"Was für Leute verdienen an Schönheit?"
"Obwohl, wenn du mal guckst, wenn ganz viele Frauen zu Schönheitschirurgen gehen und lassen sich die Lippen aufspritzen. Wenn du auf der Straße mal Umfragen machst, finden die das alle hässlich. Aber die machen das trotzdem."
"Aber das steht doch auch nicht jedem."
"Oder auch dieses Facelifting oder dieses Botox ... "
Es wurde eifrig diskutiert am vergangenen Freitag in der Ruhr-Universität Bochum. "Bioethik im Diskurs" hieß die ganztägige Veranstaltung, bei der über 100 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe zwölf zu Gast auf dem Campus waren. Junge Männer und Frauen der Gesamtschule Hattingen erörterten ethische Fragen, die das menschliche Leben berühren. Begleitet wurden sie dabei von Biologen, Juristen, Philosophen und Theologen der Universität.
"Vor wenigen Monaten wurde uns das schon gesagt, dass wir das Projekt hier planen, dass es auch erstmalig ist. Und jetzt vor vier Wochen haben wir es so gemacht, dass wir uns am Blackboard der Uni angemeldet haben und da konnten wir mit jedem Professoren die ganzen Infos aus dem Netz laden. Wir hatten drei Themenbereiche. Das war einmal der Beginn des Lebens, dann der perfekte Mensch und dann das Ende. Und da konnten wir uns in der Schule schon im Voraus eintragen, wo wir dann gern arbeiten möchten, haben uns im Biologieunterricht dazu vorbereitet, im Religionsunterricht und auch in Philosophie."
Die Veranstaltung entsprang einer Kooperation zwischen dem evangelischen Institut für Kirche und Gesellschaft von Westfalen, Wissenschaftlern der Universität Bochum und dem neugegründeten "Alfred-Krupp-Schülerlabor für Geisteswissenschaften". Dieses in Deutschland einzigartige Labor bietet Projekte für Schulklassen an, bei denen aktuelle Probleme der Geisteswissenschaften diskutiert werden. Doktor Gilbert Heß vom Schülerlabor:
"Dieses Projekt ist für uns deswegen sehr wichtig, weil man hier merkt, welchen Stellenwert die Geisteswissenschaften hier haben, in der Vermittlung von Normen, von Grundüberzeugungen, von Richtungsweisungen. Wir haben natürlich ein starkes Interesse daran, zu vermitteln, was Geisteswissenschaften tun, an die Schülerinnen und Schüler. Da herrschen in der Schule normalerweise etwas vage Vorstellungen. Das bemerkt man in den ersten Jahren an der Uni. Da gibt es hohe Abbrecherquoten. Das ist natürlich auch ein Ziel, diese Quoten zu senken und Schüler für das zu interessieren."
Nach einer einführenden Vorlesung darüber, worum es in der Ethik geht, teilten die Schüler sich in insgesamt neun Arbeitsgruppen auf, diskutierten anhand von Texten über die Würde des ungeborenen Lebens, über Formen künstlicher menschlicher Perfektionierung, über Fragen aktiver Sterbehilfe.
Was soll man zum Beispiel von der deutschen Gesetzgebung halten, die es erlaubt, das ungeborene Leben im Mutterleib auf Behinderungen hin zu untersuchen, um es gegebenenfalls abzutreiben; und andererseits verbietet, Paaren mit einem hohen Risiko zu Erbkrankheiten eine künstliche Befruchtung zu ermöglichen. Dann könnten die in Vitro gezeugten Föten auf solche familiär bedingten Erbkrankheiten hin untersucht und der Mutter die gesunden Embryos eingepflanzt werden.
"Wir als Gruppe waren der Meinung, dass es hier in Deutschland eingeschränkt erlaubt werden sollte, weil so schon Einschränkungen und Behinderungen ausgeschlossen werden können. Und dementsprechend wird die Mutter auch nicht so psychisch belastet mit der Thematik der Abtreibung."
