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Bildungspolitik vor der Bundestagswahl
"Müssen die berufliche Bildung stark machen"

Die Union habe in den letzten Jahren eine große Zahl an Studienplätzen geschaffen, sagte Stefan Kaufmann, Unions-Obmann für Bildung und Forschung im Dlf. Gleichzeitig sei die berufliche Bildung gestärkt worden. Diese Alternative zum Studium wolle man aber in der nächsten Legislaturperiode noch konsequenter ausbauen.

Stefan Kaufmann im Gespräch mit Markus Dichmann |
    Der CDU-Politiker Stefan Kaufmann hält auf einem CDU-Bundesparteitag in Hannover eine Rede.
    Stefan Kaufmann, CDU (imago/Simon)
    Markus Dichmann: Sechs Parteien werden es dann am Ende gewesen sein, die Parteien, die voraussichtlich in den Bundestag einziehen werden, und wir beginnen heute mit der CDU, die durch Stefan Kaufmann vertreten wird, Obmann für CDU und CSU im Ausschuss Bildung und Forschung des Deutschen Bundestags. Grüße Sie, Herr Kaufmann!
    Stefan Kaufmann: Ich grüße Sie!
    Dichmann: Kurze Einstiegsfrage vorweg: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist vorgeprescht mit seinem Vorschlag einer Nationalen Bildungsallianz und zwölf Milliarden Euro vom Bund für Bildung. Zum Beispiel aber auch FDP-Chef Christian Lindner macht schon eine ganze Weile sehr offensiv mit dem Thema Bildung Wahlkampf. Kann man da sagen, dass die CDU das Thema Bildung im Wahlkampf verschlafen hat?
    Kaufmann: Nein, würde ich überhaupt nicht so sagen. Wir haben vor allem in der Tat sehr viel getan die letzten Jahre in der Regierungszeit Angela Merkels, wir haben die Bildungsausgaben von 2005 bis 2017 mehr als verdoppelt, von sieben Milliarden auf über 17 Milliarden. Und letztlich soll man die Politik auch an ihren Taten messen und nicht nur an dem, was angekündigt wird. Ich finde es auch gut, dass Bildung Wahlkampfthema ist, natürlich. Das ist ein wichtiges Thema, das sehen im Übrigen alle Parteien so, und jetzt ist eben die Frage, wie wir in der nächsten Legislaturperiode dann auch zu guten gemeinsamen Lösungen kommen, gemeinsam mit den Ländern, aber eben nicht so, dass der Bund alles bezahlt und die Länder alles entscheiden, und vor allem die Länder, die schlecht wirtschaften, dann am meisten auch profitieren.
    Dichmann: Da Sie es schon ansprechen, Sie als Bildungspolitiker, Herr Kaufmann, können Sie der Konkurrenz nicht beinahe dankbar sein, dass das Thema mal so prominent besetzt wird? Denn man kriegt den Eindruck, Bildung spielt auf dem Berliner Parkett häufig die zweite Geige.
    Kaufmann: Natürlich, Bildung, Schule, Hochschule ist an sich Ländersache, und deshalb ist das Thema vielleicht nicht immer ganz so prominent in den bundespolitischen Debatten, wie es sein könnte. Insofern bin ich jedem dankbar, der dazu beiträgt, dass das Thema Bildung noch mehr Aufmerksamkeit bekommt. Und das wird natürlich auch ein Thema sein in den nächsten Wochen. Es ist schon ein Wahlkampfthema, aber nicht nur deshalb, weil es die anderen Parteien aufrufen, sondern auch deshalb, weil es für die Union ein ganz zentrales Zukunftsthema darstellt.
