Tiktok trage so zu einer "Speed-Radikalisierung" junger Menschen bei, heißt es in einem Report der Einrichtung. Auf der Plattform tummelten sich Hassprediger unterschiedlicher Couleur. Kein anderes soziales Netzwerk versorge eine so vulnerable Zielgruppe mit derart verstörenden Inhalten und das weitgehend ohne Aufsicht. "Wir konnten beobachten, dass - vor allem gesteuert durch den Algorithmus der Plattform - junge Menschen so sehr schnell in Filterblasen geraten, wo sie nur noch einseitige Informationen und Desinformationen konsumieren", sagte die Direktorin der Bildungsstätte, Deborah Schnabel, im Deutschlandfunk.
"Schulen müssen besser aufklären"
Dies führe häufig zu einer schnellen Radikalisierung von Meinungen, die aber oft im Verborgenen bleibe. Hinzu käme, dass viele Jugendliche die Quellen auf Tiktok und deren Seriosität nicht richtig einordnen könnten. Schnabel betonte, es sei wichtig, dass Schulen hier mehr Aufklärung und Medienbildung leisteten. Dabei sei es wichtig, Tiktok ernst zu nehmen als Leitmedium und als zentrale Informationsquelle für junge Menschen. Man dürfe die Plattform nicht länger als bloßes Unterhaltungsformat abtun.
Als konkrete Beispiele führt der Bericht an, dass über Tiktok massenhaft Beiträge verbreitet worden seien, die anzweifelten, dass das Massaker auf das Musikfestival in Israel am 7. Oktober überhaupt stattgefunden habe. In anderen Beiträgen seien die Terror-Akte der Hamas als verdecktes Unternehmen der israelischen Regierung dargestellt worden. KI-generierte Bilder vermeintlich getöteter palästinensischer Kinder seien millionenfach geteilt worden, um das antisemitische Motiv des "Kindermörders Israel" zu bedienen. In einer Flut von Memes und Clips werde Israel mit dem NS-Regime oder Gaza mit dem NS-Konzentrationslager Auschwitz gleichgesetzt.
Tech-Konzerne stärker in die Pflicht nehmen
Die Politik müsse dringend die Tech-Konzerne in die Pflicht nehmen, wirkungsvoll und konsequent gegen antisemitische und rassistische Hassrede, Desinformation und Verschwörungserzählungen vorzugehen, forderte die Bildungsstätte. Daneben müssten Jugendsozialarbeiterinnen und -arbeiter auf Tiktok eine mindestens gleichrangige Präsenz wie im realen Leben aufbauen, ansprechbar sein und aufsuchend tätig werden.
Diese Nachricht wurde am 06.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.