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"Biomarkt des Jahres" gesucht

Wer Kunden locken will, muss nicht nur gute Ware haben, sondern die auch so präsentieren, dass man gerne zugreift. In der Bio-Lebensmittelbranche gibt es dafür einen Wettbewerb, gefördert von der Europäischen Union haben sich in diesem Jahr mehr als 70 Geschäfte um den Titel "Biomarkt des Jahres" beworben.

Von Martin Mölder |
    " Hallo, wir sind von der Jury zur Selly. - Dann schauen Sie sich mal um. - Gerne."

    Das lässt sich Christoph Soika nicht zweimal sagen, denn er hat heute einen Marathontag vor sich. In Düsseldorf war er schon, gleich geht es noch nach Maria Laach und nach Morbach bei Bernkastel-Kues. 23 der 37 nominierten Bioläden in Deutschland stehen allein auf Christoph Soikas Liste. Aber der Diplom-Ökonom ist Bioexperte aus Leidenschaft. Deshalb nimmt er auch die Prüfung hier im Hofladen in Wuppertal-Sondern mit aller Sorgfalt vor:

    " Hier stehen wir in einem Raum, wo Obst und Gemüse dargeboten werden, Molkereiprodukte dargeboten werden, so dass man sagen kann, das ist so´n bisschen der Frischraum hier und jetzt geht’s drum, wenn ich das Obst und Gemüse ansehe, wie ist es platziert und natürlich in erster Linie, wie ist die Qualität und wie ist die Auswahl."

    Qualität und Auswahl sind allerdings nur zwei von vielen Kriterien, die von Christoph Soika untersucht werden. Verkaufskonzept, Sortiment, Transparenz der Angebote sowie Angebotsmanagement komplettieren die Liste, die die Bioladentester abarbeiten müssen. Christoph Soika dokumentiert alles mit der Fotokamera und bemerkt, dass besonders das Obst und Gemüse im Hofladen einen frischen Eindruck macht. Die Zeiten, in denen schrumplige Äpfel und matschige Bananen in Bioläden als besonders naturgemäß galten, sind für Christoph Soika lange vorbei:

    " Das war ja vor 20 Jahren oder vor 10 Jahren noch der Fall, dass an den Karotten, an den Kartoffeln überall die Erde noch dran hing, das ist heute nicht mehr der Fall, also die Qualität, die Optik ist voll vergleichbar mit der Ware, die aus dem konventionellen Bereich angeboten wird und die Kriterien sind die gleichen, also es kann doch nicht sein, dass man Mängel akzeptiert, nur weil es Bio ist, in Anführungszeichen, nein, Bio muss den höchsten Ansprüchen genügen und das erwarten wir auch bei einer Obst- und Gemüseabteilung."

    Die von Andreas Jägers Hofladen in Wuppertal-Sondern hat den Bioladen-Tester Christoph Soika jedenfalls überzeugt. Christoph Soika redet nicht nur mit Hofladenbesitzer Andreas Jäger über pro und contra seines Bio-Angebots, sondern befragt auch die Verkäufer und die Kunden. Nach einer Stunde hat er genug gesehen und gehört, um sich ein Bild des Hofladens in Wuppertal-Sondern machen zu können:

    " Die Nominierung hat sich schon bestätigt, dass sie zu Recht ist. Jetzt müssen wir trotzdem erst noch andere anschaun, um dann einen echten Vergleich ziehen zu können. Wenn wir den Vergleich haben und wir fahren ja jetzt in den nächsten Markt. Es wird spannend."

    Christoph Soika hat noch mehrere Bioläden aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz für heute auf seiner Liste. Zwei Wochen später sieht sein Plan ganz anders aus. Gemeinsam mit Jurymitglied Erich Margrander, Chefredakteur des BioPress-Verlages ist er in Baden-Württemberg unterwegs, um die nominierten Kandidaten für die Auszeichnung "Biomarkt des Jahres" unter die Lupe zu nehmen. Im Gegensatz zum bereits seit 13 Jahren Jahren etablierten "Supermarkt des Jahres-Wettbewerb" werden die Bioladentester erst im zweiten Jahr ausgeschickt, um die besten ihrer Branche zu finden. Christoph Soika und Erich Margrander besuchen heute überwiegend Bewerber aus dem Bereich Lebensmitteleinzelhandel. Vor dem Cap-Markt in Neuhausen bei Stuttgart fällt Christoph Soika bereits eine Besonderheit auf:
    " Interessant, Bio und Regional ist optimal. Interessant, die arbeiten hier mit dem regionalen Landeszeichen auch zur Ergänzung des Biosiegels. Da gibt´s verschiedene Bundesländer, die das machen und die arbeiten das werbemäßig hier aus."

    Die gute Miene Christoph Soikas verändert sich allerdings schnell, als er die ersten Biowaren in den Regalen des Cap-Marktes entdeckt:

    " Oh, das wird kritisch, das ist schwierig, das ist gefährlich, das ist natürlich kritisch, was der macht, der hat die Sachen nicht gekennzeichnet. Wie soll die Kassiererin das hier unterscheiden, jetzt kommt wirklich das Kassenargument."

    Eine eindeutige Auszeichnung der Artikel und entsprechende Abgrenzung konventioneller- von Bioware ist für die beiden Bioladen-Tester oberstes Gebot. Hier wird gegen dieses Gebot verstoßen. Klärungsbedarf für Christoph Soika:

    " Frage: Das sind doch jetzt alles Bioprodukte hier, sind ja wahnsinnig viele für einen "normalen" Lebensmittelmarkt. Jetzt an der Kasse, wenn ich jetzt mit den Äpfeln hingehe, wie weiß der an der Kasse, dass das Bio ist?

    Do müsse mer auf unsere Kunde etwas vertraue.
    Do hamm mer net su große Probleme. Do müsse mer eben den Kunde vertraue."

    Auf diese Antwort sind selbst die erfahrenen Bioladen-Tester nicht vorbereitet, aber nach Gesprächen mit Kassiererin und Kunden sind sie schließlich davon überzeugt, dass das Vertrauens-Konzept des Cap-Marktes in Neuhausen aufgeht. Neben der Produktpalette und der strategischen Aufteilung des Marktes sind vor allem die Gespräche mit den Verkäuferinnen entscheidend dafür, ob ein Bewerber zum Biomarkt des Jahres wird. Bioladen-Tester Erich Margrander ist von der Fachkompetenz der Mitarbeiter im Cap-Markt am Ende seines Besuches überzeugt:

    " Die Gesprächspartnerin, mit der ich jetzt unterwegs war, kann man auch sagen, sie weiß Bescheid, sie hat auf alles Antworten und sie versteht auch, was gemeint ist, wenn man se frägt, sie hat Biokompetenz. "