Man muss sich den Kaiserpinguin als einen glücklichen Vogel vorstellen. Jeden März, wenn der Winter in der Antarktis beginnt und das Meer zufriert, schlüpft er aus dem Wasser - und watschelt los. Bis zu 200 Kilometer weit, immer den Magnetfeldern in der Erde folgend, die ihm und seinen Tausenden Artgenossen den Weg zu ihren Brutplätzen weisen. Über vierzig Grad minus wird es dort, der Wind weht 200 km/h scharf, und die Pinguine müssen sich zusammenkuscheln, um ihre Eier zu beschützen. 64 Tage brütet der Mann über denen, während das Weibchen nach Futter sucht. Dann kümmert sie sich um das Neugeborene, und er sucht…..dann ….dann….
Was könnte anstrengender sein als diese arktische Routine? Sie anderthalb Stunden lang anzuschauen vielleicht? Millionen Kinobesucher sehen das anders, denn der Dokumentarfilm "Die Reise der Pinguine" des französischen Tierforschers Luc Jacquet, der bereits Aufsehen erregende Werke über Tiger und Zugvögel schuf, hat allein in den USA mehr als 75 Millionen Dollar eingespielt. Im politisch derzeit daueraufgeregten Amerika sind die aufrechten Vögel mit den kalten Füssen viel mehr geworden als süße Abziehbilder. Sie avancierten zu Projektionsflächen für handfeste politische Debatten - um Abtreibung, "Familienwerte", Evolutionstheorie und Klimaschutz.
Denn konservative Gruppen in den USA haben den Film ähnlich adoptiert wie vor einigen Jahren Mel Gibsons Kreuzweg-Gemetzel "Passion of the Christ". Auf der konservativen Website "WorldNetDaily.com" ist zu lesen, die Entschlossenheit, mit der die Kaiserpinguine jedes Ei verteidigten, sei ein Plädoyer für den Wert des Lebens - und damit für das Recht, dieses bedingungslos zu schützen (ein Argument, das sich auf Abtreibungsdebatten glänzend übertragen lässt). Der Chefredakteur des "National Review" predigte jungen Republikanern, Jacquets Werk schildere Monogamie in ihrer schönsten Form. Priester organisieren Kinobesuche für Gemeindemitglieder und verteilen Zettel und Stift, damit jeder mitschreiben kann, was ihm Gott während des Films zuflüstert. Die wackeren Pinguine wurden zu christlichen Popstars.
Deren Familiensinn im ewigen Eis kann uns undisziplinierte Menschen, die - wie die "New York Times" geißelte - selbst nach einer kleinen Sause im warmen Büro schon mal untreue Gedanken haben, ja auch durchaus beeindrucken. Ganz sicher geklärt ist aber nicht, was die Pinguine so treiben, wenn die Kameras mal nicht laufen. Immerhin reiben US-Liberale den pinguintrunkenen Konservativen schon unter die Nase, dass im New Yorker Central Park Zoo ein gleichgeschlechtliches Pinguinpaar ein Huhn aufgezogen habe. Was für ein Rollenbild, bitteschön, propagiere das denn? Und überhaupt, das ganze Gruppenkuscheln im Film. Dies ließe sich auch - ganz unkonservativ - als Pladöyer für einen stärkeren Wohlfahrtsstaat verstehen, in dem nicht mehr jeder allein seines Glückes Schmied sein muss.
Doch so profane Fragen lenken nur ab von den wirklich elementaren Themen, die manche konservative Gruppen auch noch in den Pinguin-Streifen lesen. So sehen sie die ganzen Kyoto- und Klimaschutzbefürworter endlich als Hysteriker entlarvt - denn schaut die Antarktis nicht "1a"-unberührt aus und so gar nicht geschmolzen? Und wenn unter den rauen Umständen dort jedes Jahr aus einigen Eiern Leben entsteht, muss da nicht statt schnödem evolutionären Zufall irgendein höheres Wesen seine unsichtbare Hand im Spiel haben? Sollten die heidnischen Evolutionstheoretiker nicht endlich die Schöpfungsgeschichte neu lesen?
Der Journalist George Will wollte das nicht tun und hat ätzend eingewendet, warum es Gott seinen auserwählten Pinguinen dann mit dem Brüten so verdammt schwer mache? Aber wer mag schon ernsthaft gegen tapfere kleine Pinguine argumentieren? So hat sich selbst Regisseur Jacquet mit der Lesart seines Films abgefunden - auch wenn ihn schon amüsiert, dass ausgerechnet Franzosen nun als Erfinder des "reinen" Dokumentar-Streifens in den USA gelten. Und die Produzenten von Warner Universal freuen sich über den Geldsegen. Doch etwas geschafft klingen sie nach monatelanger Dauer-Diskussion auch. Sie sagen: "Ob man es glaubt oder nicht: Es sind bloß Vögel."
