"Polder 10 - und gleichzeitig Polder AB, wir machen alles auf was wir haben heute. Das sind insgesamt 4450 Hektar, und wenn wir gut stapeln, dann stapeln wir 84 Millionen Kubikmeter rein, das ist ´ne Menge Wasser. Das bringt auf der polnischen Seite richtig Entlastung, wer an der Oder langgefahren ist, der hat polnische Siedlungen gesehen, die mit den Häusern schon mit dem Fuß im Wasser standen. Das bringt richtig was: 20, 30, vielleicht mehr Zentimeter."
Mai 2010, die Oder-Anrainer erleben ein Rekordhochwasser. Matthias Freude, der Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg, lässt die Polder öffnen, um eine Überschwemmung von Wohngebieten zu verhindern. Rekordhochwasser sind die Anwohner der Oder schon fast gewohnt. 2002 hatte es eins gegeben, davor 1997.
Nicht nur die Oder trat im vergangenen Jahr über die Ufer. 2010 war ein Jahr der Wetterextreme - und zwar an vielen Orten rund um den Globus.
"Im vergangenen Jahr 2010 zum Beispiel hatten wir einen der heißesten Sommer seit Menschengedenken. Wir haben erlebt, wie die Menschen Hitzeschocks erlitten haben, Kinder, Babys waren betroffen. Wir hatten im letzten Jahr auch mehr Trockenheit, mit sechs bis sieben Monaten war die Trockenzeit so lang wie selten. Das war wirklich hart für uns,"
… sagt Indi McLymont-Lafayette, Mitarbeiterin der Entwicklungshilfe-Organisation Panos Caribbean aus Jamaica. Das Wetter ist in den letzten Jahren immer mehr aus dem Gleichgewicht geraten, meint auch Isaac Ferrera, Umweltaktivist der Fundación Vida aus Honduras.
"Es ist immer weniger vorhersagbar, wann es regnet und wie viel. Vor ungefähr 20 Jahren hätten wir noch leicht sagen können, dass es zu einer bestimmten Jahreszeit regnet und wir konnten auch ungefähr schätzen, wie viel Regen in dieser oder jener Region herunterkommt. Heute hat sich die Lage sehr verändert."
Über eine ungewöhnliche Trockenheit klagten auch die Menschen in weiten Teilen des Nahen Ostens – auch wenn es dort ohnehin wenig regnet. Nadir al Ansari, Professor für Wasserwirtschaft aus dem Irak, der derzeit in Schweden lehrt:
"Es war staubig, es gab viele Sandstürme und das Leben kam wegen der Stürme und der Trockenheit viele Tage zum Stillstand. Die schützenden Pflanzen waren verdorrt, auch das führte dazu, dass sich in der Luft immer mehr Staub ansammelte."
Ist das schon der Klimawandel? Viele Wetterereignisse rund um den Globus erwecken den Eindruck, dass die weltweite Erwärmung nicht nur begonnen hat, sondern schon heute zu Wetterextremen führt, wie es sie früher nicht gegeben hat. Jedenfalls wird die globale Erwärmung immer dann zum Thema, wenn extremes Wetter Schäden verursacht.
Meteorologen, Klimaforscher und auch Versicherungsmanager beobachten die Entwicklung, sie ziehen daraus allerdings unterschiedliche Schlüsse. 2010 war das Wetter in vielen Teilen der Welt ungewöhnlich, so viel ist klar. Und es war das nach Angaben der US-Weltraumbehörde NASA wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Peter Höppe, der Leiter der Geo-Risikoforschung bei Munich Re, dem größten Rückversicherer der Welt:
"Es gab Wetterrekorde in Russland, Hitzerekorde, dann gab es in Asien die höchste jemals gemessene Temperatur mit 53,5 Grad in Pakistan; im Mai wurde das gemessen, und es gab auch in Los Angeles im September letzten Jahres einen absoluten Temperaturrekord mit 45 Grad Celsius. Also: Es war ein extremes Jahr und wir haben in unserer Naturkatastrophen-Datenbank auch die zweithöchste Anzahl von wetterbedingten Schadenereignissen gezählt."
Doch für diese Häufung extremer Ereignisse gibt es eine Ursache, die auch ohne den Klimawandel zu turbulentem Wetter führt. Für Mojib Latif, Klimaforscher am Institut für Meeresforschung in Kiel, hatte ein Wetterphänomen mit dem Namen La Nina seine Hand im Spiel - eine Abkühlung des äquatorialen Pazifik, die dafür sorgt, dass sich Niederschlagszonen verschieben.
"Das Phänomen selbst war außergewöhnlich stark, aber die Auswirkungen, die sind wahrscheinlich schon etwas durch die globale Erwärmung verstärkt worden, denn man darf nicht vergessen, dass eben gerade die tropischen Ozeane schon etwas wärmer sind als normal, das sind zwar nur ein paar Zehntel Grad, aber dann können eben Auswirkungen eines an sich natürlichen Phänomens ungleich stärker werden, weil die Verdunstung extrem stark bei hohen Temperaturen dann noch mal zunimmt, selbst wenn es eben nur eine geringfügige Erwärmung ist - und das haben wir eben im Indischen Ozean gesehen."