Doktor Gudrun Kordecki vom Institut für Kirche und Gesellschaft und Mitveranstalterin des Schülerlabors:
"Was ich an diesen Projekten sehr spannend finde, ist, dass es uns gelingt, an die Lebenswirklichkeit der Schüler heranzutreten. Also wenn Sie hier über pränatale Diagnostik diskutieren, dann wird sie das möglicherweise in relativ naher Zukunft schon betreffen, nämlich in dem Augenblick, wo die jungen Mädchen schwanger werden oder die Jungen sie zum Arzt begleiten und dann die Frage ist, ist das Kind gesund."
Nachmittags ging es darum, die in den einzelnen Arbeitsgruppen gewonnenen Erkenntnisse einem größeren Plenum vorzustellen. Die anwesenden Hochschullehrer beteiligten sich an der Diskussion. Manchmal auch, um allzu einfache Vorstellungen ein bisschen provozierend zu hinterfragen. Etwa, wenn Schüler das hohe Lob der "Verschiedenheit aller Menschen" anstimmten und jede Vorstellung von "Normalität" zurückwiesen.
"Vielen Dank für Ihre Präsentation. Natürlich, Ihr Lob der Verschiedenheit finde ich auch gut. Aber man würde jetzt sagen, wenn eine bestimmte körperliche oder geistige Behinderung mit medizinischen Mitteln behoben werden kann, das ist ja auch eine Perfektion oder Normalisierung. Da wär meine Frage an Sie: Nein, die Verschiedenheiten sind okay, oder haben Sie implizit nicht auch ein normatives Menschenbild?"
Durch den "zwanglosen Zwang des besseren Arguments" zu normativ verbindlichen Aussagen zu kommen, war die durchaus spannende Übung dieses Tages. "Bioethik im Diskurs" eben. Natürlich wurde auch deutlich, dass das Argumentationsvermögen von 17-, 18-Jährigen Grenzen kennt, weshalb die Professoren, nicht immer mit Erfolg, den Blick aufs Prinzipielle zu lenken versuchten. Doch Professor Klemens Störtkuhl, Biologe an der Bochumer Universität und Mitorganisator der Veranstaltung, sah darin durchaus eine Herausforderung für die Wissenschaft:
""Das ist aber auch mein Anliegen, dass man versucht, diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auch so zu vermitteln, so herabzubrechen, dass Schüler etwas damit anfangen können. Und das ist in so einem Kreis sehr gut möglich. Man spürt dann auch sofort, ob das mit diesem Herunterbrechen klappt. Wenn Sie nämlich dann die verständnislosen Gesichter sehen, dann wissen Sie ganz genau, dass sie in dem Moment nicht verstanden worden sind. Und dann müssen sie sich anstrengen, verstanden zu werden."
Zum Abschluss des Tages gab es eine Podiumsdiskussion, bei der alle Dozenten und Schüler sich über die Erkenntnisse des Tages austauschten. Die Schüler und Schülerinnen waren von dem "Schülerlabor" durchweg angetan, auch wenn aus ihrer Sicht manches noch verbesserungswürdig wäre.
"Die Thematik fand ich ganz interessant, sich das einmal anzuhören, wie das abläuft. Aber was wir bis jetzt gemacht haben, hätten wir auch in der Schule machen können, weil wir halt mit unserem Lehrer in der Gruppe waren und noch keinen direkten Kontakt zu den Professoren hatten außer in der Diskussionsrunde, wo die ein bisschen was gesagt haben."
"Ich fand es auch spannend zu erfahren, wie die Professoren zu der Meinung stehen, diese ethischen Aspekte und diese medizinischen Aspekte, würde ich weiterempfehlen. Muss ich aber sagen, wir mussten uns in dem Blackboard anmelden und die Informationen runterladen, das war einfach viel zu viel. Und die sollten das, wir haben eben Biologie nicht studiert und auch keine Theologie, also die sollten das für Abiturienten anpassen, ob jeder diese Texte verstehen kann."
