Im Frühjahr 2003 wird die Ahnung, dass es zum Krieg gegen den Irak kommen wird, zunehmend zur Gewissheit. Die USA versuchen, europäische Staaten für ihre Koalition zu gewinnen, aber Deutschland und Frankreich halten sich auf Distanz. Im Quai d’Orsay, dem französischen Außenministerium, arbeiten Dominique De Villepin und sein Stab fieberhaft daran, eine französische Position zu formulieren.
Hier beginnt die Graphic Novel "Quai d’Orsay – Hinter den Kulissen der Macht". Protagonist der Geschichte ist der Doktorand Arthur, der einen Job als Redenschreiber für Taillard de Vorms annimmt, das fiktionale Pendant des damaligen Außenministers de Villepin. Seine Freundin ist skeptisch.
"- Was wird aus deiner Dissertation?
- De Vorms ist kein politisches Fußvolk. Er ragt über die Masse hinaus.
- Du wirst Schreiber des Pharao.
- Unfug! Wir stehen an der Schwelle zum dritten Weltkrieg. Der Typ hat Feuer. Wahre Leidenschaft."
Aber auch wenn es dem Minister an "wahrer Leidenschaft" nicht fehlt, merkt Arthur nach kurzer Zeit, dass die Zusammenarbeit schwieriger ist als vermutet. Gerade am Anfang fällt es Arthur schwer, in einer Rede De Vorms Vorstellungen in die richtigen Worte zu fassen.
"Das ist es noch nicht. Weit entfernt. Da wartet noch eine Menge Arbeit. Das muss strukturiert werden. Dies ist die einmalige Gelegenheit, der Welt die drei Prinzipien des 21. Jahrhunderts nahezubringen! Verantwortlichkeit, Einheit und Effizienz!"
"Quai d’Orsay" ist witzig getextet, temporeich erzählt und weniger spekulativ als man meinen könnte: Einer der zwei Autoren, der unter dem Pseudonym Abel Lanzac schreibt, war 2003 ein Mitglied von Villepins Stab. Durch ihn bekam auch Co-Autor und Zeichner Christophe Blain das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein:
"Als wir die Geschichte geschrieben haben, mussten wir den größten Teil der Zeit zusammen verbringen, weil er mir die Geschichte vorgespielt hat. Das heißt, er hat die Personen und die Dialoge nachgemacht, wie ein Schauspieler im Theater, und hat mich damit oft richtig zum Lachen gebracht. Und während er das machte, habe ich alles notiert. Dann habe ich den ersten Entwurf des Storyboards gezeichnet, und schließlich haben wir es gemeinsam korrigiert, um die Geschichte so gut wie nur möglich zu erzählen."
Blain und sein Co-Autor folgen voll und ganz der Erzähltradition großer frankobelgischer Comics wie "Tim und Struppi" oder "Gaston". Mit abwechslungsreichen, dynamischen Panels und ausdrucksvoll platzierten Schatten werden Ort und Figuren in "Quai d’Orsay" ab der ersten Seite lebendig. Die Darstellung des Ministeriums ist überspitzt und trotzdem glaubhaft; ein absurdes, hektisches Haifischbecken, in dem ein scharfer Wind weht:
"- Die feuern dich doch nicht, weil du Urlaub genommen hast.
- Ich werde nicht gefeuert. Ich werde zu einem beschissenen Geist in diesem Büro. Ich bin tot. Niemand sagt’s mir ins Gesicht. Es wird nicht mal Vorhaltungen geben. Überhaupt wird mir niemand was sagen. Ich bekomme keine Infos mehr. Was ich auch sage und tue, es wird denen scheißegal sein."