Eine Wetterkatastrophe von gewaltigem Ausmaß erlebte im vergangenen Sommer Pakistan. Der Monsun kam mit einer nie gekannten Intensität, der Indus und seine Nebenflüsse überschwemmten die fruchtbaren Täler. Das Wasser bedeckte zeitweise ein Fünftel der Landesfläche, Millionen Kleinbauern verloren ihre Existenzgrundlage. Die Bilanz der Munich Re kommt auf Schäden im Umfang von neuneinhalb Milliarden US-Dollar - nur 25 Millionen Dollar davon waren versichert. 1750 Menschen verloren ihr Leben, rund 18 Millionen Menschen ihr Obdach.
"Die pakistanische Regierung hat es mit einer Krise von epischen Ausmaßen zu tun. Das ist eine massive Krise, die man sich vorstellen muss, als würden mehrere Hurricanes wie Katrina eine Stadt wie New Orleans und umliegende Dörfer gleich mehrfach treffen. Tausende und Abertausende von Orten sind einfach zu Schlammwüsten geworden."
… schilderte Peter Kessler vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen seine Eindrücke.
Die Wassermassen, die über Pakistan niedergingen, fehlten weiter nördlich: Der europäische Teil Russlands erlebte die schlimmste Hitzewelle seit Menschengedenken. Meteorologen stellten im Juli und August die höchsten Tagestemperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen fest. Gewaltige Waldbrände bedrohten Städte und Dörfer - selbst Atomanlagen im Ural waren gefährdet.
Eine halbe Milliarde Euro kostete den russischen Staat allein die Brandbekämpfung, dazu kamen Ausfälle in der Wirtschaft. Industriebetriebe schränkten wegen der Rauchentwicklung die Produktion ein, die Landwirtschaft verzeichnete einen dramatischen Ernterückgang. 130 Menschen kamen ums Leben, 147 Siedlungen wurden vollständig oder teilweise zerstört.
Und damit nicht genug. Das Jahr 2011 begann für Australien mit einer gewaltigen Überschwemmung - und das nach vielen Jahren, in denen es viel zu wenig geregnet hatte. Auch hier hatte La Nina ihre Hand im Spiel. Neil Roberts, Minister für Krisen und Naturkatastrophen Australiens.
"Das ist eine gewaltige Katastrophe. Der Wiederaufbau wird viele Monate, vielleicht sogar Jahre dauern. Wir müssen nicht nur die gesamte Infrastruktur in der Region reparieren, sondern wir müssen uns darauf konzentrieren, wie wir den Menschen in den kommenden Monaten helfen können, mit dieser extremen Situation fertig zu werden."
Auch Australien muss sich darauf einstellen, dass extreme Wetterereignisse in Zukunft häufiger auftreten werden. Eine Großwetterlage wie im vergangenen Jahr steht erst am Anfang einer Entwicklung, die kaum noch zu stoppen, allenfalls zu verlangsamen ist. Damit rechnet jedenfalls der Klimaforscher Mojib Latif:
"Wir müssen das über längere Zeiträume betrachten. Der Klimawandel, der wird ja so ganz allmählich deutlich, aber: Das war so etwas wie die Blaupause, möchte ich sagen, für den Klimawandel. Das ist genau das, was wir erwarten, was sich in der Zukunft dann eben häufen wird."
Doch auch unabhängig von der weltweiten Erwärmung hat es immer wieder Wetterkatastrophen gegeben. Ob der Klimawandel dieses Mal wirklich schon seine Hand im Spiel hatte und ob Ereignisse im westlichen Pazifik wie "La Nina" wirklich das Klima in Tausenden von Kilometern Entfernung beeinflussen, ist umstritten. Denn bisher hat sich die Erde verglichen mit dem vorindustriellen Zeitalter erst um rund 0,8 Grad erwärmt - angesichts der großen natürlichen Wetterschwankungen ist das noch nicht viel. Zu Vorsicht bei schnellen Schlüssen auf die weltweite Erwärmung rät zum Beispiel Gerhard Müller-Westermeier, Klimaexperte beim Deutschen Wetterdienst.
"Ein kalter Winter unterscheidet sich von einem warmen Winter um an die zehn Grad. Wenn Sie da ein Grad Erwärmung haben, kann eben trotzdem fast alles noch passieren. Also, auch in Zukunft wird es immer noch kalte Winter geben, nur ein bisschen weniger kalt vielleicht und ein bisschen seltener."
Doch daran, dass der Mensch die Erdatmosphäre erwärmt und künftig große Schäden zu erwarten sind, gibt es in der Klimawissenschaft keinen Zweifel mehr. In den Schadensbilanzen der Rückversicherer schlägt sich diese Entwicklung schon heute nieder, sagt Peter Höppe von Munich Re:
"Ja. Wir sehen da einen Zusammenhang, nicht, weil einzelne Extremereignisse wie die Überschwemmungen zum Beispiel in Pakistan oder die Hitzewelle in Russland oder auch die Überschwemmungen, die wir hier bei uns in Ostdeutschland hatten, nicht auch ohne den Klimawandel möglich wären. Aber: Die Statistik, wenn man sie vor allem langjährig betrachtet, und wir haben ja Zeitreihen, die 30, 40 Jahre in die Vergangenheit gehen, dann sehen wir ganz deutlich einen kontinuierlichen Anstieg der Anzahl und auch der Intensitäten dieser Ereignisse."