"Obwohl, wenn du mal guckst, wenn ganz viele Frauen zu Schönheitschirurgen gehen und lassen sich die Lippen aufspritzen. Wenn du auf der Straße mal Umfragen machst, finden die das alle hässlich. Aber die machen das trotzdem."
"Aber das steht doch auch nicht jedem."
"Oder auch dieses Facelifting oder dieses Botox ... "
Es wurde eifrig diskutiert am vergangenen Freitag in der Ruhr-Universität Bochum. "Bioethik im Diskurs" hieß die ganztägige Veranstaltung, bei der über 100 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe zwölf zu Gast auf dem Campus waren. Junge Männer und Frauen der Gesamtschule Hattingen erörterten ethische Fragen, die das menschliche Leben berühren. Begleitet wurden sie dabei von Biologen, Juristen, Philosophen und Theologen der Universität.
"Vor wenigen Monaten wurde uns das schon gesagt, dass wir das Projekt hier planen, dass es auch erstmalig ist. Und jetzt vor vier Wochen haben wir es so gemacht, dass wir uns am Blackboard der Uni angemeldet haben und da konnten wir mit jedem Professoren die ganzen Infos aus dem Netz laden. Wir hatten drei Themenbereiche. Das war einmal der Beginn des Lebens, dann der perfekte Mensch und dann das Ende. Und da konnten wir uns in der Schule schon im Voraus eintragen, wo wir dann gern arbeiten möchten, haben uns im Biologieunterricht dazu vorbereitet, im Religionsunterricht und auch in Philosophie."
Die Veranstaltung entsprang einer Kooperation zwischen dem evangelischen Institut für Kirche und Gesellschaft von Westfalen, Wissenschaftlern der Universität Bochum und dem neugegründeten "Alfred-Krupp-Schülerlabor für Geisteswissenschaften". Dieses in Deutschland einzigartige Labor bietet Projekte für Schulklassen an, bei denen aktuelle Probleme der Geisteswissenschaften diskutiert werden. Doktor Gilbert Heß vom Schülerlabor:
"Dieses Projekt ist für uns deswegen sehr wichtig, weil man hier merkt, welchen Stellenwert die Geisteswissenschaften hier haben, in der Vermittlung von Normen, von Grundüberzeugungen, von Richtungsweisungen. Wir haben natürlich ein starkes Interesse daran, zu vermitteln, was Geisteswissenschaften tun, an die Schülerinnen und Schüler. Da herrschen in der Schule normalerweise etwas vage Vorstellungen. Das bemerkt man in den ersten Jahren an der Uni. Da gibt es hohe Abbrecherquoten. Das ist natürlich auch ein Ziel, diese Quoten zu senken und Schüler für das zu interessieren."
Nach einer einführenden Vorlesung darüber, worum es in der Ethik geht, teilten die Schüler sich in insgesamt neun Arbeitsgruppen auf, diskutierten anhand von Texten über die Würde des ungeborenen Lebens, über Formen künstlicher menschlicher Perfektionierung, über Fragen aktiver Sterbehilfe.
Was soll man zum Beispiel von der deutschen Gesetzgebung halten, die es erlaubt, das ungeborene Leben im Mutterleib auf Behinderungen hin zu untersuchen, um es gegebenenfalls abzutreiben; und andererseits verbietet, Paaren mit einem hohen Risiko zu Erbkrankheiten eine künstliche Befruchtung zu ermöglichen. Dann könnten die in Vitro gezeugten Föten auf solche familiär bedingten Erbkrankheiten hin untersucht und der Mutter die gesunden Embryos eingepflanzt werden.
"Wir als Gruppe waren der Meinung, dass es hier in Deutschland eingeschränkt erlaubt werden sollte, weil so schon Einschränkungen und Behinderungen ausgeschlossen werden können. Und dementsprechend wird die Mutter auch nicht so psychisch belastet mit der Thematik der Abtreibung."
