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Bionische Prothese

Biotechnologie. - Die Verbindung von Nervenzellen mit Technik ist ein Forschungsfeld, auf dem sich viele Wissenschaftler tummeln. Jenseits von Borg-Fantasien wollen sie ganz oder teilweise gelähmten das Leben erleichtern. Forscher von der US-Westküste haben jetzt einem Affen mit implantierten Elektroden geholfen, seine gelähmte Hand zu benutzen. Die Wissenschaftsjournalistin Kristin Raabe erläutert die in "Nature" publizierten Ergebnisse im Gespräch mit Gerd Pasch.

    Pasch: Frau Raabe, was haben die Forscher denn gemacht?

    Rabe: Ja, sie haben ganz feine Elektroden in das Bewegungszentrum im Hirn dieses Affen implantiert. Und diese Elektroden zeichnen dann erst einmal das Aktivierungsmuster von Nervenzellen auf, das immer dann auftrat, wenn der Affe eine spezielle Handbewegung gemacht hat, die man ihm vorher antrainiert hat. Er hat dabei eine Belohnung bekommen. Und dann erst wurden die Nervenzellen, die die Muskeln steuern, also die an den Muskeln direkt ansetzen, diese Nervenfasern, die wurden gelähmt, kurzfristig, mit einem Medikament. Und der Affe konnte also nicht weiterhin seine Hand bewegen. Und dann war die Verbindung eben unterbrochen zwischen dem Bewegungszentrum in Gehirn und den Nervenfasern an der Handmuskulatur. Und da hat man versucht, wieder eine Verbindung herzustellen, indem man Elektroden auf die Hand Muskulatur aufgesetzt hat, und dann über eine Computerschnittstelle eine Verbindung zu den Elektroden im Bewegungszentrum geschaffen hat. Sie haben die Bewegung, die Aktivierung von den Nervenzellen aufgenommen, haben das weitergeleitet an den Computer, und der hat das übersetzt und an die Elektroden an den Hand Muskeln weitergegeben, so dass die sich dann bewegen konnten. Und der Affe konnte diesen Befehlen gehören dann weitergeben an seiner Hand, und seine Handbewegung wieder ausführen.

    Pasch: Ist so ein externer Schaltkreis auch beim Menschen einzusetzen?

    Rabe: Naja, das ist natürlich ein Fernziel. Aber die Forscher um Chet Moritz von der Universität Washington sagen natürlich, das ist erst einmal nur so eine Machbarkeitsstudie ist und eine wirkliche Anwendung beim Menschen Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte entfernt ist. Es gibt aber schon seit einigen Jahren Forschungen an solchen Computer-Brain-Interfaces, wie das auch genannt wird, in der Szene, dabei sind aber diese Verbindungen zwischen dem Computer und im Gehirn gar nicht immer unbedingt über implantiert Elektroden, wie jetzt bei diesem Affen hier, sondern man kann einfach die Hirnaktivität auch messen an der Schädeloberfläche, das macht jeder Neurologe bei einem EEG. Und mit solchen EEG-Elektroden kann man Hirnaktivität abnehmen und darüber dann beispielsweise ein Computerprogramm steuern. Es gibt Menschen, die völlig bewegungsunfähig sind, so genannte locked-in-Patienten, die auch nicht sprechen können, die mithilfe solcher Computerprogramme und solcher externen Elektroden E-Mails verschicken können zum Beispiel. Andere Arbeitsgruppen arbeiten daran, Rollstühle zu konstruieren, die sich auch über solche externen Elektroden steuern lassen, oder auch Roboterarme oder ähnliches.

    Pasch: Diese Querschnittslähmung der Patienten, die ist ja auch durch andere Methoden vielleicht zu therapieren. Dieses Computer-Brain-Interface ist das eine Lösung?

    Rabe: Also, wir haben jetzt gerade gehört, in dem Beitrag vorher, dass es andere Ansätze gibt, mit Stammzellen, mit Zelltherapien, es gibt aber auch noch andere Methoden, mit Reparaturzellen aus dem Riechhirn, oder mit Antikörpern, oder anderen Wirkstoffen die Nervenfasern, die durchtrennt sind im Rückenmark, wieder dazu zu bringen, nachzuwachsen. Und da sind einige klinische Studien schon am Laufen oder sie stehen kurz bevor, also da ist man wesentlich weiter als mit diesem brain-computer-interface, und das natürlich auch ein biologischer Ansatz, der versucht, das, was im Körper kaputt ist, wieder heil zu machen. Natürlich haben diese Ansätze alle Risiken, deshalb muss man sehr vorsichtig und langsam vorgehen und darf nicht zu sehr eilen. Aber meine Einschätzung ist wirklich die, dass diese Computer-brain-interfaces eher nicht so viel bringen werden für die querschnittsgelähmten Patienten, sondern dass man wirklich doch in Zukunft eher mehr von diesen biologischen Ansätzen erwarten muss.