Und das gelte auch, wenn man andere Faktoren herausrechnet, die ebenfalls die Schadenshöhen nach oben treiben: Der gewachsene Wohlstand gehört dazu, ein immer größerer Anteil der Werte ist auch versichert - und gerade an Meeren und Flüssen haben sich immer mehr Menschen angesiedelt. Der Trend zu häufigeren Schäden betrifft übrigens auch Deutschland, wo wetterbedingte Katastrophen seltener sind als anderswo. Versicherungsmanager Höppe:
"In Deutschland gibt es eine stark zunehmende Anzahl der Schadenereignisse, es sind aber auch sehr viele kleinere Ereignisse dabei. Die teuersten Naturkatastrophen in Deutschland waren bisher die Überschwemmungen in Ostdeutschland, in Sachsen, 2002 mit 11,6 Milliarden Euro Gesamtschaden und der Wintersturm Kyrill 2007 mit etwa vier Milliarden."
Und dieser Trend dürfte sich fortsetzen, auch wenn es nicht möglich ist, einzelne Ereignisse eindeutig auf den Klimawandel zurückzuführen. Hitzewellen, Stürme und Starkniederschläge hat es auch früher schon gegeben, doch sie werden insgesamt häufiger. Möglich sind auch Vorhersagen darüber, wie sich das Klima insgesamt weiter entwickelt, wenn sich die Erde erwärmt. Gerhard Müller-Westermeier:
"Und wenn Sie dann zum Niederschlag gehen, dann gibt es insgesamt mehr Niederschlag, da gibt es ein Gebiet mit Zunahme wieder in den hohen Breiten, weil da einfach durch die höheren Temperaturen mehr Wasserdampf in der Luft sein kann und dann verstärken sich auch die feuchten Tropen, also die Niederschläge in Äquatornähe, ansonsten wandern die Klimazonen ein bisschen vom Äquator in Richtung Norden. Das heißt: In der Mitte der Sahara wird es trocken bleiben, am Südrand der Sahara, in der Sahel-Zone, müsste es feuchter werden, und am Nordrand der Sahara wieder trockener."
Besonders stark ist die Erwärmung in den Polargebieten. In Deutschland ist es heute im Mittel um 1,1 Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif erläutert die Erwartungen für die nächsten Jahrzehnte:
"Die Modelle sagen eben für den Winter vorher, dass hier in Deutschland wir auf jeden Fall weiter mildere Bedingungen bekommen werden trotz der kalten Winter, die wir in den letzten zwei Jahren hatten, nicht in Richtung kalte Winter gehen, nein: Alle Modelle sagen, wir werden deutlich wärmere Winter bekommen.
Für den Sommer wird es einen Zweiklang geben auf der einen Seite mehr Trockenheit, das heißt, der Sommerniederschlag insgesamt wird in vielen Regionen zurückgehen, aber gleichzeitig werden die Starkniederschläge auch zunehmen. Das sind keine Gegensätze, aber zwei Seiten der gleichen Medaille, und diese Medaille heißt eben globale Erwärmung","
… meint Mojib Latif. Auch eine engagierte Klimapolitik wird dies nicht verhindern können - zumal davon derzeit allen Klimagipfeln zum Trotz noch wenig zu spüren ist. Der Ausstoß von Treibhausgasen, die Ursache des Klimawandels, ist seit 1990 um 40 Prozent gestiegen, drei Viertel dieses Anstiegs gehen auf das Konto der vergangenen zehn Jahre. Die Industriestaaten, die sich im Kyoto-Protokoll zur Minderung ihres Ausstoßes um bescheidene fünf Prozent bis 2012 verpflichtet hatten, werden ihre Ziele zwar voraussichtlich erreichen. Doch viele Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien haben ihren CO2-Ausstoß massiv gesteigert, ebenso die USA, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben. Und es ist klar, dass der Trend zu mehr Treibhausgas-Emissionen auch in den nächsten Jahren anhalten wird. Dabei wird selbst eine engagierte Klimapolitik nur langfristig greifen, erwartet Peter Höppe von Munich Re:
""Die Klimamodelle sagen uns ganz klar, dass wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren ganz egal wie wir die Emission von Treibhausgasen reduzieren, mit einem weiteren Fortschreiten des Klimawandels rechnen müssen, das heißt: Wir müssen uns an diese unvermeidbaren Veränderungen anpassen. Wir haben aber noch einen Spielraum, wie das Klima in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts aussehen wird. Wenn wir ambitioniert die CO2-Emissionen senken in den nächsten Jahren, dann könnten wir noch global auf etwa zwei bis zweieinhalb Grad Erwärmung herauskommen. Wenn es so weitergeht wie bisher, dass von Jahr zu Jahr die Emissionen weiter ansteigen, dann können das auch bis zu sechs Grad Celsius werden."
Der UN-Klimagipfel im vergangenen Dezember in Cancun hat sich das Ziel gesetzt, dass die weltweite Durchschnittstemperatur um höchstens zwei Grad steigen soll, doch die Pläne der Industrie- und Schwellenländer zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes reichen bei Weitem noch nicht aus. Christiana Figueres, die Chefin des UN-Klimasekretariats:
"Die Regierungen insgesamt müssen ihre Ambitionen im Umweltschutz erhöhen. Denn die Verpflichtungen, die in den Vereinbarungen von Cancun festgelegt worden sind, kommen nur auf 60 Prozent dessen, was notwendig wäre, um den Anstieg der globalen Temperatur auf höchstens zwei Grad zu begrenzen."
