"Das Erstaunliche ist, dass es ja tatsächlich nicht der erste Krieg ist, den wir nach 1945 vor unserer Haustüre erleben und dass wir im Grunde völlig verlernt haben, Sport und Krieg zusammen zu denken", sagt Diethelm Blecking, Sportwissenschaftler, Historiker und Autor. "Wir sind also genau gepolt worden - wahrscheinlich durch unsere post-heroische Volkspädagogik, die wir uns selber verordnet haben. Wir sind gehalten, uns eben genau mit dem Gegenteil, mit Sport und Frieden zu beschäftigen."
Blecking weist darauf hin, dass man schon in den Balkankriegen in den Neunziger Jahren gelernt habe, wie Sport und speziell der Fußball als Brandbeschleuniger wirken könne. Hintergrund ist das Spiel zwischen Dinamo Zagreb und Roter Stern Belgrad, das als ein auslösendes Moment für die Kämpfe gewertet wird und auch die Beteiligung von Hooligans als Söldner im Krieg.
Auch schon früher seien Verbindungen zum Krieg im Sport angelegt. Coubertin etwa habe das Ende des Ersten Weltkriegs mit den Olympischen Spielen begründet. Teilweise fielen die Spiele aber auch wegen Kriegen aus. In Deutschland sei der Zusammenhang zwischen Krieg und Sport nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der Erinnerung an den Holocaust verleugnet worden.
Sport als Systemkonflikt nach dem Zweiten Weltkrieg
Russland betrat die Sportbühne erst so richtig nach dem Zweiten Weltkrieg, erklärt Blecking. Dann sei es auch zum Systemkonflikt geworden. Auf der Weltbühne des Sports habe Russland es dann zur Supermacht gebracht, sage der Osteuropa-Historiker Karl Schlögel.
Die Administration Putin habe die Spiele nun mehrfach als Schatten für einen aggressiven militärischen Akt ausgenutzt und sich generell an keine Regel gehalten. Die Wichtigkeit des Sports sieht Blecking aber auch jetzt noch gegeben:
"Man sollte nicht unterschätzen, was es bedeutet, dass Russland von den meisten sportlichen Aktivitäten ausgeschlossen ist. Es hat eine hohe Bedeutung gehabt, seit 1952, seit der ersten Teilnahme der Sowjetunion an Olympischen Spielen."