Kein Wunder, dass Lanzac sich Sorgen gemacht hat, was wohl die ehemaligen Kollegen sagen werden; schließlich stellt er sie in "Quai d’Orsay" gründlich bloß. Als moralischer Politiker, der die richtigen Entscheidungen trifft, kommt Villepin zwar sehr gut weg; trotzdem ist sein überzeichnetes Comic-Pendant eine aufbrausende und selbstgefällige Karikatur, die eine ungesunde Begeisterung für Zitatbücher und Textmarker an den Tag legt. Umso erleichterter waren die Autoren daher über das Feedback, sagt Christophe Blain:
"Die Reaktionen waren positiv, weil das Buch Erfolg hatte. Erfolg schützt also vor Kritik. Tatsächlich wollten die Leute aus dem 'Quai d’Orsay' alle im Buch vorkommen. Sie waren stolz darauf, drin zu sein, selbst wenn sie nicht unbedingt sympathisch dargestellt waren. Und Dominique de Villepin war so ehrlich zu sagen, dass das Buch ihn sehr zum Lachen gebracht hat, und dass es ihm umso besser gefallen hat, je mehr wir uns über ihn lustig gemacht haben."
Aber auch ohne Kontroverse war "Quai d’Orsay" ein Erfolg bei französischen Lesern und Kritikern. Während der Comic mit Popkultur-Referenzen an Star Wars, Indiana Jones oder Metallica nur so um sich wirft, verliert die Geschichte nie ihr eigentliches Ziel aus den Augen. Der Leser verfolgt aus nächster Nähe die schwierige Situation Frankreichs im diplomatischen Spannungsfeld zwischen Deutschland und den USA, bis zur historischen Rede, in der der Minister Amerika eine unerwartet schroffe Absage erteilt.
Um zu beurteilen, wo genau die Linie zwischen Fiktion und Wirklichkeit verläuft, hätte man wohl dabei gewesen sein müssen. "Quai d’Orsay" weckt auf jeden Fall den Anschein von Authentizität. Die Geschichte hangelt sich eng an Daten und Fakten entlang, und auch wenn die Namen geändert wurden, Gesicht und Sprechweise von Dominique de Villepin und seinem amerikanischen Gegenüber Colin Powell sind unverwechselbar. Trotzdem war es nicht das Ziel von Christophe Blain und Abel Lanzac, einen skandalträchtigen Enthüllungsroman in Comicform zu schreiben.
"Es ist ein tatsächlich erlebtes Abenteuer. Und das Ziel war es zu zeigen, wie man im Milieu der Mächtigen lebt, und eine echte Geschichte zu erzählen, zu der wir ein kleines bisschen Fiktion hinzugeben. Wir wollten weder etwas enthüllen noch eine Satire schreiben."
Hier beginnt die Graphic Novel "Quai d’Orsay – Hinter den Kulissen der Macht". Protagonist der Geschichte ist der Doktorand Arthur, der einen Job als Redenschreiber für Taillard de Vorms annimmt, das fiktionale Pendant des damaligen Außenministers de Villepin. Seine Freundin ist skeptisch.
"- Was wird aus deiner Dissertation?
- De Vorms ist kein politisches Fußvolk. Er ragt über die Masse hinaus.
- Du wirst Schreiber des Pharao.
- Unfug! Wir stehen an der Schwelle zum dritten Weltkrieg. Der Typ hat Feuer. Wahre Leidenschaft."
Aber auch wenn es dem Minister an "wahrer Leidenschaft" nicht fehlt, merkt Arthur nach kurzer Zeit, dass die Zusammenarbeit schwieriger ist als vermutet. Gerade am Anfang fällt es Arthur schwer, in einer Rede De Vorms Vorstellungen in die richtigen Worte zu fassen.
"Das ist es noch nicht. Weit entfernt. Da wartet noch eine Menge Arbeit. Das muss strukturiert werden. Dies ist die einmalige Gelegenheit, der Welt die drei Prinzipien des 21. Jahrhunderts nahezubringen! Verantwortlichkeit, Einheit und Effizienz!"
"Quai d’Orsay" ist witzig getextet, temporeich erzählt und weniger spekulativ als man meinen könnte: Einer der zwei Autoren, der unter dem Pseudonym Abel Lanzac schreibt, war 2003 ein Mitglied von Villepins Stab. Durch ihn bekam auch Co-Autor und Zeichner Christophe Blain das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein:
"Als wir die Geschichte geschrieben haben, mussten wir den größten Teil der Zeit zusammen verbringen, weil er mir die Geschichte vorgespielt hat. Das heißt, er hat die Personen und die Dialoge nachgemacht, wie ein Schauspieler im Theater, und hat mich damit oft richtig zum Lachen gebracht. Und während er das machte, habe ich alles notiert. Dann habe ich den ersten Entwurf des Storyboards gezeichnet, und schließlich haben wir es gemeinsam korrigiert, um die Geschichte so gut wie nur möglich zu erzählen."
