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Bioeier-Produktion
Nicht immer so ökologisch wie gedacht

Die Nachfrage nach Eiern aus ökologischer Haltung von Legehennen ist gestiegen. In Deutschland werden zwölf Prozent aller Eier biologisch erzeugt. Doch es gibt je nach Biosiegel deutliche Unterschiede bei der Produktion, wie Tierschützer kritisieren. So ist Massentierhaltung auch unter Biokriterien erlaubt.

Von Annette Eversberg |
Frische braune Hühnereier in einem Korb, Freilandeier, Bio, Bioeier,
Frische Eier von glücklichen Hühnern erwartet man, wenn man Bioeier kauft. Doch die Kriterien der Biosiegel sind sehr unterschiedlich (dpa/picture alliance/Bildagentur-online/)
Bei Bioland-Bäuerin Victoria Schulze Buschhoff in Münster stehen drei Ställe mit jeweils 225 Hühnern, jeder für sich auf einer grünen Wiese. Drinnen Sitzstangen aus Holz, Nester mit Dinkelspelz und fußschonende Kunststoffgitter, durch die der Kot nach unten fällt.
"Das Besondere ist, dass die Hühner jeden Tag rauskönnen, von morgens um 10.00 Uhr bis zur Dunkelheit, und dass sie immer im grünen Gras stehen. Also sie können immer Gras fressen, weil wir durch die mobile Stallhaltung, den Stall alle zwei bis drei Wochen verstellen, auf eine andere Stelle, wo das Gras noch grüner ist. Und das ist eigentlich das Besondere."
Bernd Diekmann aus Dülmen gehört wiederum keinem Bioverband an, sondern produziert nach weniger strengen Regeln Bioeier, nämlich nach der EU-Öko-Verordnung und das in anderen Dimensionen als seine Bioland-Kollegin:
"Dieser Stall, der hat so etwa knapp 15.000 Legehennen. Diese Größe rührt daher, dass es immissionsschutzrechtliche Grenzen gibt. Deswegen werden die Ställe unabhängig von der jeweiligen Haltungsform, ob das Bodenhaltung, oder Freiland ist oder Biohaltung, gerne unterhalb dieser Grenze gebaut, weil das dann genehmigungstechnisch einfacher wird."
EU-Biohaltung erlaubt Massenställe
Der Stall könnte aber auch doppelt so groß sein. Denn diese Legehennen-Haltung ist nach der EU-Öko-Verordnung erlaubt. Dr. Barbara Felde ist Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Tierschutzrecht. "Biohaltung heißt nicht, dass einige wenige Hühner auf einer Wiese herumpicken. Massentierhaltung ist auch unter Biokriterien möglich, denn diese Vorgaben erlauben bis zu 3.000 Hennen in einem Stall."
Dabei können mehrere Ställe unter einem Dach untergebracht werden, nur durch Zwischenwände getrennt. Das gibt es auch bei den stationären Ställen der Bioverbände: Bioland, Demeter, Naturland. Bei Naturland dürfen sogar 12.000 Tiere unter einem Dach gehalten werden. Bei Bioland sind es 6.000. Nur bei Demeter ist bei 3.000 Tieren pro Betrieb Schluss.
Die Einrichtung eines Großstalls nach EU-Öko-Verordnung entspricht – so Bernd Diekmann – dem der konventionellen Ställe. "Der ist so gebaut, wie in den anderen Haltungsformen auch. Bestehen meistens aus mehreren Etagen. Unten gibt es eine Grundebene, da ist auch Einstreu, in dem die Tiere sich aufhalten können, des Nachts beispielsweise. Darüber hinaus gibt es dann ein Gerüst, in dem sich die Einrichtung für die Futter- und Wasserversorgung befinden, die Einrichtung für die Entmistung der Tiere. Also, das Stallinnenleben ist schon ein sehr betreuungsintensiver Lebensraum."
Obwohl auch die Konstruktion solcher Bioställe im Einklang mit der EU-Öko-Verordnung über die Haltung von Legehennen steht, erinnerten sie an die längst verbotenen Legebatterien, nur ohne Gitter und mit Freilauf nach draußen, kritisiert Jan Peifer, Sprecher des Deutschen Tierschutzbüros.
"Die Tiere stehen halt auf Käfigböden, damit der Kot durchfällt, damit der Betreiber es einfacher hat. Das sind die Prinzipien der Käfighaltung wie von früher, und was die meisten Verbraucher zu recht auch ablehnen. Das hat man sich aber offenbar als Vorbild genommen, um diese Massenbioställe zu schaffen."
Begrenzter Platz auf der grünen Wiese
Im Stall bedeutet Bio etwas mehr Platz. Sechs Tiere statt neun auf einem Quadratmeter gegenüber der Boden- und Freilandhaltung. Vier Quadratmeter pro Tier auf der grünen Wiese. Genauso viel wie beim Auslauf in der konventionellen Freilandhaltung. Aber, so Tierschutzrechtlerin Barbara Felde:
"Nach den EU-Biovorgaben muss dieser Auslauf von vier Quadratmetern pro Henne nicht ständig zur Verfügung stehen, sondern mindestens während eines Drittels der Lebensdauer einer Henne. Also es ist möglich, Hennen während zwei Drittels ihres Lebens im Stall zu halten, wo auf einem Quadratmeter bis zu sechs Tiere gehalten werden dürfen. Und das sind natürlich viele Tiere auf wenig Platz."
Noch immer sind die meisten Hühner in der Biohaltung Hybriden – also auf hohe Legeleistung gezüchtete Rassen, die aus konventioneller Haltung stammen. Legehennen aus der Biohaltung können auch anschließend wie konventionelle Hühner geschlachtet werden.
2021 tritt die neue EU-Öko-Verordnung in Kraft. Deutliche Verbesserungen für die Biohaltung von Legehennen sind darin jedoch nicht vorgesehen.