Eine seltsame Debatte findet in diesen Tagen in Deutschland statt. Eine Debatte um die Frage, ob die vor 30 Jahren zu Ende gegangene DDR ein Unrechtsstaat war - oder nicht. Manuela Schwesig, SPD-Regierungschefin in Schwerin und der Linken-Politiker Bodo Ramelow, ihr Kollege in Erfurt, bestreiten das. CDU-Politiker Michael Kretschmer, Ministerpräsident in Sachsen, hingegen ist überzeugt: "Die DDR war ein Unrechtsstaat".
Dem stimmt auch Marianne Birthler zu. Sie war in der DDR Mitglied der Opposition, dann von September 2000 an elf Jahre lang Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen – hatte also so tiefe Einblicke ins System DDR wie nur Wenige. Die aktuelle Debatte erkläre sie sich als "untauglichen Versuch, das Selbstbewusstsein der Ostdeutschen aufzumöbeln", sagte Birthler im Deutschlandfunk.
Sie halte die Diskussion heute für genauso schwierig wie vor zehn Jahren, als sie schon einmal heftig geführt worden sei. Auch damals sei das Hauptargument gegen den Begriff gewesen, dass seine Verwendung das Selbstwertgefühl der Ostdeutschen schädigen könne. "Ich fand das deswegen so problematisch, weil das eigentlich eine nachgeholte Beschwörung der Einheit von Staat und Volk war, wie die SED das getan hat", sagte Birthler. Dabei stehe und falle die Bewertung des einzelnen Lebens nicht damit, wie man das politische System bewerte, in dem jemand lebt. Sie halte den Begriff "Unrechtsstaat" für angemessen, denn die DDR sei de facto auf Unrecht gegründet gewesen.