Blain und sein Co-Autor folgen voll und ganz der Erzähltradition großer frankobelgischer Comics wie "Tim und Struppi" oder "Gaston". Mit abwechslungsreichen, dynamischen Panels und ausdrucksvoll platzierten Schatten werden Ort und Figuren in "Quai d’Orsay" ab der ersten Seite lebendig. Die Darstellung des Ministeriums ist überspitzt und trotzdem glaubhaft; ein absurdes, hektisches Haifischbecken, in dem ein scharfer Wind weht:
"- Die feuern dich doch nicht, weil du Urlaub genommen hast.
- Ich werde nicht gefeuert. Ich werde zu einem beschissenen Geist in diesem Büro. Ich bin tot. Niemand sagt’s mir ins Gesicht. Es wird nicht mal Vorhaltungen geben. Überhaupt wird mir niemand was sagen. Ich bekomme keine Infos mehr. Was ich auch sage und tue, es wird denen scheißegal sein."
Kein Wunder, dass Lanzac sich Sorgen gemacht hat, was wohl die ehemaligen Kollegen sagen werden; schließlich stellt er sie in "Quai d’Orsay" gründlich bloß. Als moralischer Politiker, der die richtigen Entscheidungen trifft, kommt Villepin zwar sehr gut weg; trotzdem ist sein überzeichnetes Comic-Pendant eine aufbrausende und selbstgefällige Karikatur, die eine ungesunde Begeisterung für Zitatbücher und Textmarker an den Tag legt. Umso erleichterter waren die Autoren daher über das Feedback, sagt Christophe Blain:
"Die Reaktionen waren positiv, weil das Buch Erfolg hatte. Erfolg schützt also vor Kritik. Tatsächlich wollten die Leute aus dem 'Quai d’Orsay' alle im Buch vorkommen. Sie waren stolz darauf, drin zu sein, selbst wenn sie nicht unbedingt sympathisch dargestellt waren. Und Dominique de Villepin war so ehrlich zu sagen, dass das Buch ihn sehr zum Lachen gebracht hat, und dass es ihm umso besser gefallen hat, je mehr wir uns über ihn lustig gemacht haben."
Aber auch ohne Kontroverse war "Quai d’Orsay" ein Erfolg bei französischen Lesern und Kritikern. Während der Comic mit Popkultur-Referenzen an Star Wars, Indiana Jones oder Metallica nur so um sich wirft, verliert die Geschichte nie ihr eigentliches Ziel aus den Augen. Der Leser verfolgt aus nächster Nähe die schwierige Situation Frankreichs im diplomatischen Spannungsfeld zwischen Deutschland und den USA, bis zur historischen Rede, in der der Minister Amerika eine unerwartet schroffe Absage erteilt.
Um zu beurteilen, wo genau die Linie zwischen Fiktion und Wirklichkeit verläuft, hätte man wohl dabei gewesen sein müssen. "Quai d’Orsay" weckt auf jeden Fall den Anschein von Authentizität. Die Geschichte hangelt sich eng an Daten und Fakten entlang, und auch wenn die Namen geändert wurden, Gesicht und Sprechweise von Dominique de Villepin und seinem amerikanischen Gegenüber Colin Powell sind unverwechselbar. Trotzdem war es nicht das Ziel von Christophe Blain und Abel Lanzac, einen skandalträchtigen Enthüllungsroman in Comicform zu schreiben.
"Es ist ein tatsächlich erlebtes Abenteuer. Und das Ziel war es zu zeigen, wie man im Milieu der Mächtigen lebt, und eine echte Geschichte zu erzählen, zu der wir ein kleines bisschen Fiktion hinzugeben. Wir wollten weder etwas enthüllen noch eine Satire schreiben."