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Bio-Solarzellen
Mit Cyanobakterien von Sonnenlicht zu Wasserstoff

Stromspeicherung von Solarenergie ist teuer und aufwändig. Doch spezielle Bakterien könnten helfen. Sie wandeln Sonnenlicht in Wasserstoff um, der sich gut speichern lässt. Im Gegensatz zu normalen Solarzellen werden dabei keine seltenen Rohstoffe verbraucht.

Von Veronika Fritz |
    So genannte nachgeführte Solaranlagen stehen am 07.09.2016 auf einer Wiese in Farnstädt in Sachsen-Anhalt.
    Mithilfe von Cyanobakterien lässt sich Sonnenlicht in Wasserstoff umwandeln, einem gut speicherbaren Energieträger (dpa-Zentralbild / Jan Woitas)
    "Die Speicherung von Strom ist ja derzeit ein wichtiges Thema. Wie kann man möglichst verlustfrei Strom zwischenspeichern, der über regenerative Verfahren erzeugt worden ist und da ist die Idee eben: Warum muss man erstmal Strom herstellen, wenn es nicht vielleicht die Möglichkeit gibt, direkt einen gut speicherbaren Energieträger herzustellen."
    Und einen solchen Energieträger gibt es: Wasserstoff. Sonnenlicht in einer Solarzelle direkt in Wasserstoff umwandeln – das ist das Ziel an der Ruhr-Universität Bochum. Marc Nowaczyk ist auf dem Weg ins Labor, zu seinen mikroskopisch kleinen Helfern, den Cyanobakterien. Die robusten Bakterien gehören zu den ältesten Lebewesen auf der Erde. Und noch wichtiger: Sie sind Meister darin, Lichtenergie zu ernten:
    "Jetzt befinden wir uns im sogenannten Biotechnikum, das ist unser Hauptraum für die Massenkultivierung insbesondere unserer Cyanobakterien."
    Enzym wandelt Licht in Elektronen um
    Die Bakterien stammen ursprünglich aus einer heißen Quelle in Japan – heute vermehren sie sich in sogenannten Photobioreaktoren im Labor. In den hohen durchsichtigen Röhren schwimmt eine grüne, sprudelnde Brühe aus Bakterien, Nährlösung und Kohlenstoffdioxid. Von außen wird die Flüssigkeit mit Licht bestrahlt:
    "Hier auf der anderen Seite sieht man einen Photobioreaktor in Aktion, da befindet sich noch eine Cyanobakterienkultur und man kann eben anhand der grünen Farbe gut erkennen, dass es sich hier um einen photosynthetischen Organismus handelt."
    In den Bakterien wandelt ein Enzym das Licht in schnelle Elektronen um. Dieses Riesenmolekül hat sich spezialisiert und arbeitet besser, als etablierte Materialien aus der Photovoltaik. Leider ist es so kompliziert aufgebaut, dass es nicht künstlich hergestellt werden kann. Deshalb holt Nowaczyk die Enzyme in einem zweiten Labor aus den Bakterien heraus:
    "Die Besonderheit ist hier, dass wir im Dunkeln arbeiten, beziehungsweise nur unter Grünlicht, weil die Enzyme, die wir hier isolieren, lichtempfindlich sind."
    Normalerweise produzieren Solarzellen Strom. Mithilfe von Elektrolyse kann er in Form von Wasserstoff gespeichert werden – aber das ist aufwändig und teuer. Das biologische System macht den Zwischenschritt überflüssig. Es geht den Weg vom Sonnenlicht zum Wasserstoff direkt. Und: Es braucht dafür keine seltenen Rohstoffe. Volker Hartmann arbeitet in Bochum an der Verbesserung der benötigten biologischen Bausteine:
    "Wir sind momentan noch nicht konkurrenzfähig mit normalen Solarzellen, aber große Vorteile sind zum einen, dass man keine seltenen Erden braucht, also grade die effizienten Solarzellen arbeiten alle mit seltenen Erden, bei denen klar ist, dass die irgendwann ausgeschöpft sind - und der zweite Vorteil ist, wir arbeiten hier mehr oder weniger CO2 neutral also auch bei der Herstellung und so weiter haben wir den Vorteil, dass wir pflanzliche Systeme, beziehungsweise cyanobakterielle Systeme benutzen und in der Produktion auch klimafreundlich agieren können."
    Wasserstoffgewinnung mithilfe von Elektronen
    In Bochum wird das Enzym isoliert, das mithilfe der Lichtenergie schnelle Elektronen erzeugt. Kollegen aus Cambridge liefern einen zweiten Baustein: Ein Enzym aus einer anderen Bakterie, eine Hydrogenase, sie kann mithilfe der Elektronen Wasserstoff herstellen. Diese beiden Bausteine werden miteinander gekoppelt und fertig ist das bisher kleinste System, das eigenständig Sonnenlicht in Wasserstoff umwandeln kann:
    "Die hauptsächlichen Probleme sind eigentlich die Langzeitstabilität. Dass das System auch wirklich über Monate und Jahre stabil funktioniert. Da sind wir momentan dran verschiedene Modifikationen, also über Mutationen in den Photosystemen zu erzeugen."
    Unklar, ob sich Wasserstoff-Solarzellen durchsetzen können
    Bisher überlebt das System nur einige Stunden. Es ist also noch ein weiter Weg, bis die Enzyme wirklich als Solarzelle arbeiten können. Auch andere Arbeitsgruppen forschen heute daran, Wasserstoff direkt zu erzeugen. Eine optimale Lösung haben auch sie noch nicht: Entweder sind die Bestandteile zu teuer, oder Lebensdauer und Ausbeute zu gering. Ob sich die Wasserstoff-Solarzellen irgendwann durchsetzen, ist also offen. Für Nowaczyk ist die Entwicklung sowieso nur ein Zwischenschritt. Langfristig möchte er biologische Systeme entwickeln, die flüssige, kohlenstoffbasierte Energieträger herstellen. Denn die passen noch besser als Wasserstoff zu unserer jetzigen Infrastruktur.