Das Ziel dürfte also deutlich verfehlt werden, wenn die Staatengemeinschaft nicht nachbessert. Zumal die Vereinbarungen von Cancun sich nur auf die Zeit bis 2020 beziehen. Danach muss der Treibhausgas-Ausstoß drastisch sinken - Wissenschaftler verlangen minus 50 bis 80 Prozent bis zum Jahr 2050, um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen. Weitaus größere Schäden als im Extremjahr 2010 sind also vorprogrammiert. Vorsorge tut Not - und sie kann Leben retten. Auch dies lehrt die Erfahrung der jüngsten Vergangenheit. Mojib Latif:
"Nehmen wir nur mal den Vergleich zwischen Pakistan im Sommer 2010 und Australien im letzten Winter. Die Wetterextreme waren ähnlich. In Pakistan sind sehr, sehr viele Menschen ums Leben gekommen, in Australien nicht und da sieht man schon, was Vorsorge eigentlich ausrichten kann."
Doch die Anpassung an den Klimawandel ist teuer. Bis 2020 werden jährlich rund 100 Milliarden US-Dollar gebraucht, um allein Entwicklungsländern bei der Bewältigung des Klimawandels zu helfen - also bei der Begrenzung ihres Treibhausgas-Ausstoßes und vor allem bei der Anpassung an die Folgen der Erwärmung. Es geht nicht nur um höhere Deiche und Schatten spendende Bäume, wo es wärmer wird. In hochwassergefährdeten Gebieten müssen die Menschen schneller evakuiert werden - dies kann im Ernstfall viele Leben retten.
Doch aus manchen Gebieten wird sich der Mensch wohl zurückziehen müssen. Wenn Grönland und die Antarktis abschmelzen und sich das Wasser der Ozeane durch die Erwärmung ausdehnt, steigt der Meeresspiegel - zwar nur langsam, aber Jahrhunderte lang. Für dieses Jahrhundert schwanken die Prognosen zwischen einem halben und fast zwei Metern, doch das ist nur der Anfang. Gerhard Müller-Westermeier vom Deutschen Wetterdienst:
"Auch ein Anstieg von ein, zwei Metern ist natürlich schon kritisch. Dann können Sie eigentlich schon alle Häfen, die nicht irgendwie durch Deiche und Schleusen gesichert sind, aufgeben. Das ist natürlich ein Riesenaufwand, das dann alles anzupassen."
Vor großen Herausforderungen steht vor allem die Landwirtschaft. In Regionen, in denen der Regen knapp wird, wird künstliche Bewässerung erforderlich – mit wassersparenden Techniken, die große Investitionen erfordern. Professor Nadir Al Ansari aus Irak.
"Die Bauern müssen sich an neue Techniken bei der Bewässerung gewöhnen. Im Irak zum Beispiel bewässern sie noch immer über Furchen und das geht nicht mehr, wenn das Wasser so knapp wird. Sie müssen künftig Beregnungsanlagen verwenden, brauchen Tröpfchenbewässerung, und sogar unterirdische Bewässerung, um die Verdunstung zu verringern."
Doch die Anpassung hat ihre Grenzen: Ein Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur um zwei Grad oder etwas mehr wäre noch zu bewältigen, auch wenn die Kosten hoch wären. Forscher schätzen, dass die weltweite Durchschnittstemperatur in diesem Jahrhundert eher um drei bis vier Grad steigen wird, wenn die Klimaschutz-Anstrengungen nicht gesteigert werden. Mojib Latif:
"Man wird sich an den menschengemachten Klimawandel anpassen können, bis zu einem gewissen Grade. Aber: Wenn alles so weitergeht wie bisher, dann werden wir einen ungebremsten Klimawandel bekommen und an den kann man sich eigentlich so gut wie gar nicht mehr anpassen."
Auch wenn der Klimawandel gebremst werden kann - rückgängig zu machen ist er nach heutigen Erkenntnissen nicht. Susan Salomon, Klimaforscherin bei der US-Behörde für Weltraum- und Meeresforschung, hat in Klimamodellen die Langzeit-Folgen des Anstiegs der Treibhausgas-Konzentration in den nächsten Jahrtausenden berechnet.
"Die Temperaturen gehen nie wirklich zurück. In den verschiedenen Modellen bekommt man unterschiedliche Werte, die von der Empfindlichkeit des Klimasystems abhängen. Einige deuten aufgrund von Rückkopplungs-Effekten sogar auf einen weiteren Anstieg der Temperatur hin, wenn die CO2-Konzentration wieder sinkt. Doch in keinem der Modelle gibt es einen deutlichen Rückgang der Temperaturen. Vielleicht sinken sie um ein halbes Grad in tausend Jahren, aber die zwei Grad Erwärmung wird man nicht los. Die Erwärmung bleibt also mit einer Schwankung um plus oder minus einem halben Grad für über tausend Jahre erhalten und das ist doch etwas überraschend."