    Schulabgänger strömen an die Unis statt in die Ausbildung
    Dichmann: Wir wollen heute selbstverständlich aber nicht nur über Wahlkampf sprechen, sondern auch über konkrete Themen. Für jede Partei, die bei uns zu Gast ist in "Campus & Karriere", haben wir einen Aspekt der Bildungswelt gewählt, um ins Gespräch zu kommen. Und wir, Herr Kaufmann, wollen heute über das sprechen, was man gemeinhin Akademisierungswahn nennt. Auf der einen Seite erst mal gute Nachrichten: Deutschland hat mehr Studierende an Hochschulen als je zuvor. Soll heißen, immer mehr junge Menschen erreichen einen hohen formellen Bildungsgrad. Das Ganze hat aber auch einen Rattenschwanz, den uns Stephanie Kowalewski skizziert:
    Stephanie Kowalewski: Uwe Siepmann ist Zimmermeister und führt seit mehr als 20 Jahren in Mülheim an der Ruhr ein eigenes Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten und bestenfalls drei Auszubildenden. Wenn er sie denn kriegt: "Es ist auf jeden Fall schwieriger, nicht nur Auszubildende, sondern auch fertige Fachkräfte zu finden. Ich denke, das liegt in erster Linie an dem Image des Handwerks, das sicherlich nicht so gut ist. Und eben auch bei den Auszubildenden, dass sie lieber einen Beruf erlernen wollen, wo man schnell Karriere macht und vielleicht auch mehr verdienen könnte."

    Tatsächlich machen heute fast 60 Prozent aller Schüler Abitur und wollen dann an die Uni - und nicht an die Werkbank. Für Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf, liegt das auch daran, dass im deutschen Bildungssystem eine akademische Ausbildung mehr zählt als eine berufliche und die einzelnen Bildungssäulen obendrein kaum durchlässig sind: "Wir haben europaweit, weltweit eine hohe Durchlässigkeit, sowohl auf dem Arbeitsmarkt wie auch im Bildungssystem. Nur in Deutschland tun wir uns seit vielen Jahren extrem schwer. Was wir heute haben – gerade in der Berufsorientierung: eine starre Fixierung auf das akademische Bildungsniveau. Das heißt, in unseren Köpfen muss da was passieren, weil wir halt wissen, dass die Fachkräftebedarfe der Unternehmen einfach vollkommen andere sind."

    Und so gibt es fast überall entsprechende Kampagnen, die zeigen wollen, dass ein erfülltes Berufsleben eben nicht nur mit Studium möglich ist. Davon ist Felix Husch fest überzeugt. Er hat sich bewusst gegen ein Studium und für eine Ausbildung zum Zimmermann im Betrieb von Uwe Siepmann entschieden: "Weil ich es ganz wichtig finde praktisch gesehen was zu lernen. Ja und der andere Punkt ist, ich bin gerne draußen, ich bin gerne unterwegs, und da habe ich das Gefühl, das kann mir ein Studium nicht so bieten. Da ist man schon viel im Hörsaal und viel zu Hause am Schreibtisch und lernt. Ich hab mehr Lust, etwas zu machen."

    Er kommt aus einer Akademikerfamilie, seine Eltern und seine Großväter haben studiert, finden seinen Berufswunsch aber gut: "Also, die haben mich da wirklich bestärkt und haben gesagt, mach das. Ich hab da immer Unterstützung bekommen von zu Hause, die gesagt haben, wir finden es auf jeden Fall gut, wenn du Handwerk lernst."

    Für Gregor Berghausen von der IHK Düsseldorf ist die einseitige Orientierung auf eine akademische Ausbildung in einer zunehmend globalen Arbeitswelt ohnehin ein Auslaufmodell: "Das akademische System ist nicht mehr das Leitsystem, sondern die berufliche Bildung wird im Rahmen der Fachkräftesicherung eine extrem hohe Bedeutung bekommen."
    "Wir haben gerade auch die berufliche Bildung gestärkt"
    Dichmann: Einseitig orientiert auf die akademische Ausbildung - nehmen wir diesen Punkt mit und geben ihn an Stefan Kaufmann von der CDU, heute zu Gast in "Campus & Karriere". Herr Kaufmann, ist es so, wie es die Industrie- und Handelskammern eben formuliert haben? Sind wir fixiert auf die Hochschulen und vernachlässigen die berufliche Bildung?
