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Bluthochdruck und Diabetes-Typ-2
Volkskrankheiten haben oft gemeinsame Ursachen

In Deutschland sind rund sechs Millionen Menschen an Typ-2-Diabetes erkrankt, schätzungsweise 20 bis 30 Millionen leiden unter Bluthochdruck. Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, dass beide Volkskrankheiten enger zusammenhängen als bisher vermutet.

Von Christiana Sartori |
    Blutdruckmessung an einem Arm.
    Adipositas, Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes sind Volkskrankheiten (dpa/picture alliance/Ismo Pekkarinen)
    Die erste Gemeinsamkeit ist offensichtlich: Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck sind Volkskrankheiten, das heißt sie betreffen viele Menschen in Deutschland: An Diabetes Typ 2 leiden hier mehr als sechs Millionen Menschen und etwa 20 bis 30 Millionen haben einen erhöhten Blutdruck. Viele haben beides gleichzeitig, sagt Professor Walter Zidek, Direktor der medizinischen Klinik 4 der Charité in Berlin.
    "Sie treten sehr häufig zusammen auf. Sie sind sozusagen ein Geschwisterpaar könnte man fast sagen. Man bezeichnet das als metabolisches Syndrom, das Zusammentreffen dieser Erkrankungen."
    Das liegt unter anderem daran, dass manche Ursachen für beide Krankheiten die gleichen sind, erklärt Professor Monika Kellerer, ärztliche Direktorin am Zentrum für Innere Medizin am Marienhospital in Stuttgart.
    "Da gibt es eben auch manche Querverbindungen in der Entstehung von beiden Erkrankungen, beispielsweise bei dem Thema falsche Ernährung, bei dem Thema Bewegungsmangel oder Adipositas. Das sind alles Faktoren, die sowohl den Diabetes Typ 2, als auch den Bluthochdruck fördern."
    Mögliche gegenseitige Verstärkung
    Inzwischen vermuten Wissenschaftler und Ärzte außerdem, dass Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck sich gegenseitig verstärken. Dabei ist noch nicht eindeutig geklärt, wer zuerst da ist: Das Problem mit dem Zucker-Stoffwechsel oder der erhöhte Blutdruck. Walter Zidek beschreibt den Zusammenhang genauer:
    "Wir beobachten allerdings auch häufig, dass der Bluthochdruck einige Jahre früher entsteht als der Diabetes. Das mag damit zusammenhängen, dass die Gefäßschädigung durch den Bluthochdruck dann auch dazu führt, dass bestimmte Organe schlechter durchblutet werden und dann auch schlechter den Zucker verstoffwechseln können."
    Es gibt aber auch Patienten, bei denen zuerst ein Typ-2-Diabetes vorliegt und später erst der Blutdruck steigt. Es bleibt also derzeit ein Henne-Ei-Rätsel. Aber: Anscheinend gibt es etwas, das noch viel früher auftritt, fasst Monika Kellerer die aktuelle Forschung zusammen:
    "Eine wesentliche Rolle, die vielleicht noch viel weiter zurückgeht als Bluthochdruck oder Diabetes, oder was noch früher kommt, ist oft die zentrale Adipositas."
    Fett im Bauchraum fördert Diabetes und Bluthochdruck
    Zentrale Adipositas, dieser Begriff beschreibt, wo das überschüssige Fett sich befindet: in Bauchraum. Im Gegensatz zu anderen Fettablagerungen fördert Fett im Bauchraum Diabetes und Bluthochdruck. Ebenso wie Fettablagerungen in der Leber.
    "Man hat einige Kenntnisse dazu, dass diese Fettzellen im Bauchraum oder auch das Fett in der Leber bestimmte Botenstoffe aussenden, sogenannte Adipokine und diese Botenstoffe haben wiederum negativen Einfluss auf das Gefäßsystem, haben aber auch negativen Einfluss auf die Insulin Empfindlichkeit und sie können so im Gefäßsystem Bluthochdruck fördern oder eben durch die Herabsetzung der Insulin Empfindlichkeit auch Diabetes fördern."
    Zwei Krankeiten, ein Medikament?
    Ursachen, Risikofaktoren und Mechanismen von Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck hängen also eng zusammen – da scheint es nur naheliegend, dass auch die Behandlung kombiniert wird. Eine neue Klasse von Medikamenten weckt da große Hoffnungen. Walter Zidek:
    "Es gibt in der letzten Zeit auch Neuentwicklungen von Diabetes-Medikamenten, die gleichzeitig den Blutdruck senken. Das sind Medikamente, die die Rückresorption von Zucker und auch Natrium in der Niere hemmen und dadurch eine vermehrte Ausschwemmung verursachen und möglicherweise über diesen Mechanismus, vielleicht aber auch andere Mechanismen gleichzeitig Blutdruck senken und den Diabetes bekämpfen."
    Anfängliche Befürchtungen, dass diese Medikamente die Niere schädigen könnten, haben aktuelle Studien widerlegt. So scheint der Zusammenhang der beiden Volkskrankheiten sich nun auch in der Behandlung fortzusetzen.