"Ich habe hier in meinem Cocktail Orangen, Avocado, Gurken, Salat, Bananen und Sesam – weil es gesund und süß ist und einfach gut schmeckt”.
Basia, acht Jahre alt, nimmt Teil an einem Workshop zum Thema gesunde Ernährung. Ihr Vitamin-Cocktail zeigt: junge Menschen in Polen mögen es ökologisch. Grzegorz Łapanowski, Fernsehkoch und Gastronomiejournalist:
"Der Markt für Bioprodukte wächst pro Jahr um etwa zehn Prozent. Aber wir sind noch ein junger Markt, der sich erst noch richtig entwickeln muss."
Wenig Konkurrenz für Marktführer
Wachstumszahlen von zehn Prozent sind noch optimistische Schätzungen, denn die Bio-Branche ist ungenau erforscht. Doch Marktanalysen belegen den aufsteigenden Trend, so etwa eine Studie der Supermarktkette Organic, die ökologische Produkte vertreibt. Heute ist Organic Marktführer mit fast 30 Geschäften in ganz Polen. Firmensprecher Tomasz Malinowski.
"Die Bio-Branche nimmt etwa 0,2 Prozent Marktanteil im polnischen Lebensmittelhandel ein. Im Vergleich zu Deutschland ist das wenig. Aber der Markt zieht gerade an und kann auf mehrere Prozent wachsen.”
Schon jetzt erwirtschaftet Organic rund 10 Millionen Euro im Jahr. Die Kette hatte bislang wenig Konkurrenz. Investoren erschien die Branche bislang unsicher. Doch deutsche Anbieter wie Lidl und Real holen mit ihrem in Deutschland erprobten Bio-Sortiment auf. Besonders aktiv ist der Drogist Rossmann. Allein in Warschau unterhält der deutsche Branchenzweite 79 Filialen. Eliza Dorosz-Panek von Rossmann Polska:
"Wir haben insgesamt 100 Filialen in Polen mit einem vollen Bio-Sortiment aufgestockt. Vor allem in Städten zahlt sich die Strategie aus. In Bioprodukten steckt Potenzial. Und wir spüren ein großes Interesse aufseiten der Kunden."
Kritik von Verbraucherschützern
Ein Boom wird jedoch erst dann einsetzen, wenn sich mehr Menschen in Polen Bio leisten können. Das Brutto-Einkommen liegt im Durchschnitt noch unter 950 Euro. Ein weiteres Hindernis ist die Vielzahl deutscher Bio-Siegel wie Naturland, Demeter und Bioland. Fernsehkoch Grzegorz Łapanowski
"Wir sehen eine Masse von Etiketten, die die Kunden verwirren. Da steht Bio, Öko usw. drauf, aber das EU-Biosiegel ist kaum zu erkennen. Und nur das ist ein Garant für Qualität.”
Dass die Zertifikate kein Etikettenschwindel, sondern an hohe Auflagen für Bio-Höfe gebunden sind, wissen die wenigsten. Verbraucherschützer kritisieren aber nicht nur die Unübersichtlichkeit, sondern den Import von Bio-Produkten überhaupt. Ernährungsexpertin Izabela Strzeszewska:
"Neulich habe ich hier Bio-Joghurt aus Deutschland gekauft. Das soll angeblich ökologisch sein, wurde aber über Hunderte Kilometer hierher transportiert. ”
Doch wer in Polen ökologisch leben will, hat meist keine andere Wahl. Die Bio-Landwirtschaft in Polen steht erst am Angang. Produzenten von Müsli, Säften
oder Gemüse fehlt Erfahrung und Mut, in den Bio-Markt einzusteigen. Tomasz Malinowski:
oder Gemüse fehlt Erfahrung und Mut, in den Bio-Markt einzusteigen. Tomasz Malinowski:
"Es gibt nur kleine Höfe, die kaum in der Lage sind, die Nachfrage zu decken. Aus diesem Grund ist die Mehrzahl unseres Angebotes importiert.”
Bewusste Ernährung gefragt
Die Grüne Bewegung schaut auch auf die Öko-Bilanz, so etwa Ania Leśniewska-Pindor. Die Mutter von zwei Kindern will sich bewusst ernähren.
"Wir unterstützen die regionale Landwirtschaft. Denn Produkte, die um die halbe Welt geschickt werden, verlieren beim Transport ihre guten Inhaltsstoffe oder sie werden sogar mit Pestiziden behandelt, wovon wir aber nichts wissen."
Insofern hält die Mutter von zwei Kindern es wie viele Menschen in Polen: Sie pflanzt ihr eigenes Gemüse, auch um Geld zu sparen. Doch bei abgepackten Bio-Waren wie Müsli oder Säften wird auch sie vorerst nur Importiertes kaufen können.