    Kaufmann: Den Vorwurf würde ich jetzt so nicht stehen lassen. Wir haben eine große Zahl an Studienplätzen neu geschaffen in den letzten Jahren. Daran hat auch die Bundesregierung mitgewirkt. Auf der anderen Seite haben wir gerade auch die berufliche Bildung gestärkt. Wir haben immer gesagt, auch als Union, dass das eine zweite, gleichwertige Säule ist. Wir haben sehr viel dafür getan, dass die Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung und akademischen Bildung auch nach außen dokumentiert wird. Aber was natürlich schon die Voraussetzung ist, dass junge Menschen auch den Weg in eine berufliche Bildung finden, ist, dass ein öffentlicher Bewusstseinswandel stattfindet, dass eben, wie man immer so ein bisschen platt formuliert, der Mensch nicht erst beim Abitur anfängt. Aber das beschreibt es ja eben, dass natürlich die akademische Ausbildung für viele ein richtiger Weg sein kann, aber eben auch nicht für jeden. Und nicht jeder, der heute eine Hochschule besucht, ist sicherlich dort, wenn es um wissenschaftliches Arbeiten geht, auch richtig aufgehoben. Das ist in der Tat ein Problem, da bin ich in der Analyse bei den Kammern, und deshalb müssen wir, wie wir das schon begonnen haben in den letzten Jahren, jetzt noch stärker in der kommenden Legislaturperiode die berufliche Bildung stark machen. Wir müssen jetzt, glaube ich auch, solche Modelle uns genauer anschauen, wie das Berufsabitur, also eine Verbindung von beruflicher Ausbildung und Abitur, um jungen Menschen eben auch zu zeigen, dass die berufliche Ausbildung eine Alternative sein kann zur akademischen Ausbildung, zum Studium. Und da sind wir, glaube ich, den Weg – haben wir schon angefangen, und wir wollen den auch als Union in den nächsten Jahren doch konsequenter weitergehen.
    Dichmann: Aber wir merken ja auch schon jetzt, dass in den Uni-Städten wegen der vielen Studierenden die Mietpreise und die Wohnraumknappheit schmerzhaft werden, und in anderen Regionen gehen die jungen Leute weg, und Dörfer und Gemeinden dünnen aus. Das birgt doch in gewisser Weise sogar sozialen Sprengstoff.
    Kaufmann: Natürlich, das kommt dann noch hinzu. Aber ich bin eben schon bei denen, die sagen, dass wir noch mehr Anstrengungen unternehmen müssen, auch um den Fachkräftebedarf zu sichern, um die Berufsausbildung noch attraktiver zu machen. Wir haben das Aufstiegs-BAföG jetzt auch beschlossen in dieser Legislaturperiode, wo wir eben auch sagen, jemand, der eine Meisterausbildung macht, soll ebenso wie jemand, der studiert, auch hier eine finanzielle Förderung erhalten. All das sind Bausteine, die eben die berufliche Bildung attraktiver machen sollen und die eben auch dazu beitragen, ich sage es noch mal, die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu unterstützen. Und darum geht es, glaube ich, dass eben jemand, der selbst studiert hat, das nicht als völlig abwegig betrachtet, wenn seine eigenen Kinder vielleicht nicht studieren, sondern eine berufliche Ausbildung machen. Es fehlen ja nicht nur Ingenieure. Es fehlen Handwerker, es fehlen Maschinenarbeiter, es fehlen in diesem Bereich ganz viele, und insofern ist es im Übrigen da auch ganz hilfreich, dass jetzt viele Menschen auch zu uns kommen als Flüchtlinge, die, wenn sie eine Bleibeperspektive haben, auch in diesen Bereichen dann eine Ausbildung auch beginnen und so vielen Betrieben auch über diesen Mangel hinweghelfen.