Folgende Sendungen in DLF und DKultur berichten regelmäßig und ausführlich über unser Klima und die Folgen:
Wissenschaft und Technik
Forschung Aktuell
Wissenschaft im Brennpunkt
Umwelt und Verbraucher
Weiterführende Links zum Thema:
Umweltbundesamt: Themenseite Klimaschutz
UNFCCC - Klimarat der Vereinten Nationen
Deutsches Klimarechenzentrum
Mai 2010, die Oder-Anrainer erleben ein Rekordhochwasser. Matthias Freude, der Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg, lässt die Polder öffnen, um eine Überschwemmung von Wohngebieten zu verhindern. Rekordhochwasser sind die Anwohner der Oder schon fast gewohnt. 2002 hatte es eins gegeben, davor 1997.
Nicht nur die Oder trat im vergangenen Jahr über die Ufer. 2010 war ein Jahr der Wetterextreme - und zwar an vielen Orten rund um den Globus.
"Im vergangenen Jahr 2010 zum Beispiel hatten wir einen der heißesten Sommer seit Menschengedenken. Wir haben erlebt, wie die Menschen Hitzeschocks erlitten haben, Kinder, Babys waren betroffen. Wir hatten im letzten Jahr auch mehr Trockenheit, mit sechs bis sieben Monaten war die Trockenzeit so lang wie selten. Das war wirklich hart für uns,"
… sagt Indi McLymont-Lafayette, Mitarbeiterin der Entwicklungshilfe-Organisation Panos Caribbean aus Jamaica. Das Wetter ist in den letzten Jahren immer mehr aus dem Gleichgewicht geraten, meint auch Isaac Ferrera, Umweltaktivist der Fundación Vida aus Honduras.
"Es ist immer weniger vorhersagbar, wann es regnet und wie viel. Vor ungefähr 20 Jahren hätten wir noch leicht sagen können, dass es zu einer bestimmten Jahreszeit regnet und wir konnten auch ungefähr schätzen, wie viel Regen in dieser oder jener Region herunterkommt. Heute hat sich die Lage sehr verändert."
Über eine ungewöhnliche Trockenheit klagten auch die Menschen in weiten Teilen des Nahen Ostens – auch wenn es dort ohnehin wenig regnet. Nadir al Ansari, Professor für Wasserwirtschaft aus dem Irak, der derzeit in Schweden lehrt:
"Es war staubig, es gab viele Sandstürme und das Leben kam wegen der Stürme und der Trockenheit viele Tage zum Stillstand. Die schützenden Pflanzen waren verdorrt, auch das führte dazu, dass sich in der Luft immer mehr Staub ansammelte."
Ist das schon der Klimawandel? Viele Wetterereignisse rund um den Globus erwecken den Eindruck, dass die weltweite Erwärmung nicht nur begonnen hat, sondern schon heute zu Wetterextremen führt, wie es sie früher nicht gegeben hat. Jedenfalls wird die globale Erwärmung immer dann zum Thema, wenn extremes Wetter Schäden verursacht.
Meteorologen, Klimaforscher und auch Versicherungsmanager beobachten die Entwicklung, sie ziehen daraus allerdings unterschiedliche Schlüsse. 2010 war das Wetter in vielen Teilen der Welt ungewöhnlich, so viel ist klar. Und es war das nach Angaben der US-Weltraumbehörde NASA wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Peter Höppe, der Leiter der Geo-Risikoforschung bei Munich Re, dem größten Rückversicherer der Welt:
"Es gab Wetterrekorde in Russland, Hitzerekorde, dann gab es in Asien die höchste jemals gemessene Temperatur mit 53,5 Grad in Pakistan; im Mai wurde das gemessen, und es gab auch in Los Angeles im September letzten Jahres einen absoluten Temperaturrekord mit 45 Grad Celsius. Also: Es war ein extremes Jahr und wir haben in unserer Naturkatastrophen-Datenbank auch die zweithöchste Anzahl von wetterbedingten Schadenereignissen gezählt."
Doch für diese Häufung extremer Ereignisse gibt es eine Ursache, die auch ohne den Klimawandel zu turbulentem Wetter führt. Für Mojib Latif, Klimaforscher am Institut für Meeresforschung in Kiel, hatte ein Wetterphänomen mit dem Namen La Nina seine Hand im Spiel - eine Abkühlung des äquatorialen Pazifik, die dafür sorgt, dass sich Niederschlagszonen verschieben.
"Das Phänomen selbst war außergewöhnlich stark, aber die Auswirkungen, die sind wahrscheinlich schon etwas durch die globale Erwärmung verstärkt worden, denn man darf nicht vergessen, dass eben gerade die tropischen Ozeane schon etwas wärmer sind als normal, das sind zwar nur ein paar Zehntel Grad, aber dann können eben Auswirkungen eines an sich natürlichen Phänomens ungleich stärker werden, weil die Verdunstung extrem stark bei hohen Temperaturen dann noch mal zunimmt, selbst wenn es eben nur eine geringfügige Erwärmung ist - und das haben wir eben im Indischen Ozean gesehen."
Eine Wetterkatastrophe von gewaltigem Ausmaß erlebte im vergangenen Sommer Pakistan. Der Monsun kam mit einer nie gekannten Intensität, der Indus und seine Nebenflüsse überschwemmten die fruchtbaren Täler. Das Wasser bedeckte zeitweise ein Fünftel der Landesfläche, Millionen Kleinbauern verloren ihre Existenzgrundlage. Die Bilanz der Munich Re kommt auf Schäden im Umfang von neuneinhalb Milliarden US-Dollar - nur 25 Millionen Dollar davon waren versichert. 1750 Menschen verloren ihr Leben, rund 18 Millionen Menschen ihr Obdach.
