Die Experten bei der Online-Sendung "This week in Tech" sind sich noch nicht so ganz einig, wie sie das Ganze benennen sollen: "Blockokalypse" oder "Blockapalooza", aber die Fakten sind klar: Wenn nach der großen iPhone-Präsentation die neuen Geräte auf den Markt kommen, erscheint etwa zeitgleich auch die nächste Version von Apples mobilem Betriebssystem iOS - und diese Version 9 unterstützt erstmals den einfachen Einsatz von Werbeblockern. Das sind Dienste, die aus Webseiten, die der Nutzer besucht, nahezu sämtliche Werbung herausfiltern. Die Seite lädt schneller und sieht deutlich entschlackt aus. Klingt erst mal verlockend - doch natürlich sind Anzeigen, die keiner sieht, eigentlich sinnlos.
Damit geht den Autoren vieler Webseiten, also Journalisten und Bloggern, langfristig eine wichtige Einnahmequelle verloren. Steve Kovac vom Technikportal "Tech Insider" kann es deshalb nicht ausstehen, wenn seine Leser Werbeblocker einsetzen.
"Da ist fast wie Diebstahl: Ich muss auch was essen, ich bin Dienstleister und produziere hier Super Inhalte - und wenn ein paar Anzeigen Dich stören, dann bezahl' uns dafür."
Werbung funktioniert
Werbefinanzierte Inhalte sind eines der wenigen Geschäftsmodelle für Webseiten, die zumindest einigermaßen funktionieren. Zwar gibt es Werbeblocker für Windows und für diverse Browser schon länger. Aber wenn Apple sich des Themas annimmt, könnte es deutlich einfacher für die Nutzer werden, solche Blocker zu installieren. iPhones, iPads und Macs, die die Funktion ebenfalls erhalten sollen, könnten wie schon in anderen Bereichen zuvor eine Art Dominoeffekt in der Branche auslösen, sodass andere Hersteller nachziehen und Werbeblocker in ähnlicher Weise unterstützen.
Es gibt eine Untersuchung, wonach 200 Millionen Nutzer weltweit schon jetzt Werbung ausblenden - und die Zahl ist demnach in den vergangenen zwölf Monaten um 40 Prozent gestiegen. Allerdings stammt diese Studie von Pagefair, einer Firma, die ihrerseits Lösungen verkauft, um Werbeblocker wirkungslos zu machen. Das zeigt aber, wie vermint das Terrain ist: Es geht um viel Geld - und um eine Art Aufrüstungsspirale zwischen den Nutzern auf der einen und den Werbetreibenden auf der anderen Seite, wie Technik-Journalistin Georgia Dow vom Portal iMore erklärt:
"Die Anzeigen im Netz sind immer unausstehlicher geworden. Sie blinken, spielen Töne oder Videos ab - damit haben die Werbetreibenden eine Art Gesellschaftsvertrag gebrochen. Auch auf meiner Seite gibt es Werbung, aber ich kann verstehen, wenn die Leute sagen: Es ist inzwischen einfach zu viel."
Apple gegen Google
Die Frage ist nur, welches Ziel Apple mit dem Schritt verfolgt. Geht es um die Interessen der Nutzer? Schließlich hatte Apple sich in jüngster Zeit immer Mal wieder als besonders sensibel in Sachen Datenschutz präsentiert - und sich damit unter anderem gegen Google in Stellung gebracht. Google betreibt neben seiner Suchmaschine das größte Verteilsystem für Werbung im Netz - 40 Prozent des gesamten weltweiten Budgets für Online-Werbung werden über Google gebucht. Jason Hiner, Chefredakteur der Seite "Tech Republic", vermutet deshalb noch ein anderes Motiv bei Apple:
"Sie wollen alle in Richtung Apps bewegen: Alle Webseitenbetreiber sollen Apps programmieren, und dort können sie dann auch auf dem iPhone Werbung einblenden. Aber bei dieser Werbung verdient Apple mit - im Gegensatz zu Anzeigen im Web, wo Google den größten Gewinn macht. Darum geht es bei der ganzen Sache."
Apple selbst hat sich zum Thema bislang noch nicht geäußert. Es könnte aber sein, dass Firmenchef Tim Cook demnächst ein paar Anrufe von ziemlich erbosten Chefredakteuren und Zeitungsverlegern bekommt.