    Union gegen automatische Bafög-Anpassung, aber nicht gegen Erhöhung
    Dichmann: Lehrstellen bleiben unbesetzt, die Hochschulen hingegen platzen beinahe aus allen Nähten. Wollen wir uns jetzt mal die zweite Hälfte dieser Gleichung anschauen, Herr Kaufmann. Wir haben zur Bundestagswahl hier in "Campus & Karriere" Fragen gesammelt von Akteuren der Bildungswelt wie zum Beispiel diesem hier:

    Janek Heß
    Janek Heß (Deutschlandradio / Benjamin Dierks)
    "Vor kurzem wurde die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks veröffentlicht. Diese zeigt, dass die finanziellen Bedarfe von StudentInnen ansteigen und die aktuellen Regelungen zum Ausbildungsförderungsgesetz diesen Bedarfen nicht gerecht werden. Wie lauten die Pläne Ihrer Partei zur Zukunft des Bafögs? Sehen Sie weitere Möglichkeiten, die Studienfinanzierung zu verbessern?" - Janek Heß, Vorstand des Freier Zusammenschlusses von StudentInnenschaften
    Dichmann: Janek Hess mit seiner Frage an Sie, Herr Kaufmann. Wie lautet Ihre Antwort?
    Kaufmann: Zunächst mal muss man sagen, dass wir jahrelang keine BAföG-Erhöhung durchführen konnten, weil die Länder sich gesperrt haben, ihren 30-prozentigen Anteil mitzufinanzieren. Das war kein Problem des Bundes, das waren die Länder. Und deshalb hat der Bund beschlossen, zum 1.1.2015 die Kosten des BAföG zu 100 Prozent selbst zu tragen. Dadurch sind bei den Ländern jährlich 1,2 Milliarden Euro freigeworden für den Bereich der Hochschulen insbesondere, für die unterfinanzierten Hochschulen, und damit hat der Bund jetzt schon mal einen ganz großen Knoten durchschlagen. Denn nun liegt es tatsächlich an uns, das BAföG auch weiterzuentwickeln. Das haben wir dann getan dadurch, dass wir die Bedarfssätze, die Freibeträge um sieben Prozent erhöht haben. Das hat noch mal fast 800 Millionen Euro gekostet, sage ich mal, und diesen Weg wollen wir jetzt weitergehen. Jetzt gucken wir uns den BAföG-Bericht genau an, und dann werden wir sicherlich auch mit einer neuen Novelle nochmals Anpassungen vornehmen.
    Dichmann: Einen Schritt weitergehen, das fordern auch die Studentenwerke, die Grünen und die Linke. Sie fordern eine regelmäßige automatische Anpassung des BAföGs an die Lebensumstände der Studierenden. Und man kann klar festhalten, auch eben dank der erwähnten Sozialerhebung, dass das Studieren immer teurer wird. Studierende müssen heute mehr als je zuvor monatlich für Mieten abdrücken. Und auch die Zahl der erwerbstätigen Studenten liegt auf einem Rekordhoch. Also muss nicht diese automatische BAföG-Anpassung her?
    Kaufmann: Zunächst gibt es natürlich große Unterschiede in den Regionen, in den Ballungsräumen natürlich hohe Wohnkosten, hohe Lebenshaltungskosten. Im Osten Deutschlands, in manchen Regionen Westdeutschlands haben wir da natürlich ganz andere Voraussetzungen. Das bildet das BAföG nicht ganz ab, das muss man auch ehrlich sagen, weil wir eben keine unterschiedlichen regionalen Sätze haben. Das scheint mir ein größeres Problem zu sein als die Frage der automatischen Anpassung. Ich glaube schon, dass das Parlament auf Basis der regelmäßigen BAföG-Berichte jeweils darüber entscheiden sollte, wie das BAföG angepasst wird. Insofern wendet sich die Union, und das ist die Position jetzt auch zur Bundestagswahl, gegen eine automatische Anpassung. Aber das heißt nun eben nicht, dass es keine Erhöhungen des BAföG gibt, wie wir gerade erst bei der letzten Novelle gesehen haben.