"Die pakistanische Regierung hat es mit einer Krise von epischen Ausmaßen zu tun. Das ist eine massive Krise, die man sich vorstellen muss, als würden mehrere Hurricanes wie Katrina eine Stadt wie New Orleans und umliegende Dörfer gleich mehrfach treffen. Tausende und Abertausende von Orten sind einfach zu Schlammwüsten geworden."
… schilderte Peter Kessler vom Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen seine Eindrücke.
Die Wassermassen, die über Pakistan niedergingen, fehlten weiter nördlich: Der europäische Teil Russlands erlebte die schlimmste Hitzewelle seit Menschengedenken. Meteorologen stellten im Juli und August die höchsten Tagestemperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen fest. Gewaltige Waldbrände bedrohten Städte und Dörfer - selbst Atomanlagen im Ural waren gefährdet.
Eine halbe Milliarde Euro kostete den russischen Staat allein die Brandbekämpfung, dazu kamen Ausfälle in der Wirtschaft. Industriebetriebe schränkten wegen der Rauchentwicklung die Produktion ein, die Landwirtschaft verzeichnete einen dramatischen Ernterückgang. 130 Menschen kamen ums Leben, 147 Siedlungen wurden vollständig oder teilweise zerstört.
Und damit nicht genug. Das Jahr 2011 begann für Australien mit einer gewaltigen Überschwemmung - und das nach vielen Jahren, in denen es viel zu wenig geregnet hatte. Auch hier hatte La Nina ihre Hand im Spiel. Neil Roberts, Minister für Krisen und Naturkatastrophen Australiens.
"Das ist eine gewaltige Katastrophe. Der Wiederaufbau wird viele Monate, vielleicht sogar Jahre dauern. Wir müssen nicht nur die gesamte Infrastruktur in der Region reparieren, sondern wir müssen uns darauf konzentrieren, wie wir den Menschen in den kommenden Monaten helfen können, mit dieser extremen Situation fertig zu werden."
Auch Australien muss sich darauf einstellen, dass extreme Wetterereignisse in Zukunft häufiger auftreten werden. Eine Großwetterlage wie im vergangenen Jahr steht erst am Anfang einer Entwicklung, die kaum noch zu stoppen, allenfalls zu verlangsamen ist. Damit rechnet jedenfalls der Klimaforscher Mojib Latif:
"Wir müssen das über längere Zeiträume betrachten. Der Klimawandel, der wird ja so ganz allmählich deutlich, aber: Das war so etwas wie die Blaupause, möchte ich sagen, für den Klimawandel. Das ist genau das, was wir erwarten, was sich in der Zukunft dann eben häufen wird."
Doch auch unabhängig von der weltweiten Erwärmung hat es immer wieder Wetterkatastrophen gegeben. Ob der Klimawandel dieses Mal wirklich schon seine Hand im Spiel hatte und ob Ereignisse im westlichen Pazifik wie "La Nina" wirklich das Klima in Tausenden von Kilometern Entfernung beeinflussen, ist umstritten. Denn bisher hat sich die Erde verglichen mit dem vorindustriellen Zeitalter erst um rund 0,8 Grad erwärmt - angesichts der großen natürlichen Wetterschwankungen ist das noch nicht viel. Zu Vorsicht bei schnellen Schlüssen auf die weltweite Erwärmung rät zum Beispiel Gerhard Müller-Westermeier, Klimaexperte beim Deutschen Wetterdienst.
"Ein kalter Winter unterscheidet sich von einem warmen Winter um an die zehn Grad. Wenn Sie da ein Grad Erwärmung haben, kann eben trotzdem fast alles noch passieren. Also, auch in Zukunft wird es immer noch kalte Winter geben, nur ein bisschen weniger kalt vielleicht und ein bisschen seltener."
Doch daran, dass der Mensch die Erdatmosphäre erwärmt und künftig große Schäden zu erwarten sind, gibt es in der Klimawissenschaft keinen Zweifel mehr. In den Schadensbilanzen der Rückversicherer schlägt sich diese Entwicklung schon heute nieder, sagt Peter Höppe von Munich Re:
"Ja. Wir sehen da einen Zusammenhang, nicht, weil einzelne Extremereignisse wie die Überschwemmungen zum Beispiel in Pakistan oder die Hitzewelle in Russland oder auch die Überschwemmungen, die wir hier bei uns in Ostdeutschland hatten, nicht auch ohne den Klimawandel möglich wären. Aber: Die Statistik, wenn man sie vor allem langjährig betrachtet, und wir haben ja Zeitreihen, die 30, 40 Jahre in die Vergangenheit gehen, dann sehen wir ganz deutlich einen kontinuierlichen Anstieg der Anzahl und auch der Intensitäten dieser Ereignisse."