Doktor Gudrun Kordecki vom Institut für Kirche und Gesellschaft und Mitveranstalterin des Schülerlabors:
"Was ich an diesen Projekten sehr spannend finde, ist, dass es uns gelingt, an die Lebenswirklichkeit der Schüler heranzutreten. Also wenn Sie hier über pränatale Diagnostik diskutieren, dann wird sie das möglicherweise in relativ naher Zukunft schon betreffen, nämlich in dem Augenblick, wo die jungen Mädchen schwanger werden oder die Jungen sie zum Arzt begleiten und dann die Frage ist, ist das Kind gesund."
Nachmittags ging es darum, die in den einzelnen Arbeitsgruppen gewonnenen Erkenntnisse einem größeren Plenum vorzustellen. Die anwesenden Hochschullehrer beteiligten sich an der Diskussion. Manchmal auch, um allzu einfache Vorstellungen ein bisschen provozierend zu hinterfragen. Etwa, wenn Schüler das hohe Lob der "Verschiedenheit aller Menschen" anstimmten und jede Vorstellung von "Normalität" zurückwiesen.
"Vielen Dank für Ihre Präsentation. Natürlich, Ihr Lob der Verschiedenheit finde ich auch gut. Aber man würde jetzt sagen, wenn eine bestimmte körperliche oder geistige Behinderung mit medizinischen Mitteln behoben werden kann, das ist ja auch eine Perfektion oder Normalisierung. Da wär meine Frage an Sie: Nein, die Verschiedenheiten sind okay, oder haben Sie implizit nicht auch ein normatives Menschenbild?"
Durch den "zwanglosen Zwang des besseren Arguments" zu normativ verbindlichen Aussagen zu kommen, war die durchaus spannende Übung dieses Tages. "Bioethik im Diskurs" eben. Natürlich wurde auch deutlich, dass das Argumentationsvermögen von 17-, 18-Jährigen Grenzen kennt, weshalb die Professoren, nicht immer mit Erfolg, den Blick aufs Prinzipielle zu lenken versuchten. Doch Professor Klemens Störtkuhl, Biologe an der Bochumer Universität und Mitorganisator der Veranstaltung, sah darin durchaus eine Herausforderung für die Wissenschaft:
""Das ist aber auch mein Anliegen, dass man versucht, diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auch so zu vermitteln, so herabzubrechen, dass Schüler etwas damit anfangen können. Und das ist in so einem Kreis sehr gut möglich. Man spürt dann auch sofort, ob das mit diesem Herunterbrechen klappt. Wenn Sie nämlich dann die verständnislosen Gesichter sehen, dann wissen Sie ganz genau, dass sie in dem Moment nicht verstanden worden sind. Und dann müssen sie sich anstrengen, verstanden zu werden."
Zum Abschluss des Tages gab es eine Podiumsdiskussion, bei der alle Dozenten und Schüler sich über die Erkenntnisse des Tages austauschten. Die Schüler und Schülerinnen waren von dem "Schülerlabor" durchweg angetan, auch wenn aus ihrer Sicht manches noch verbesserungswürdig wäre.
"Die Thematik fand ich ganz interessant, sich das einmal anzuhören, wie das abläuft. Aber was wir bis jetzt gemacht haben, hätten wir auch in der Schule machen können, weil wir halt mit unserem Lehrer in der Gruppe waren und noch keinen direkten Kontakt zu den Professoren hatten außer in der Diskussionsrunde, wo die ein bisschen was gesagt haben."
"Ich fand es auch spannend zu erfahren, wie die Professoren zu der Meinung stehen, diese ethischen Aspekte und diese medizinischen Aspekte, würde ich weiterempfehlen. Muss ich aber sagen, wir mussten uns in dem Blackboard anmelden und die Informationen runterladen, das war einfach viel zu viel. Und die sollten das, wir haben eben Biologie nicht studiert und auch keine Theologie, also die sollten das für Abiturienten anpassen, ob jeder diese Texte verstehen kann."