"Sehr geehrte Frau Ahnen. Ich begrüße sie als Ministerin, als Landtagabgeordnete bei uns in der GSW."
GSW steht für die Gustav-Stresemann-Wirtschaftsschule in Mainz. Im Foyer der Schule diskutiert die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen an diesem Morgen mit Oberstufenschülern über die Integration von Einwandererkindern. Ein Viertel der Schüler hat einen ausländischen Pass und oft schon in der Grundschule mit Ressentiments zu kämpfen:
"Ich habe mich halt anders gefühlt, die haben mich auch anders wahrgenommen. Es fängt halt auch damit an, dass die Eltern von denen, die – ich sage mal "reindeutsch" sind, die das ihren Kindern nicht beibringen. Bei mir war das damals so und auch bei vielen Anderen, dass sie das Gefühl hatten, sie gehören nicht dazu."
Doris Ahnen hört geduldig zu, dann wirbt sie um Respekt etwa für arme Flüchtlingsfamilien. Argumentiert aber auch, wie dringend ausländische Fachkräfte gebraucht werden und das die Uni Mainz weltweit Spitzenkräfte für die Forschung sucht. Die ehemalige Asta-Vorsitzende der Jusos wirbt für mutter- sprachlichen Unterricht:
"In der Frage Respekt hängt es für mich auch damit zusammen, dass gut Deutsch lernen ja nicht heißt, dass die eigene Sprache völlig verdrängt wird. Und das heißt zum Beispiel, dass wir auch Angebote machen im mutter- sprachlichen Unterricht. Also, dass zum Beispiel Kinder mit türkischer Herkunft ein oder zwei Stunden in der Woche ihre Türkisch-Kenntnisse verbessern können."
Nach einer guten Stunde konzentrierter Diskussion sind die meisten Schüler mit der Ministerin recht zufrieden:
"Ja, sie war sehr freundlich und hat auf alle Fragen ausführlich geantwortet und auch versucht, auf jede einzelne Wortmeldung einzugehen. Es war ein sehr angenehmer Auftritt. Gut vorbereitet, sehr produktiv auch, alle Fragen beantwortet. Vielleicht ein bisschen rausgeredet bei manchen Themen, vielleicht nicht das, was wir vielleicht hören wollten. Aber war informativ."
Später in ihrem Arbeitszimmer im Ministerium ärgert sich Doris Ahnen ein wenig, dass sie vergessen hat, eine kritische Schülerfrage zur Rolle des Religionsunterrichts beim Thema Integration zu beantworten:
"Man muss immer neu konzentriert sein und ich finde das auch das Schöne in den Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern. Das sind die Gespräche, wo sie am wenigsten vorher wissen, mit was sie eigentlich konfrontiert werden."
In anderen Gesprächen, denen zur Großen Koalition in Berlin nämlich, wurde Doris Ahnen vor dem Jahreswechsel mit der Möglichkeit eines Wechsels vom Rhein an die Spree
konfrontiert. Hätte die SPD das Ressort der Bundesbildungsministerin bekommen, Doris Ahnen wäre wohl die erste Wahl für dieses Amt gewesen. Nach 13 Jahren als rheinland-pfälzische Bildungsministerin wäre dies sicher eine reizvolle neue Aufgabe gewesen. Doch ob Mainz oder Berlin - der lange Atem gehöre zum Bildungsressort, betont Ahnen:
"Man braucht auch eine Dekade, um etwas zu verändern. Und die Verantwortung für eine solche Dekade haben zu dürfen und dann zu merken, jetzt stellen sich auch Fortschritte ein – das ist auch eine sehr gute Erfahrung."
Gerade das Thema Ausbau der Ganztagsschulen hätte Doris Ahnen auch auf Bundesebene gereizt. Mit dem Berliner Koalitionsvertrag ist sie an diesem Punkt nicht zufrieden:
"Das Thema, wo es wichtig gewesen wäre, ein Stück weiterzukommen wäre insgesamt das Thema Ganztagsschulen gewesen. Damit hängen dann ja auch so Fragen zusammen wie Inklusion oder wie Integration. Da hätte ich mir mehr gewünscht. Das hat sich so leider nicht realisiert."
Klaus Hammer ist der Vorsitzende des Hochschulkuratoriums der Universität Mainz. Das Gremium ist für die Verbindung der Uni zur Region verantwortlich. Hammer ist einer der persönlichen Förderer von Doris Ahnen. Er ist froh, dass sie nicht nach Berlin gegangen ist:
"Es wäre schön, wenn eine Bundesministerin die Universitäts- und Fachhochschullandschaft in Rheinland-Pfalz noch mehr unterstützen würde. Aber es ist besser, wenn Doris Ahnen im Land bleibt."
Die CDU-Opposition im Landtag sieht das naturgemäß anders. Sie wirft Doris Ahnen etwa vor, zu viele kleine Schulen im Land zu schließen und auch bei den Lehrerstellen zu heftig zu kürzen. Auf der anderen Seite weiß auch die Union: Rheinland-Pfalz muss sparen, wenn es von den hohen Schulen herunterkommen will. Weil es Doris Ahnen trotz dieser Rahmenbedingungen immer wieder gelingt, vermittelnd und ausgleichend zu agieren, ist es im rheinland - pfälzischen Schulwesen seit Jahren vergleichsweise ruhig. Das ist viel in einem Ressort, das normalerweise in der Landespolitik für die größten Kontroversen sorgt.