Die Verdienste von James Brown um die Popmusik sind unbestritten, sie nennen ihn den Godfather Of Soul. Ohne James Brown kein Michael Jackson und kein Prince, findet auch sein Biograf James McBride:
"Er hatte einen gewaltigen Einfluss auf beide. Er hat diese Kakofonie der Klänge erschaffen, aus der die Soul- und die Popmusik entstanden sind. Prince und Michael Jackson haben sich von dort aus weiterentwickelt, James Brown in mancher Hinsicht eben nicht."
Ikone der Afroamerikaner
Für seine Biografie begibt sich James McBride auf Spurensuche, vor allem im Süden der USA. Er spricht mit Wegbegleitern, Freunden, Verwandten, Musikern und Ex-Frauen. So entsteht das Puzzle eines außergewöhnlichen Lebens; und McBride spart nicht mit Superlativen:
"Jeder Mann, jede Frau in diesem Leben hat einen Song. Und wer Glück hat, erinnert sich noch an ihn. Den Song deiner Hochzeit, deiner ersten Liebe, deiner Kindheit. Für uns Afroamerikaner verkörpert James Brown diesen Song nicht nur unseres Lebens, sondern unserer ganzen Geschichte. Darüber hinaus ist er die wohl am meisten missverstandene und falsch dargestellte afroamerikanische Persönlichkeit der letzten dreihundert Jahre."
Soul Power und Tyrannei
James Brown wächst auf in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im tiefen Süden der USA, bitterarm, im Zeichen der Rassentrennung, der lange Schatten der Sklaverei ist allgegenwärtig. Er hat keine funktionierende Familie, geht kaum zur Schule, schlägt sich als Boxer durch. Mit 16 landet er im Knast, wegen Raubes. Seine Rettung ist die Musik und die ist für den ungebildeten Landjungen aus dem Süden ein Mittel zur Selbstermächtigung, Soul Power.
Wie der Selfmademan aus dem Bilderbuch des amerikanischen Traums zieht sich James Brown selbst aus dem Dreck. Sie nennen ihn "The Hardest Working Man in Show Business". Er arbeitet hart und erwartet das auch von seinen Musikern. Seine Band führt er wie ein despotischer Tyrann. Für kleinste Vergehen verhängt er Geldstrafen: 50 Dollar für ungeputzte Schuhe oder Zuspätkommen, 50 Dollar für falsche Garderobe oder einen verpassten Einsatz.
"Boston hätte gebrannt"
"Say it loud, I'm black I'm proud", die Hymne auf den schwarzen Stolz von 1968, auch titelgebend für die Biografie von James McBride.
"Er hatte eine enorme Bedeutung für die Bürgerrechtsbewegung. Als Martin Luther King ermordet wurde, sollte James Brown ein Konzert in Boston geben. Die Veranstalter wollten das absagen, weil sie Angst hatten, aber James Brown war dagegen. Nicht nur, dass er das Konzert nicht abgesagt hat, es wurde sogar live im Fernsehen übertragen. Eine gute Idee, ansonsten hätte Boston gebrannt."
"Black and Proud" mit Nixon
Ausgerechnet James Brown, der Schöpfer von "Black and Proud" beruhigt seine schwarzen Landsleute und verhindert gewaltsame Aufstände. Einer von vielen Widersprüchen rund um diese extrem widersprüchliche Figur. Und noch einer: ausgerechnet "Black and Proud", sein Signatursong, beschert James Brown einen Karriereknick. Bis dahin hat er eine gemischte Fan-Gemeinde, Schwarze und Weiße, nach "Black and Proud" lassen ihn die weißen Radiostationen fallen.
1972 besucht der Sänger von "Say it loud, I'm black I'm proud" das Weiße Haus. Eingeladen wird er ausgerechnet von Richard Nixon, dem gerissenen Präsidenten, dem die Belange des Schwarzen Amerika herzlich egal sind.
"Nur weil jemand ein großer Künstler ist, heißt das nicht, dass er was von Politik versteht. Der Präsident wollte James Brown treffen, der Präsident hieß zufälligerweise Nixon. Also ging Brown ins Weiße Haus, seine schwarzen Fans waren wütend, das linksliberale weiße Publikum entsetzt."
Paranoia, Sex und Widersprüche
James McBride vergisst nicht zu erwähnen, dass Brown seine 38er dabei hat, wie immer, wenn er ins Weiße Haus geladen wird. James Brown ist nämlich auch der Mann, der niemandem traut, wie das Buch an vielen haarsträubenden Beispielen zeigt. Haarsträubend ist sein Verhältnis zum Geld. Weil er niemandem traut, schon gar nicht einer Bank, vergräbt er dicke Geldscheinbündel im Garten oder versteckt sie sonstwo.
Haarsträubend ist auch James Browns Umgang mit den vielen Frauen seines Lebens. Mit einigen war er verheiratet, mit vielen hat er Kinder gezeugt, nicht alle haben ihren Vater kennengelernt, nicht alle wurden von ihrem Vater anerkannt. Und nicht alle Frauen hat er gut behandelt, ganz im Gegenteil. Für viele ist er eine Sexmaschine auf zwei Beinen; und das ist nicht immer als Kompliment gemeint. Auf seiner "Suche nach James Brown und der Seele Amerikas" findet JamesMcBride eine zerrissene Persönlichkeit voller Widersprüche in einem zerrissenen Land voller Widersprüche. Und das ist als Kompliment gemeint. Denn das Buch schafft den Spagat: Es liefert ungeahnte Einblicke in das Leben des James Brown und es ist ein hoch spannendes Sittenbild der US-Gesellschaft von den 30er Jahren bis heute.