Und das gelte auch, wenn man andere Faktoren herausrechnet, die ebenfalls die Schadenshöhen nach oben treiben: Der gewachsene Wohlstand gehört dazu, ein immer größerer Anteil der Werte ist auch versichert - und gerade an Meeren und Flüssen haben sich immer mehr Menschen angesiedelt. Der Trend zu häufigeren Schäden betrifft übrigens auch Deutschland, wo wetterbedingte Katastrophen seltener sind als anderswo. Versicherungsmanager Höppe:
"In Deutschland gibt es eine stark zunehmende Anzahl der Schadenereignisse, es sind aber auch sehr viele kleinere Ereignisse dabei. Die teuersten Naturkatastrophen in Deutschland waren bisher die Überschwemmungen in Ostdeutschland, in Sachsen, 2002 mit 11,6 Milliarden Euro Gesamtschaden und der Wintersturm Kyrill 2007 mit etwa vier Milliarden."
Und dieser Trend dürfte sich fortsetzen, auch wenn es nicht möglich ist, einzelne Ereignisse eindeutig auf den Klimawandel zurückzuführen. Hitzewellen, Stürme und Starkniederschläge hat es auch früher schon gegeben, doch sie werden insgesamt häufiger. Möglich sind auch Vorhersagen darüber, wie sich das Klima insgesamt weiter entwickelt, wenn sich die Erde erwärmt. Gerhard Müller-Westermeier:
"Und wenn Sie dann zum Niederschlag gehen, dann gibt es insgesamt mehr Niederschlag, da gibt es ein Gebiet mit Zunahme wieder in den hohen Breiten, weil da einfach durch die höheren Temperaturen mehr Wasserdampf in der Luft sein kann und dann verstärken sich auch die feuchten Tropen, also die Niederschläge in Äquatornähe, ansonsten wandern die Klimazonen ein bisschen vom Äquator in Richtung Norden. Das heißt: In der Mitte der Sahara wird es trocken bleiben, am Südrand der Sahara, in der Sahel-Zone, müsste es feuchter werden, und am Nordrand der Sahara wieder trockener."
Besonders stark ist die Erwärmung in den Polargebieten. In Deutschland ist es heute im Mittel um 1,1 Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif erläutert die Erwartungen für die nächsten Jahrzehnte:
"Die Modelle sagen eben für den Winter vorher, dass hier in Deutschland wir auf jeden Fall weiter mildere Bedingungen bekommen werden trotz der kalten Winter, die wir in den letzten zwei Jahren hatten, nicht in Richtung kalte Winter gehen, nein: Alle Modelle sagen, wir werden deutlich wärmere Winter bekommen.
Für den Sommer wird es einen Zweiklang geben auf der einen Seite mehr Trockenheit, das heißt, der Sommerniederschlag insgesamt wird in vielen Regionen zurückgehen, aber gleichzeitig werden die Starkniederschläge auch zunehmen. Das sind keine Gegensätze, aber zwei Seiten der gleichen Medaille, und diese Medaille heißt eben globale Erwärmung","
… meint Mojib Latif. Auch eine engagierte Klimapolitik wird dies nicht verhindern können - zumal davon derzeit allen Klimagipfeln zum Trotz noch wenig zu spüren ist. Der Ausstoß von Treibhausgasen, die Ursache des Klimawandels, ist seit 1990 um 40 Prozent gestiegen, drei Viertel dieses Anstiegs gehen auf das Konto der vergangenen zehn Jahre. Die Industriestaaten, die sich im Kyoto-Protokoll zur Minderung ihres Ausstoßes um bescheidene fünf Prozent bis 2012 verpflichtet hatten, werden ihre Ziele zwar voraussichtlich erreichen. Doch viele Schwellenländer wie Indien, China und Brasilien haben ihren CO2-Ausstoß massiv gesteigert, ebenso die USA, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben. Und es ist klar, dass der Trend zu mehr Treibhausgas-Emissionen auch in den nächsten Jahren anhalten wird. Dabei wird selbst eine engagierte Klimapolitik nur langfristig greifen, erwartet Peter Höppe von Munich Re:
""Die Klimamodelle sagen uns ganz klar, dass wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren ganz egal wie wir die Emission von Treibhausgasen reduzieren, mit einem weiteren Fortschreiten des Klimawandels rechnen müssen, das heißt: Wir müssen uns an diese unvermeidbaren Veränderungen anpassen. Wir haben aber noch einen Spielraum, wie das Klima in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts aussehen wird. Wenn wir ambitioniert die CO2-Emissionen senken in den nächsten Jahren, dann könnten wir noch global auf etwa zwei bis zweieinhalb Grad Erwärmung herauskommen. Wenn es so weitergeht wie bisher, dass von Jahr zu Jahr die Emissionen weiter ansteigen, dann können das auch bis zu sechs Grad Celsius werden."
Der UN-Klimagipfel im vergangenen Dezember in Cancun hat sich das Ziel gesetzt, dass die weltweite Durchschnittstemperatur um höchstens zwei Grad steigen soll, doch die Pläne der Industrie- und Schwellenländer zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes reichen bei Weitem noch nicht aus. Christiana Figueres, die Chefin des UN-Klimasekretariats:
"Die Regierungen insgesamt müssen ihre Ambitionen im Umweltschutz erhöhen. Denn die Verpflichtungen, die in den Vereinbarungen von Cancun festgelegt worden sind, kommen nur auf 60 Prozent dessen, was notwendig wäre, um den Anstieg der globalen Temperatur auf höchstens zwei Grad zu begrenzen."
