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Blockchain Stories
#8 Computerspiele neu gedacht

Blockchain in Computerspielen - dort würde man die Technologie nicht vermuten. Diese Gamedesignerszene ist zwar überschaubar, will die digitale Spielewelt aber mit neuen Ideen bereichern: So könnten die Nutzer virtuelle Welten mit eigenen Entwürfen erweitern. Ein Blick in die Zukunft des Zockens.

Von Christian Schiffer |
    Der Spieler blickt auf zwei Protagonisten aus dem Computerspiel "Chainbreakers". Vor ihm ist ein Tisch, auf dem zwei kostbare Äxte liegen.
    Das Computerspiel "Chainbreakers" nutzt die Blockchain-Technologie: Gegenstände, die man in dem Spiel besitzt, werden auf der Blockchain gespeichert (Qwellcode)
    2017, Anfang Dezember: Die noch relativ neue Kryptowährung Ethereum boomt. Der Kurs hat sich in den letzten Monaten vervielfacht. Anders als Bitcoin will Ethereum aber nicht nur eine schnöde Kryptowährung sein: Die Funktionalität dieser Blockchain soll weit mehr umfassen, allen voran sogenannte Smart Contracts, die irgendwann die ollen Verträge auf Zellstoffbasis ablösen sollen. Ethereum, so viel scheint klar, könnte zur Infrastruktur eines neuen Netzes werden, zu einem Internet 3.0, das sicherer, bequemer, effizienter ist als das Internet 2.0 und das Wirtschaft und Gesellschaft revolutioniert. Doch dann ...
    Angriff der Krypto-Katzen
    ... Doch dann tummeln sich auf der Ethereum-Blockchain plötzlich vor allem niedliche Katzen. Katzen mit denen man eigentlich nicht viel machen kann. Man kann sie nicht streicheln, man kann sie nicht füttern, man kann nicht mit ihnen spielen, jedes 90er-Jahre-Tamagotchi ist spielerisch interessanter. Aber: Man kann die Katzen kaufen, verkaufen und züchten; seltene Katzen sind wertvoll, sehr wertvoll sogar. Schon bald gibt jemand für eine Blockchain-Katze mit dem Namen Cat#18 umgerechnet schlappe 111.000 Dollar aus. Später irgendwann wird jemand sogar 170.000 Dollar für Dragon ausgeben, eine Kryptokatze mit, nun ja, einem Drachenschwanz. Doch der Erfolg bringt auch Probleme mit sich, sagt Rene Schmidt, der bei Qwellcode arbeitet, einer Firma, die Spiele für die Blockchain programmiert:
    "Ich glaube, das war das allererste Mal, dass die Ethereum-Blockchain komplett am Limit war. In dem Moment, in dem Cryptokitties auf die Community übergeschlagen ist und alle Leute das benutzt haben, war das Ethereum-Netzwerk einfach noch nicht groß genug, um da hinterher zu kommen. Ich erinnere mich da noch dran, das war im Dezember 2017, und hat den Entwicklern im Prinzip aufgezeigt, dass noch viel Skalierbarkeits-Arbeit notwendig ist."
    "Fuck Cats", heißt es damals, die Blockchain-Katzen führen zu Streit auf Reddit, denn sie verstopfen die Blockchain. Weil so viele Leute Ethereum benutzen, um Katzen zu züchten, stecken bald 30.000 Transaktionen in der Warteschleife fest. Das noch blutjunge Web 3.0 leidet schon an einer Art Arteriosklerose, hervorgerufen durch ein nicht mal besonders aufregendes Computerspiel.
    Eine überschaubare Community an Blockchain-Spiele-Entwicklern
    Heute ist das Ethereum-Netzwerk leistungsstärker und lässt sich nicht mehr von ein paar süßen Kryptokatzen in die Knie zwingen. Trotzdem ist der Ethereum-Kurs in sich zusammengefallen, der Boom ist vorbei, aber auf der ganzen Welt überlegen sich Gamedesigner, wie sie die Blockchain für neue Spielerfahrungen nutzen können. Die Szene ist nicht besonders groß, sagt Rene Schmidt, vielleicht 5.000 Leute arbeiten weltweit an Blockchain-Spielen, auf Konferenzen sieht er oft die gleichen Gesichter. Das Thema stecke noch in den Kinderschuhen, habe aber Potenzial. Er selbst arbeitet mit seinem Team an "Chainbreakers", einem Virtual-Reality-Strategie-Rollenspielmix in einem Fantasy-Szenario. Und wie es für solche Spiele üblich ist, kann man die eignen Figuren mit Gegenständen ausstatten, etwa einem scharfen Schwert oder einem kleidsamen Hut. Und hier kommt dann die Blockchain ins Spiel:
    "Und diese Gegenstände, die man in dem Spiel besitzt, werden auf der Blockchain gespeichert. Ist eine andere Komponente, die wiederum dann eher in unserem Spiel verkettet ist. Und diese Gegenstände gehören dem Nutzer auf einer Blockchain-Datenbank und können außerhalb von unserem Spiel verkauft werden, weitergehandelt werden, ohne dass wir als Unternehmen etwas dagegen tun können. Sprich: Die Spieler, beziehungsweise Investoren, die virtuelle Gegenstände gekauft haben, können diese Gegenstände extrem liquide hin- und hertauschen und sind nicht darauf angewiesen, dass unsere Server online sind, was dem Ganzen nochmal einen besonderen Wert gibt."
    Das scharfe Schwert oder der kleidsame Hut, gehören dem Spieler also selbst und könnten theoretisch sogar in anderen Spielen benutzt werden. Hier kommt zwei grundlegende Fähigkeit der Blockchain zum Tragen. Zum einen, virtuelle Güter einzigartig und nicht replizierbar zu machen. Und zum anderen, zentrale Instanzen auszuschalten, sagt Markus Grundmann, der als Spieleredakteur für die Seite Eurogamer schreibt:
    "Wenn wir sehen, wie Spiele heute online laufen, dass ist das hauptsächlich auf sehr festen Pfaden, nämlich auf Servern. Und meines Erachtens bietet die Blockchain jetzt die Chance, dass sich Spiele davon entfernen und weitaus dezentraler organisieren insgesamt. Das hätte zum Beispiel den Vorteil, dass einzelne Leute, die ein Spiel spielen, dem eben Inhalte hinzufügen können unter Umständen, die so von keinem Programmierer vorgesehen waren."
    Dezentrale Spiele-Server
    So wie die Blockchain Banken, Notare oder Grundbucheinträge überflüssig machen soll, könnten auch bei Online-Spielen zentrale Server irgendwann der Vergangenheit angehören. Aber das könnte auch zu Problemen führen, meint Markus Grundmann:
    "Ich sehe gleichzeitig die Gefahr, was aber zugleich die größte Chance ist, dass die Blockchain nicht kontrollierbar ist. Es gibt eigentlich niemanden, der dann davor schützen kann, dass Leute zum Beispiel verfassungsfeindliche Inhalte mit ins Spiel bringen zum Beispiel."
    Spiele auf der Blockchain könnten also vor ähnlichen Problemen stehen, wie viele andere Blockchain-Anwendungen auch, man denke nur an den Bitcoin. Und so könnte die neue Freiheit auch dazu genutzt werden, um Schlimmeres damit anzustellen, als beispielsweise süße kleine Katzen zu züchten.