    "Das ist kein Kooperationsverbot, das ist eigentlich ein falscher Begriff"
    Dichmann: Kommen wir dann abschließend zu dem Thema, das die Bundesrepublik vielleicht am meisten umtreibt derzeit, da inzwischen ja in fast allen Bundesländern die Sommerferien vorbei sind oder vorbei gehen, und zwar die Zustände an den Schulen, und die sind katastrophal, so kann man das vielleicht zusammenfassen. Und auch dazu gibt es Fragen:
    Wolfgang Pabel
    Wolfgang Pabel (Deutschlandradio/Benjamin Dierks )
    "Wie stehen Sie in Bezug auf die Finanzierung unseres Bildungssystems zum Kooperationsverbot zwischen dem Bund und den Ländern?" - Wolfgang Pabel, stellvertretender Vorssitzender des Bundeselternrats
    !Dichmann:!! !Das Kooperationsverbot, das eine dauerhafte Finanzierung der Bildung durch den Bund untersagt und sie zur Ländersache macht. Herr Kaufmann, wie lautet hier Ihre Antwort?
    Kaufmann: Es gab damals gute Gründe, im Rahmen der Föderalismusreform, dass die Länder gesagt haben, wir sind für Bildung zuständig, und wir wollen das auch allein stemmen. Wir wollen auch nicht, dass uns der Bund reinredet. Deshalb hat man damals das so im Grundgesetz verankert. Das ist kein Kooperationsverbot, das ist eigentlich ein falscher Begriff. Man kann kooperieren im Bereich der Bildung. Aber es geht eben schon darum, wer bezahlt. Und da ist die Auffassung der Union schon die, dass die Länder für die Bildung zuständig sind, für den baulichen Zustand der Schulen, gemeinsam mit den Kommunen auch für die Themen Inklusion, für die Lehrerausbildung. Und dabei soll es auch grundsätzlich bleiben. Wir sehen natürlich, dass die –
    Dichmann: Aber die Zustände sind ja schlimm in den Bundesländern. Gerade erst die Zahlen zum Unterrichtsausfall und zur Lehrerversorgung: In NRW, Nordrhein-Westfalen, ist es so, dass 50 Prozent der zu besetzenden Lehrerstellen nicht besetzt werden konnten.
    Kaufmann: Sehen Sie – aber nun kann der Bund leider nicht die Fehlpolitik in vielen Ländern – und Sie sprechen ja gerade das rot-grün regierte oder lange rot-grün regierte Bundesland Nordrhein-Westfalen an, wo offensichtlich falsch gewirtschaftet wurde, wo falsche Prioritäten gesetzt wurden. Und dann ist es natürlich ein Leichtes, nach dem vermeintlich reichen Bund zu rufen, der nun alle Probleme in ganz Deutschland lösen soll. Wenn wir Inklusion, wenn wir die Modernisierung der Schulen, die bauliche Ausstattung, die Digitalisierung und alles zusammen bundesseitig für alle zehntausende Schulen in Deutschland lösen wollen, dann überfordern wir den Bund. Das ist, glaube ich, ganz offensichtlich. Dann können wir mit unseren Aufgaben im Bereich von Forschung und Wissenschaft nicht mehr hinterherkommen. Da wird dieses Zwölf-Milliarden-Programm, das nun von der SPD her ausgerufen wurde, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. Das muss jedem klar sein, der hier den Bund in die Verantwortung nehmen will. Wir werden diese Aufgaben, die dem Bund hier zugewiesen werden, von, sage ich mal, maroden oder finanzschwachen Bundesländern sicherlich nicht auf den Bund abwälzen wollen, und schon gar nicht dadurch, dass wir bezahlen und die Länder die inhaltlichen Gestaltungsaufgaben übernehmen.
