An diesem Tag wurden in der nordirischen Stadt Derry bei einer Demonstration für Bürgerrechte und gegen die Internment-Politik der britischen Regierung 13 Menschen von britischen Fallschirmjägern erschossen.
"Mein Bruder Michael wurde ermordet. 13 andere ebenso. Und 14 weitere sollten auch ermordet werden. Das muss die britische Regierung anerkennen: Bloody Sunday war Mord."
John Kelly, eines von zwölf Geschwistern, war am 30. Januar 1972 auch in der Bogside, dem Katholikenviertel von Derry, an der Demonstration gegen die Masseninternierung mutmaßlicher Terroristen beteiligt.
Der inzwischen 58-Jährige, der damals in einer Fabrik für Tonbandgeräte arbeitete, deutet um sich: Hier sind die Leute gestorben. Rund 30 Soldaten des britischen Fallschirmjägerregiments stürmten damals mit entsicherten automatischen Gewehren in die Bogside, eine gute halbe Stunde später war alles vorbei.
Die Mehrheit der Opfer, erzählt Kelly, wurde von hinten oder von der Seite angeschossen, also auf der Flucht. Die britische Regierung sah das anders.
Von Anfang an behauptete sie, die Armee habe Bombenleger und Heckenschützen getötet – obwohl kein einziger Soldat auch nur einen Kratzer abgekriegt hatte. Diese Darstellung wurde drei Monate später amtlich, als der höchste Richter von England, Lord Widgery, davon ausging, dass militärische Zeugen die Wahrheit sprachen.
Widgery habe bloß Persilscheine ausgestellt: Er schützte die Mörder und verurteilte die Unschuldigen. Die damals geschlagenen Wunden sind noch kaum verheilt, obwohl die Welt schon längst begriffen hat, dass am Bloody Sunday unbewaffnete Demonstranten willkürlich, womöglich sogar absichtlich, getötet wurden. Doch die Angehörigen der Opfer ließen nicht locker: Vor neun Jahren erhielten sie ein neues Tribunal unter Lord Saville; sein Schlussbericht wird in etwa einem Jahr erwartet.
Die lange verspätete und verweigerte Genugtuung ist wichtig, und sei es auch nur aus Prinzip. Denn die Bogside ist eine eigene kleine Welt.
Während unseres Rundgangs unterbricht John Kelly seine Erinnerungen mehrfach, um Passanten zu grüßen. Die meisten, so stellt sich heraus, sind irgendwie mit den Opfern von Bloody Sunday verwandt. Die Familien waren groß, damals, und es gab ja bloß etwa 30.000 Katholiken in Derry. Das reichte allerdings, um die lokale Mehrheit zu bilden. Alle Schilderungen von Augenzeugen von Bloody Sunday sind gespickt mit Namen, derart vertraut sind die Akteure geblieben. Michael McKinney, dessen Bruder William damals ebenfalls erschossen wurde, bestätigt das:
"Alle kannten sich, es war ja eine kleine Gegend. "
Die Bogside ist gewissermaßen zu einem Schrein für die Opfer geworden, zu einem Denkmal der Andersartigkeit. Letzte Woche wurde ein neues Museum eröffnet. Schwerpunkt: Bloody Sunday. Adrian Kerr ist der Kurator:
Derry habe sich noch nicht von Bloody Sunday erholt, diese Ereignisse hätten die Stadt geformt, viel mehr als die Kolonialisierung im 17. Jahrhundert. Das Museum erzählt die Geschichte der Augenzeugen, aber mit einem dissidenten Unterton, obwohl sich diese Lesart schon längst durchgesetzt hat. Manchmal erhält man den Eindruck, dass die Nordiren nicht loslassen wollen, trotz Friedensschluss, Entwaffnung und nun der Einigung über die Polizei; sie merken nicht, wenn sie gewonnen haben.
"Mein Bruder Michael wurde ermordet. 13 andere ebenso. Und 14 weitere sollten auch ermordet werden. Das muss die britische Regierung anerkennen: Bloody Sunday war Mord."
John Kelly, eines von zwölf Geschwistern, war am 30. Januar 1972 auch in der Bogside, dem Katholikenviertel von Derry, an der Demonstration gegen die Masseninternierung mutmaßlicher Terroristen beteiligt.
Der inzwischen 58-Jährige, der damals in einer Fabrik für Tonbandgeräte arbeitete, deutet um sich: Hier sind die Leute gestorben. Rund 30 Soldaten des britischen Fallschirmjägerregiments stürmten damals mit entsicherten automatischen Gewehren in die Bogside, eine gute halbe Stunde später war alles vorbei.
Die Mehrheit der Opfer, erzählt Kelly, wurde von hinten oder von der Seite angeschossen, also auf der Flucht. Die britische Regierung sah das anders.
Von Anfang an behauptete sie, die Armee habe Bombenleger und Heckenschützen getötet – obwohl kein einziger Soldat auch nur einen Kratzer abgekriegt hatte. Diese Darstellung wurde drei Monate später amtlich, als der höchste Richter von England, Lord Widgery, davon ausging, dass militärische Zeugen die Wahrheit sprachen.
Widgery habe bloß Persilscheine ausgestellt: Er schützte die Mörder und verurteilte die Unschuldigen. Die damals geschlagenen Wunden sind noch kaum verheilt, obwohl die Welt schon längst begriffen hat, dass am Bloody Sunday unbewaffnete Demonstranten willkürlich, womöglich sogar absichtlich, getötet wurden. Doch die Angehörigen der Opfer ließen nicht locker: Vor neun Jahren erhielten sie ein neues Tribunal unter Lord Saville; sein Schlussbericht wird in etwa einem Jahr erwartet.
Die lange verspätete und verweigerte Genugtuung ist wichtig, und sei es auch nur aus Prinzip. Denn die Bogside ist eine eigene kleine Welt.
Während unseres Rundgangs unterbricht John Kelly seine Erinnerungen mehrfach, um Passanten zu grüßen. Die meisten, so stellt sich heraus, sind irgendwie mit den Opfern von Bloody Sunday verwandt. Die Familien waren groß, damals, und es gab ja bloß etwa 30.000 Katholiken in Derry. Das reichte allerdings, um die lokale Mehrheit zu bilden. Alle Schilderungen von Augenzeugen von Bloody Sunday sind gespickt mit Namen, derart vertraut sind die Akteure geblieben. Michael McKinney, dessen Bruder William damals ebenfalls erschossen wurde, bestätigt das:
"Alle kannten sich, es war ja eine kleine Gegend. "
Die Bogside ist gewissermaßen zu einem Schrein für die Opfer geworden, zu einem Denkmal der Andersartigkeit. Letzte Woche wurde ein neues Museum eröffnet. Schwerpunkt: Bloody Sunday. Adrian Kerr ist der Kurator:
Derry habe sich noch nicht von Bloody Sunday erholt, diese Ereignisse hätten die Stadt geformt, viel mehr als die Kolonialisierung im 17. Jahrhundert. Das Museum erzählt die Geschichte der Augenzeugen, aber mit einem dissidenten Unterton, obwohl sich diese Lesart schon längst durchgesetzt hat. Manchmal erhält man den Eindruck, dass die Nordiren nicht loslassen wollen, trotz Friedensschluss, Entwaffnung und nun der Einigung über die Polizei; sie merken nicht, wenn sie gewonnen haben.