Abseits der Wege, die die Zoobesucher nehmen, auf einem Wirtschaftshof des Bronx Zoos, steht ein schmuckloser Container. Darin werkelt Christine Sheppard. Sie bereitet den Tunnel für Vogelflug-Experimente vor. Der Tunnel, das ist ein großer Kasten aus Holz, fast so lang wie der Container und innen schwarz und dunkel.
"Wir beringen jeden Vogel erst mal und geben ihm damit eine Nummer. Den Ring mit der Nummer halten wir dann vor die Kamera. (Die ist gerade nicht da, weil sie geladen wird.) Dann stecken wir unsere Hand vorsichtig durch diesen Ärmel hier und entlassen den Vogel in den Tunnel."
Christine Sheppard arbeitet bei der American Bird Conservancy. Bei der Vogelschutz-Organisation ist sie zuständig für die Frage, wie Gebäude vogelfreundlicher werden können. Deshalb die Tunnel-Experimente. In der Dunkelheit fliegt der Vogel in Richtung des anderen Tunnelendes, denn dort ist es hell. Anders als früher macht Sheppard nicht einfach die Hintertüren des Containers auf, um Licht hereinzulassen, sondern sie nutzt eine teure Speziallampe, bei der sich der Anteil des für Vögel gut sichtbaren UV-Lichts einstellen lässt.
"Wir wollen die Veränderungen in der Lichtintensität über den Tag hinweg kontrollieren, um alles unter den gleichen Bedingungen testen zu können. Deshalb nutzen wir diesen Tageslichtsimulator. Der hat zwei Einstellungen: einmal Nachmittag, mit UV-Licht, und die andere ist frühmorgens, ohne UV-Licht."
Der Weg nach draußen wird dem Vogel durch zwei Fenster versperrt: eines mit einfachem Glas und eines, das mit einem Muster versehen wurde. Horizontale oder vertikale Streifen aus weißem oder schwarzen Klebeband, beispielsweise. Die Versuche sollen zeigen, ob die Tiere die Fenster mit den Mustern als Hindernis erkennen und somit häufiger versuchen, durch das einfache Glasfenster zu fliegen. Ein dünnes Netz vor den Fenstern bewahrt sie vor dem harten Aufprall.
"Hier ist eines der Muster, das wir getestet haben: schmale, horizontale Streifen. Das scheint sehr effektiv zu sein. Das ist zum Beispiel im Bärengehege im Zoo von Philadelphia im Einsatz. Dort gab es vorher jeden Tag Kollisionen mit Vögeln und jetzt keine mehr. Und vor allem: Die Besucher haben sich nicht beschwert, dass sie nichts mehr sehen können. Also, das ist ein gutes Muster."
UV-Muster sollen Vögel schützen - sind in der Dämmerung aber schlecht sichtbar
Glashersteller haben ihre eigenen Ideen, etwa die deutsche Firma Arnold. Ihre Ornilux-Scheiben sind mit einem Gittermuster versehen, das vor allem UV-Licht reflektiert. So ist das Muster für Menschen fast unsichtbar, Vögel können es hingegen gut sehen. Eine optimale Lösung? Christine Sheppard:
"Das Problem, das ich mit UV-Mustern habe, ist dass es morgens nur sehr wenig ultraviolettes Licht gibt - man kann dann ja gut eine Stunde rausgehen ohne Sonnenschutz."
Und gerade morgens sind viele Vögel sehr aktiv. Mit den Tunnel-Experimenten will Christine Sheppard herausbekommen, welche Muster am besten funktionieren. Ihr noch weit entferntes Ziel: Die Daten sollen in ein Computerprogramm einfließen, das die Vogelfreundlichkeit von Gebäuden ermitteln kann. Nachfrage ist vorhanden, denn Vogelfreundlichkeit ist inzwischen ein Merkmal, das in den USA bei der Zertifizierung Grüner Gebäude Pluspunkte bringt. Mancherorts wird sie sogar vom Gesetzgeber verlangt, sagt Christine Sheppard:
"Städte in bewaldeten Gegenden in Kalifornien haben Gesetze, die vogelfreundliche Architektur verlangen. Der Staat Minnesota hat ein Gesetz, das vogelfreundliches Design vorschreibt. Und in Ontario sind nach einem Gerichtsverfahren Gebäudebesitzer jetzt verantwortlich für Vögel, die durch Aufprall an ihren Gebäuden getötet werden. Deshalb gibt es ein großes Interesse daran, wie man ein glänzendes, spiegelndes Stück Glas sicher für Vögel machen kann.