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BIP in der Eurozone
Überraschungssieger und Wackelkandidaten

Mit allen Mitteln versucht die Europäische Zentralbank, den Euro zu stabilisieren und die Konjunktur anzukurbeln. Die neuen Wirtschaftsdaten stärken den Währungshütern dabei den Rücken, denn das Wirtschaftswachstum fiel zuletzt mickrig aus. Überraschend gute Nachrichten kamen dafür aus Griechenland.

Von Brigitte Scholtes |
    Wahrzeichen Griechenlands: Der Parthenon auf der Athener Akropolis.
    Der Parthenon auf der Athener Akropolis - Wahrzeichen Griechenlands: Die Volkswirtschaft weist für das vergangene Quartal das höchste Wirtschaftswachstum der Eurozone aus. (AFP PHOTO / ARIS MESSINIS)
    Es hat im vergangenen Quartal nur zu einem mageren Wachstum von 0,1 Prozent gereicht. Damit ist die deutsche Wirtschaft nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Denn im Frühjahr war sie leicht um 0,1 Prozent geschrumpft. Es gebe eben deutliche Schwachpunkte in der Wirtschaftsentwicklung, sagt Stefan Schneider, Volkswirt der Deutschen Bank:
    "Dass das Wachstum sich doch deutlich verlangsamt hat und perspektivisch, wenn man sich Frühindikatoren wie den ifo-Geschäftsklimaindex anschaut, wahrscheinlich wir im Winter bestenfalls eine Stagnation haben werden. Das kommt zum Teil durch den schwachen Welthandel, und das belastet natürlich, wie wir jetzt schon sehen, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen."
    Das Wachstum wurde wieder leicht von den Exporten, im Wesentlichen aber vom Konsum getragen, teilten die Statistiker in ihrer vorläufigen Meldung zum dritten Quartal mit. Aber darauf sollte man sich nicht nur verlassen, warnt Andreas Scheuerle, Volkswirt der Dekabank:
    "Der Konsum ist natürlich das wichtigste Aggregat. 56 Prozent des deutschen BIPs werden vom Konsum gestellt. Aber natürlich hängt der Konsum an Arbeitsplätzen, und Arbeitsplätze hängen an Investitionen."
    Investitionen sind auch nötig, um künftig weiter wachsen zu können. Da habe man in den letzten Jahren von der günstigen Produktion in den Schwellenländern profitiert, erläuterte in dieser Woche Frank Appel, Vorstandschef der Deutschen Post DHL:
    "Es gibt diese Arbitrage durch Verlagerung in andere Kontinente nicht mehr so stark. Und deswegen müssen jetzt Produktivitätsreserven gehoben werden in den Prozessen. Das geht deutlich langsamer typischerweise vonstatten. Wir in Deutschland haben das in der Automobilindustrie, um eins zu nennen, ja mal vollzogen. Wir sind heute absolut wettbewerbsfähig, auch mit hohen Lohnstückkosten, weil wir so hohe Produktivität haben. Und dieser Prozess wird sicherlich jetzt auch in China beginnen, um weiteres Wachstum anzukurbeln. Deswegen müssen wir uns insgesamt auf ein niedrigeres Wachstum einstellen."
    Frankreich mit BIP-Zuwachs um 0,3 Prozent
    Das gilt vor allem für die deutsche exportorientierte Wirtschaft. Damit die Unternehmen wieder mehr investieren, seien Reformen nötig, mahnen Volkswirte, die aber derzeit politisch nicht durchzusetzen seien. Das aber haben andere Länder getan, Griechenland etwa, das im dritten Quartal mit 0,7 Prozent das stärkste Wachstum im Euroraum meldete. Andreas Scheuerle von der Dekabank:
    "Es ist zunächst mal irgendwo ein Grund zu feiern, weil man sieht: Es ist nicht umsonst, was man getan hat. Das sehen übrigens auch andere Länder wie Spanien, Irland oder Portugal. Die Länder, die in Europa Reformen vorangebracht haben, die zeichnen sich jetzt durch hohe Wachstumsraten aus. Und das ist schon einmal eine ganz gute Botschaft."
    Das französische Bruttoinlandsprodukt legte um 0,3 Prozent zu. Das hatten Volkswirte wie Stefan Schneider von der Deutschen Bank so nicht erwartet:
    "Allerdings, wenn man sich die Komponenten anschaut, waren es sehr stark der Staatskonsum und die Läger. Das ist jetzt gerade nicht nachhaltiges Wachstum und passt auch nicht zu der Stimmung, dem rekordniedrigen Vertrauen der Unternehmen. Also von daher ist das jetzt sicherlich eine gewisse temporäre Entlastung für die Politik, aber nicht ein Signal, dass sich die Konjunktur in Frankreich jetzt deutlich belebt."
    Immerhin aber reichte es im gesamten Euroraum damit zu einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Eine wirkliche Erholung aber sieht anders aus.