Das Ziel dürfte also deutlich verfehlt werden, wenn die Staatengemeinschaft nicht nachbessert. Zumal die Vereinbarungen von Cancun sich nur auf die Zeit bis 2020 beziehen. Danach muss der Treibhausgas-Ausstoß drastisch sinken - Wissenschaftler verlangen minus 50 bis 80 Prozent bis zum Jahr 2050, um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen. Weitaus größere Schäden als im Extremjahr 2010 sind also vorprogrammiert. Vorsorge tut Not - und sie kann Leben retten. Auch dies lehrt die Erfahrung der jüngsten Vergangenheit. Mojib Latif:
"Nehmen wir nur mal den Vergleich zwischen Pakistan im Sommer 2010 und Australien im letzten Winter. Die Wetterextreme waren ähnlich. In Pakistan sind sehr, sehr viele Menschen ums Leben gekommen, in Australien nicht und da sieht man schon, was Vorsorge eigentlich ausrichten kann."
Doch die Anpassung an den Klimawandel ist teuer. Bis 2020 werden jährlich rund 100 Milliarden US-Dollar gebraucht, um allein Entwicklungsländern bei der Bewältigung des Klimawandels zu helfen - also bei der Begrenzung ihres Treibhausgas-Ausstoßes und vor allem bei der Anpassung an die Folgen der Erwärmung. Es geht nicht nur um höhere Deiche und Schatten spendende Bäume, wo es wärmer wird. In hochwassergefährdeten Gebieten müssen die Menschen schneller evakuiert werden - dies kann im Ernstfall viele Leben retten.
Doch aus manchen Gebieten wird sich der Mensch wohl zurückziehen müssen. Wenn Grönland und die Antarktis abschmelzen und sich das Wasser der Ozeane durch die Erwärmung ausdehnt, steigt der Meeresspiegel - zwar nur langsam, aber Jahrhunderte lang. Für dieses Jahrhundert schwanken die Prognosen zwischen einem halben und fast zwei Metern, doch das ist nur der Anfang. Gerhard Müller-Westermeier vom Deutschen Wetterdienst:
"Auch ein Anstieg von ein, zwei Metern ist natürlich schon kritisch. Dann können Sie eigentlich schon alle Häfen, die nicht irgendwie durch Deiche und Schleusen gesichert sind, aufgeben. Das ist natürlich ein Riesenaufwand, das dann alles anzupassen."
Vor großen Herausforderungen steht vor allem die Landwirtschaft. In Regionen, in denen der Regen knapp wird, wird künstliche Bewässerung erforderlich – mit wassersparenden Techniken, die große Investitionen erfordern. Professor Nadir Al Ansari aus Irak.
"Die Bauern müssen sich an neue Techniken bei der Bewässerung gewöhnen. Im Irak zum Beispiel bewässern sie noch immer über Furchen und das geht nicht mehr, wenn das Wasser so knapp wird. Sie müssen künftig Beregnungsanlagen verwenden, brauchen Tröpfchenbewässerung, und sogar unterirdische Bewässerung, um die Verdunstung zu verringern."
Doch die Anpassung hat ihre Grenzen: Ein Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur um zwei Grad oder etwas mehr wäre noch zu bewältigen, auch wenn die Kosten hoch wären. Forscher schätzen, dass die weltweite Durchschnittstemperatur in diesem Jahrhundert eher um drei bis vier Grad steigen wird, wenn die Klimaschutz-Anstrengungen nicht gesteigert werden. Mojib Latif:
"Man wird sich an den menschengemachten Klimawandel anpassen können, bis zu einem gewissen Grade. Aber: Wenn alles so weitergeht wie bisher, dann werden wir einen ungebremsten Klimawandel bekommen und an den kann man sich eigentlich so gut wie gar nicht mehr anpassen."
Auch wenn der Klimawandel gebremst werden kann - rückgängig zu machen ist er nach heutigen Erkenntnissen nicht. Susan Salomon, Klimaforscherin bei der US-Behörde für Weltraum- und Meeresforschung, hat in Klimamodellen die Langzeit-Folgen des Anstiegs der Treibhausgas-Konzentration in den nächsten Jahrtausenden berechnet.
"Die Temperaturen gehen nie wirklich zurück. In den verschiedenen Modellen bekommt man unterschiedliche Werte, die von der Empfindlichkeit des Klimasystems abhängen. Einige deuten aufgrund von Rückkopplungs-Effekten sogar auf einen weiteren Anstieg der Temperatur hin, wenn die CO2-Konzentration wieder sinkt. Doch in keinem der Modelle gibt es einen deutlichen Rückgang der Temperaturen. Vielleicht sinken sie um ein halbes Grad in tausend Jahren, aber die zwei Grad Erwärmung wird man nicht los. Die Erwärmung bleibt also mit einer Schwankung um plus oder minus einem halben Grad für über tausend Jahre erhalten und das ist doch etwas überraschend."
Folgende Sendungen in DLF und DKultur berichten regelmäßig und ausführlich über unser Klima und die Folgen:
Wissenschaft und Technik
Forschung Aktuell
Wissenschaft im Brennpunkt
Umwelt und Verbraucher
Weiterführende Links zum Thema:
Umweltbundesamt: Themenseite Klimaschutz
UNFCCC - Klimarat der Vereinten Nationen
Deutsches Klimarechenzentrum