfach miteinander besprechen müssen.
Barenberg: Und zum Schluss, Frau Prien, der Vorschlag, die Sommerferien zu verschieben, das wäre aus Ihrer Sicht ein Armutszeugnis für diese Pläne?
Prien: Wir müssen ja sehen, dass es im Augenblick Menschen gibt, die wegen Kurzarbeit nicht arbeiten, aber es gibt eben auch ganz viele andere, die im Augenblick sehr viel mehr arbeiten als sonst, und bei der Überlegung, die Sommerferien zu verschieben, muss man eben die ganze Branche im Blick haben. Was ich aber sehr wohl meine, ist, dass man zusätzliche Angebote auch in den Sommerferien vorhalten sollte. Es muss Sommerakademien geben, die wir auch von staatlicher Seite mit organisieren, damit Schülerinnen und Schüler ihren Lernrückstand, der zwangsläufig ja entstehen wird, aufholen können. Da müssen wir in diesem Sommer mehr anbieten, als wir das in der Vergangenheit getan haben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.