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Bleiben oder gehen
Der deutsche Außenhandel warnt

Falls es zum Brexit kommt, ist völlig unklar, wie die EU und Großbritannien in Zukunft miteinander Handel betreiben. Gibt es Abkommen wie mit der Schweiz? Oder ein gemeinsamer Wirtschaftsraum wie mit Norwegen? Oder einfach die Handelsregeln der WTO? Für die deutschen Exporteure ist klar: möglichst keine der Optionen. Sie hoffen, dass der Brexit noch abgewendet wird.

Von Michael Braun |
    Finanzzentrum City of London mit 30 St Mary Axe Hochhaus (the Gherkin)
    Finanzzentrum City of London (Daniel Kalker, dpa picture-alliance)
    Der Brexit ist nicht nur Sache der Briten. Auch die deutsche Wirtschaft mischt sich ein. Die Richtung ist eindeutig: Ein Brexit brächte nur Nachteile. Denn die Verflechtungen seien eng. Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel beschrieb sie heute:
    "Großbritannien ist einer der bedeutendsten Handelspartner Deutschlands. Es ist mit einem Volumen von 89 Milliarden Euro in 2015 unser drittwichtigster Exportmarkt. Es dominieren hier Kraftwagen und Kraftwagenteile sowie chemische und pharmazeutische Güter. In allen wichtigen Warengruppen erzielt Deutschland deutliche Handelsüberschüsse. Jede Einschränkung des Handels trifft daher Deutschland besonders."
    Deutsche Unternehmen haben auf der Insel viel Geld investiert
    Die Chemieindustrie hat schon vorige Woche verbreitet, ein Austritt der Briten aus der EU hätte "spürbar negative Auswirkungen" auf Deutschlands drittgrößte Industriebranche. Im vorigen Jahr nahm der britische Markt chemische und pharmazeutische Produkte für 12,9 Milliarden Euro auf. Das waren 7,3 Prozent aller Exporte. Der Maschinenbauverband ließ heute wissen, ein EU-Austritt Großbritanniens wäre "ein Rückschlag für den Industriestandort Europa". Denn das ohnehin getrübte Investitionsklima würde durch die dann folgende Unsicherheit weiter vergiftet. Die Branche sei natürlich auch selbst betroffen, sagt der Chefvolkswirt des Maschinebauverbandes, Ralph Wiechers, mit Blick auf das Exportvolumen von 7,2 Milliarden Euro im vorigen Jahr:
    "Der Schwerpunkt liegt sicherlich auf dem Export. Und hieran knüpfen natürlich auch unsere eigenen Aktivitäten vor Ort an. Wir haben dort Vertriebs- und Servicestützpunkte, weil wir ja den Export aktiv begleiten. Und dazu kommen natürlich Produktionsstätten. Bei der Fördertechnik und in anderen Bereichen haben wir teils große Produktionsstätten in UK."
    Mehr als 2.500 deutsche Unternehmen betreiben Niederlassungen in Großbritannien. Umgekehrt sind in Deutschland etwa 3.000 britische Unternehmen engagiert. Deutsche Unternehmen haben auf der Insel - Stand 2014 – rund 121 Milliarden Euro direkt investiert, britische Firmen hier ca. 49 Milliarden Euro.
    Das Ifo-Institut rechnet mit einem Wachstumsverlust
    Natürlich bricht das nach einem Brexit nicht alles weg. Schließlich wollten die Briten ihre Insel ja nicht verschließen und auch selbst die Außenwirtschaft am Laufen halten. Darauf weist ohne große Begeisterung Christian Apelt hin, Länderanalyst bei der Helaba:
    "Wenn man einen weitgehenden Zugang gerade bei den Warenexporten behält, das heißt, dass dann sowohl britische Waren in die EU exportiert werden könnten als auch deutsche oder EU-Waren nach Großbritannien, dann wären die wirtschaftliche Folgen, sag ich mal, nicht gravierend, wären vielleicht leicht negativ. Wenn es aber tatsächlich dazu kommen sollte, dass wirklich Zölle erhoben werden, dann würde es natürlich deutsche Produkte verteuern und das wäre schon schlecht für die deutsche Exportwirtschaft, von Autos etc., würde die Waren entsprechend verteuern."
    Es käme mit dem Brexit auf jeden Fall eine Phase von Unsicherheit, wie eng die in 40 Jahren gewachsenen Verbindungen bleiben können. Diese Unsicherheit dürfte schnell dazu führen, dass Investitionen unterbleiben und der Wettbewerb nachlässt. Das Ifo-Institut rechnet mit einem Wachstumsverlust von bis zu drei Prozent für Deutschland, sollten die Briten ziehen wollen.