    Dichmann: Ich musste allerdings zugegebenermaßen doch schon sehr staunen über Ihren CDU-Fraktionskollegen Michael Kretschmer, der hier im Deutschlandfunk sagte, man müsse aufpassen, dass das Bundesgeld nicht an den klebrigen Händen der Finanzminister kleben bleibe, der Finanzminister der Länder. Das finde ich schon ein bisschen wohlfeil, wenn man bedenkt, dass der Bund den Ländern ja wiederum die Schuldenbremse ins Stammbuch geschrieben hat und den Ländern nun mal schlichtweg auch das Geld fehlt, um all diese Probleme, die Sie ja auch erwähnt haben, zu beackern.
    Kaufmann: Gut, aber es geht schon ein bisschen natürlich auch um Schwerpunktsetzungen. Es gibt ja nun Bundesländer, die vielleicht eher dann CDU/FDP-regiert sind, wo es halt besser funktioniert mit der Schwerpunktsetzung zugunsten von Bildung und Forschung.
    Dichmann: Wobei auch Yvonne Gebauer, die ist ja nun die neue Schulministerin in NRW von der FDP, auch nicht absehen konnte, wie das alles ohne Bundesgeld funktionieren soll.
    Kaufmann: Jetzt hat die FDP natürlich hier Kassensturz gemacht, nachdem sie von Rot-Grün die Landesregierung übernommen hat, und hat natürlich mit Entsetzen festgestellt, wie da gewirtschaftet wurde. Das ist mir schon klar. Aber ich sage wirklich, und das meine ich ganz ehrlich, wir überfordern den Bund mit diesen ganzen Aufgaben. Und deshalb haben wir ja auch gesagt, okay, es gibt ein Thema, da wollen wir als Bund auch in die Bresche springen, weil wir da nicht warten können, bis die letzte Schule dann mitzieht und das letzte Bundesland. Das ist der Bereich der digitalen Ausstattung. Wir haben ein Fünf-Milliarden-Programm jetzt in dieser Legislaturperiode angekündigt –
    Dichmann: Der Digitalpakt.
    Kaufmann: – der Digitalpakt, genau, wo wir sagen, okay, wir sind bereit, mit einem Milliardenbetrag alle Schulen in Deutschland auf den gleichen Stand zu bringen, sie alle ans Netz zu bringen, weil wir da sagen, da können wir jetzt in der Tat nicht warten. Und wir wollen im Gegenzug die Länder verpflichten in einem Pakt, dass sie dafür auch die Ausbildung, die digitale Kompetenz der Lehrer in den Blick nehmen und die Lehrer entsprechend fit machen für den digitalen Unterricht. Aber eben auch einem ?? Bereich und nicht im gesamten Bereich der Bildungszuständigkeit der Länder.
    Dichmann: Aber was ist denn mit dem Digital-Pakt, Herr Kaufmann? Johann Wanka, CDU-Bundesbildungsministerin, hat Ihnen vor Monaten angekündigt – bisher ist nichts passiert.
    Kaufmann: Gut, ich meine, es war immer klar gewesen, dass es ein Pakt ist für die nächste Legislaturperiode. Es ist auch in unserem Regierungsprogramm verankert. Es ist jetzt nicht, wie diese fünf Milliarden, zahlenmäßig unterlegt, aber ich glaube, jedem wird klar sein, dass es jetzt nicht mit kleinen Beträgen getan ist. Insofern werden auf diese Ankündigung von Frau Wanka sicherlich jetzt in einem mutmaßlichen Koalitionsvertrag, an dem die Union, denke ich, auch beteiligt sein wir, dann auch Taten folgen.
    Dichmann: Stefan Kaufmann von der CDU und für die CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss Bildung und Forschung des Deutschen Bundestags bei uns in "Campus & Karriere". Vielen Dank, Herr Kaufmann!
    Kaufmann: Sehr gern!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.