Gewaltige Spulen laufen im Fraunhofer Institut für angewandte Polymerforschung in Potsdam. Hier wird Garn aus Biokunststoff gesponnen. Wenn das verarbeitet wird, ist es haltbarer und leichter als manch herkömmliche Kohlefaser, die auf Erdöl basiert. Und eine bessere Umweltbilanz hat es auch - zumindest, wenn die Rohstoffe richtig angebaut werden. Hier liegt die Krux der neuen Bioökonomie. Die soll immer mehr Stoffe nicht mehr aus fossilen Rohstoffen gewinnen, also aus Öl, Kohle und Gas, sondern aus Pflanzen.
"Hier geht es darum, umzustellen auf erneuerbare Ressourcen", sagt Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium und zuständig für die Entwicklung der Bioökonomie. Ein guter Ansatz, sagen auch Umweltschützer. Allerdings sollen die Äcker unserer Welt ja schon länger nicht mehr nur Lebensmittel spenden, sondern auch Energie - und nun eben immer stärker Rohstoff zum Beispiel für Plastik. Das zehrt an ihnen. Auch Schütte sieht das Problem:
"Wir können es uns nicht leisten, Böden jetzt durch einen forcierten Anbau von Nutzpflanzen für die stoffliche Nutzung so auszulaugen, dass wir in zwei oder drei Jahrzehnten dann Brachflächen haben."
Anbau von Mais und Reis hat den Höhepunkt überschritten
Auch was im Boden wächst, kann knapp werden. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung hat gemeinsam mit den US-Universitäten Yale und Michigan etwa jüngst herausgefunden, dass die für Ernährung wichtigen Grundstoffe knapper werden, während die Weltbevölkerung weiter wächst. Bei der Mehrzahl der 27 untersuchten Güter wie Mais, Reis, Weizen und Soja habe die Produktion ihren Höhepunkt überschritten und sei kaum noch zu steigern. Das wird aber nötig sein, wenn der Boden immer mehr hergeben soll. Das hat sich die Bundesregierung in ihre Bioökonomiestrategie zur Aufgabe gemacht: der Anbau soll nachhaltiger und effizienter werden. Aber klappt das? Harald Ebner ist Bioökonomie-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion.
"Sie können schon versuchen, über leistungsfähigere Pflanzen, die standortangepasst sind, über optimierte Produktionsprozesse höhere Erträge zu erzielen, aber das ist nicht beliebig steigerbar in ungeahnte Größen."
Mit weniger mehr produzieren
Das aber sei, so warnt Ebner, der Ansatz der Bundesregierung. Und fragt man beim Bioökonomierat der Bundesregierung nach, ist dies tatsächlich das Rezept Nummer eins.
"Die Konkurrenz zwischen Nutzung für Energie und andere Zwecke in der Bioökonomie von landwirtschaftlich produzierten Grundstoffen mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion, die ist real", sagt Joachim von Braun. Er sitzt dem Beratungsgremium vor. Und die Lösung? "Na, als erstes vor allem Produktivitätssteigerung weltweit in der Landwirtschaft. Und wir müssen mit weniger mehr produzieren."