Eckpunkte für eine Bundesnachrichtendienst-Reform und zugleich eine Reform der Aufsicht durch das Parlament sind es, auf die sich die beiden Verhandler Burkhard Lischka, SPD, und Clemens Binninger, CDU, nun für ihre Fraktionen geeinigt haben: ein ständiger Geheimdienstbeauftragter mit bis zu 20 Mitarbeitern soll das Parlament in seiner Kontrolle unterstützen, EU-Bürger und Institutionen im Regelfall vor einer Überwachung durch den BND geschützt werden - und damit einhergehend sollen die Rechtsgrundlagen des deutschen Auslandsgeheimdienstes überarbeitet werden, der BND künftig eng ans Auftragsprofil der Bundesregierung gebunden werden.
In den vergangenen Tagen war herausgekommen, dass der BND auch mit eigenen Zielbeschreibungen, den sogenannten Selektoren, den französischen Außenminister, europäische Firmen oder EU-Vertretungen auszuspähen versucht haben soll. Ausspähen unter Freunden, das sei für die BND-Mitarbeiter bislang eben nicht klar unzulässig gewesen, so der SPD-Politiker Burkhard Lischka:
"Das war insofern schwer zu verstehen, als dass bisher eigentlich alles erlaubt gewesen ist von den gesetzlichen Grundlagen her. Soweit es sich nicht um Deutsche gehandelt hat, waren eigentlich alle Menschen vogelfrei."
"Zum Abschuss freigegeben" hatte das ein BND-Zeuge im NSA-Untersuchungsausschuss genannt. Erst im Zuge von Nachforschungen durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses und des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste war das Verhalten des BND dem Parlament bekannt geworden.
Zugeständnis der Union
Doch wann genau BND-Spitze und das Kanzleramt als Aufsichtsbehörde wie viel über die Selektorenproblematik, aber auch über andere problematische Entwicklungen beim BND wussten, ist derzeit noch offen. Burkhard Lischka kündigte gegenüber diesem Sender an:
"Da haben wir vor in dem Gesetzentwurf beispielsweise zu regeln, dass künftig größere Projekte und Maßnahmen durch den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes angeordnet und durch das Kanzleramt genehmigt werden müssen und wenn jemand dagegen verstößt, dann kann man ihm vorwerfen dass er rechtswidrig gehandelt hat und das ist, hoffe ich, dann durchaus ein Rücktrittsgrund."
Damit hat die SPD dem Koalitionspartner ein deutliches Zugeständnis abgerungen: Noch vor wenigen Tagen wollte die Union die Rechtsgrundlagen der BND-Arbeit selbst im Kern nicht neufassen - nun soll, nach den neuesten Enthüllungen, auch das Kanzleramt in die Gespräche involviert gewesen sein.
Der Opposition gehen die angekündigten Maßnahmen indes nicht weit genug. Die Linke, die erst gestern einen eigenen Entwurf für eine bessere Nachrichtendienstkontrolle im Bundestag debattieren ließ, fürchtet gar eine Einschränkung der Minderheitenrechte in den Kontrollgremien durch die geplante Einsetzung eines ständigen Beauftragten - und fordert mehr Befugnisse für die Parlamentarier.
Grüne wollen Sanktionen einführen
Die kleinste Fraktion im Bundestag, die Grünen, begrüßt zwar, dass die Koalition Reformen anstrebt. Doch die Vorschläge seien viel zu klein geraten, so Hans-Christian Ströbele, der für die Grünen im Kontrollgremium sitzt. Er fordert, dass die Aussagen von Geheimdienstlern und Kanzleramt im Parlamentarischen Kontrollgremium aufgezeichnet werden müssen:
"Wir müssen Sanktionen einführen für unvollständige und falsche Angaben und vor allem für bewusstes Lügen. Das ist ja heutzutage folgenlos. Und ich hab gerade im Nachgang zu den Snowden-Enthüllungen in den zahlreichen Sitzungen und Sondersitzungen die wir hatten jetzt nachträglich festgestellt dass vieles von dem, was uns da aufgetischt wurde und gesagt worden ist ganz einfach nicht stimmte, sondern falsch war, also gelogen war."
Ströbele kündigte an, dass die Grünen sowohl für eine Reform der Aufsicht als auch für eine Reform der BND-Rechtsgrundlagen eigene Vorschläge unterbreiten würden. Viel Zeit dafür bleibt der kleinen Oppositionspartei aber nicht mehr: schon im Januar oder Februar sollen die Koalitionsvorschläge ins Kabinett beziehungsweise Parlament gehen.