Was könnte anstrengender sein als diese arktische Routine? Sie anderthalb Stunden lang anzuschauen vielleicht? Millionen Kinobesucher sehen das anders, denn der Dokumentarfilm "Die Reise der Pinguine" des französischen Tierforschers Luc Jacquet, der bereits Aufsehen erregende Werke über Tiger und Zugvögel schuf, hat allein in den USA mehr als 75 Millionen Dollar eingespielt. Im politisch derzeit daueraufgeregten Amerika sind die aufrechten Vögel mit den kalten Füssen viel mehr geworden als süße Abziehbilder. Sie avancierten zu Projektionsflächen für handfeste politische Debatten - um Abtreibung, "Familienwerte", Evolutionstheorie und Klimaschutz.
Denn konservative Gruppen in den USA haben den Film ähnlich adoptiert wie vor einigen Jahren Mel Gibsons Kreuzweg-Gemetzel "Passion of the Christ". Auf der konservativen Website "WorldNetDaily.com" ist zu lesen, die Entschlossenheit, mit der die Kaiserpinguine jedes Ei verteidigten, sei ein Plädoyer für den Wert des Lebens - und damit für das Recht, dieses bedingungslos zu schützen (ein Argument, das sich auf Abtreibungsdebatten glänzend übertragen lässt). Der Chefredakteur des "National Review" predigte jungen Republikanern, Jacquets Werk schildere Monogamie in ihrer schönsten Form. Priester organisieren Kinobesuche für Gemeindemitglieder und verteilen Zettel und Stift, damit jeder mitschreiben kann, was ihm Gott während des Films zuflüstert. Die wackeren Pinguine wurden zu christlichen Popstars.
Deren Familiensinn im ewigen Eis kann uns undisziplinierte Menschen, die - wie die "New York Times" geißelte - selbst nach einer kleinen Sause im warmen Büro schon mal untreue Gedanken haben, ja auch durchaus beeindrucken. Ganz sicher geklärt ist aber nicht, was die Pinguine so treiben, wenn die Kameras mal nicht laufen. Immerhin reiben US-Liberale den pinguintrunkenen Konservativen schon unter die Nase, dass im New Yorker Central Park Zoo ein gleichgeschlechtliches Pinguinpaar ein Huhn aufgezogen habe. Was für ein Rollenbild, bitteschön, propagiere das denn? Und überhaupt, das ganze Gruppenkuscheln im Film. Dies ließe sich auch - ganz unkonservativ - als Pladöyer für einen stärkeren Wohlfahrtsstaat verstehen, in dem nicht mehr jeder allein seines Glückes Schmied sein muss.
Doch so profane Fragen lenken nur ab von den wirklich elementaren Themen, die manche konservative Gruppen auch noch in den Pinguin-Streifen lesen. So sehen sie die ganzen Kyoto- und Klimaschutzbefürworter endlich als Hysteriker entlarvt - denn schaut die Antarktis nicht "1a"-unberührt aus und so gar nicht geschmolzen? Und wenn unter den rauen Umständen dort jedes Jahr aus einigen Eiern Leben entsteht, muss da nicht statt schnödem evolutionären Zufall irgendein höheres Wesen seine unsichtbare Hand im Spiel haben? Sollten die heidnischen Evolutionstheoretiker nicht endlich die Schöpfungsgeschichte neu lesen?
Der Journalist George Will wollte das nicht tun und hat ätzend eingewendet, warum es Gott seinen auserwählten Pinguinen dann mit dem Brüten so verdammt schwer mache? Aber wer mag schon ernsthaft gegen tapfere kleine Pinguine argumentieren? So hat sich selbst Regisseur Jacquet mit der Lesart seines Films abgefunden - auch wenn ihn schon amüsiert, dass ausgerechnet Franzosen nun als Erfinder des "reinen" Dokumentar-Streifens in den USA gelten. Und die Produzenten von Warner Universal freuen sich über den Geldsegen. Doch etwas geschafft klingen sie nach monatelanger Dauer-Diskussion auch. Sie sagen: "Ob man es glaubt oder nicht: Es sind bloß Vögel."