Auf der offenen, leeren Bühne sind Inseln aus von unten strahlend hell erleuchteten Gläsern verstreut. Tief hängen Glühbirnen herab, und überall stehen Mikrofone bereit. Diese Bühne fungiert als Erinnerungsraum für eine Tote. Desdemona beschreibt, reflektiert und analysiert in einem Monolog ihr Leben und die Tatsache, dass sie sich ohne Gegenwehr von Othello hat töten lassen:
Während Desdemona über ihr Leben nachdenkt, bringt sie auch alle anderen Figuren zum Sprechen. Wunderbar, wie die Schauspielerin Elizabeth Marvel Stimme und Duktus ändert, wenn sie ohne veräußerlichende Effekte auch Othello in wörtlicher Rede erfindet und spricht. Toni Morrison hat ihr einen poetischen, zuweilen etwas zu bedeutungsvoll getragenen Text geschrieben, den die Schauspielerin mit mimisch-gestischer Zurückhaltung ganz aus der Sprache heraus lebendig werden lässt.
Desdemona, Tochter in einem Politikerhaushalt, aufgewachsen mit strengen Regeln, bedrängt von Mitgiftjägern, verliebt sich in einem Befreiungsvorgang in Othello. Sie macht sich ein eigenes Bild von ihm, weist ihm ein edles Gemüt zu und erfährt, dass ein blutig tötender und vergewaltigender Soldat wie Othello keine zivilisierte Seele besitzen kann. Als Desdemona sah, wie Othello wirklich war, konnte sie dies nicht ertragen und ließ sich umbringen. Es geht nicht so sehr um einen Geschlechterkampf, sondern darum, dass der Krieg die Menschen zerstört. Selbst zu Wort kommt nur ein Mann: Cassio, der Macher, der aus dem Off als Stimme der Macht realpolitische Thesen verkündet. Für Desdemona aber bleibt die Frage: Wie leben und wahrhaft zu Wort kommen in der Gesellschaft? Darüber denkt sie auch nach, wenn sie im fiktiven Dialog mit ihrer afrikanischen Kinderfrau Barbary oder bei der Erinnerung an Jagos Frau Emilia erfährt, dass sie falsche Bilder von den Frauen in ihrem Leben hatte. Die Kinderfrau war nicht Freundin, sondern Sklavin, und Emilia keine Verräterin, sondern eine Frau, die sich ihren Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen suchte.
Desdemona erkennt und erfährt andere Haltungen und Emotionen, und da bei Shakespeare die afrikanische Kinderfrau Barbary erwähnt wird, aber nicht auftritt, reagiert die malinesische Sängerin Rokia Traoré mit ihren Erfahrungen und Emotionen auf Desdemona:
Barfuß, in bodenlangen, schulterfreien Kleidern, in wechselnden Farben wunderbar ausgeleuchtet, so stehen Sängerin und Chor auf der Bühne. Und die Sprecherin der Desdemona wandert von Mikrofon zu Mikrofon, mehr äußere Aktion gibt es nicht. Dieser überzeugende Abend ist eine einzige edle Kunstanstrengung. Peter Sellars musikalisches Schauspiel oder, wie er es nennt, Hörspiel der Träume, kennt in seinem melancholisch getragenem Rhythmus, obwohl er von Mord und Vergewaltigung berichtet, keine Härte oder Extreme, keine Grobheiten und kein ausgestelltes Leiden, sondern nur den poetisch hohen Ton von Toni Morrison und die zart-kräftige Sinnlichkeit von Rokia Traorés Gesang:
Toni Morrisons prägnant kluge Erinnerungs- und Denkmonologe, gesprochen von einer zugleich zurückhaltenden wie kraftvollen Schauspielerin, konfrontiert mit und kommentiert von Liedern einer wunderbaren Sängerin: Das ergibt trotz einiger Längen am Schluss des fast zweistündigen Abends einen zu Recht umjubelten Erfolg.
Während Desdemona über ihr Leben nachdenkt, bringt sie auch alle anderen Figuren zum Sprechen. Wunderbar, wie die Schauspielerin Elizabeth Marvel Stimme und Duktus ändert, wenn sie ohne veräußerlichende Effekte auch Othello in wörtlicher Rede erfindet und spricht. Toni Morrison hat ihr einen poetischen, zuweilen etwas zu bedeutungsvoll getragenen Text geschrieben, den die Schauspielerin mit mimisch-gestischer Zurückhaltung ganz aus der Sprache heraus lebendig werden lässt.
Desdemona, Tochter in einem Politikerhaushalt, aufgewachsen mit strengen Regeln, bedrängt von Mitgiftjägern, verliebt sich in einem Befreiungsvorgang in Othello. Sie macht sich ein eigenes Bild von ihm, weist ihm ein edles Gemüt zu und erfährt, dass ein blutig tötender und vergewaltigender Soldat wie Othello keine zivilisierte Seele besitzen kann. Als Desdemona sah, wie Othello wirklich war, konnte sie dies nicht ertragen und ließ sich umbringen. Es geht nicht so sehr um einen Geschlechterkampf, sondern darum, dass der Krieg die Menschen zerstört. Selbst zu Wort kommt nur ein Mann: Cassio, der Macher, der aus dem Off als Stimme der Macht realpolitische Thesen verkündet. Für Desdemona aber bleibt die Frage: Wie leben und wahrhaft zu Wort kommen in der Gesellschaft? Darüber denkt sie auch nach, wenn sie im fiktiven Dialog mit ihrer afrikanischen Kinderfrau Barbary oder bei der Erinnerung an Jagos Frau Emilia erfährt, dass sie falsche Bilder von den Frauen in ihrem Leben hatte. Die Kinderfrau war nicht Freundin, sondern Sklavin, und Emilia keine Verräterin, sondern eine Frau, die sich ihren Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen suchte.
Desdemona erkennt und erfährt andere Haltungen und Emotionen, und da bei Shakespeare die afrikanische Kinderfrau Barbary erwähnt wird, aber nicht auftritt, reagiert die malinesische Sängerin Rokia Traoré mit ihren Erfahrungen und Emotionen auf Desdemona:
Barfuß, in bodenlangen, schulterfreien Kleidern, in wechselnden Farben wunderbar ausgeleuchtet, so stehen Sängerin und Chor auf der Bühne. Und die Sprecherin der Desdemona wandert von Mikrofon zu Mikrofon, mehr äußere Aktion gibt es nicht. Dieser überzeugende Abend ist eine einzige edle Kunstanstrengung. Peter Sellars musikalisches Schauspiel oder, wie er es nennt, Hörspiel der Träume, kennt in seinem melancholisch getragenem Rhythmus, obwohl er von Mord und Vergewaltigung berichtet, keine Härte oder Extreme, keine Grobheiten und kein ausgestelltes Leiden, sondern nur den poetisch hohen Ton von Toni Morrison und die zart-kräftige Sinnlichkeit von Rokia Traorés Gesang:
Toni Morrisons prägnant kluge Erinnerungs- und Denkmonologe, gesprochen von einer zugleich zurückhaltenden wie kraftvollen Schauspielerin, konfrontiert mit und kommentiert von Liedern einer wunderbaren Sängerin: Das ergibt trotz einiger Längen am Schluss des fast zweistündigen Abends einen zu Recht umjubelten Erfolg.