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BND-Spionage-Affäre
Gauck: "Jetzt reicht‘s aber auch mal"

Bundespräsident Gauck hatte sich bisher in der NSA-Affäre mit Kritik an den USA und ihren Nachrichtendiensten zurückgehalten. Im Sommerinterview ist damit Schluss: Sollte sich der Verdacht über einen im Auftrag des CIA spionierenden BND-Mitarbeiter bestätigen, sei das ein Spiel mit der engen Verbundenheit zwischen Deutschland und den USA.

Von Falk Steiner, Hauptstadtstudio |
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    Das CIA-Quartier in Langley, USA. (picture alliance / dpa)
    Der Bundespräsident schaltet sich in die Debatte um den BND-Mitarbeiter ein, der als mutmaßlicher Agent für einen US-Dienst interne Dokumente vermutlich an die CIA weitergegeben haben soll. In einem Interview mit dem ZDF äußerte sich Joachim Gauck:
    "Wenn es sich tatsächlich so darstellen sollte, dass möglicherweise ein Dienst einen unserer Mitarbeiter aus einem Dienst in dieser Weise beauftragt hat, dann ist ja wohl wirklich zu sagen: Jetzt reicht's aber auch mal"
    Sollte der Verdacht sich bestätigen, sei es ein Spiel mit Freundschaften und enger Verbundenheit zwischen Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten, so Gauck. Das Staatsoberhaupt hatte sich bislang in der NSA-Affäre mit Kritik an den USA und ihren Nachrichtendiensten weitgehend zurückgehalten.
    Kanzlerin muss Skandal endlich aufklären
    Auch die Kanzlerin soll alles andere als erfreut sein. Während Angela Merkel offiziell noch nicht reagierte und ihr Sprecher sich bislang darauf beschränkte, zu sagen, dass es sich um eine überaus ernste Angelegenheit handele, soll sich Merkel, die sich derzeit auf einer China-Reise befindet, gegenüber einer mitreisenden Wirtschaftsdelegation fassungslos gezeigt haben, berichtet Spiegel Online unter Berufung auf Mitreisende.
    Der in der Mongolei weilende Außenminister Frank-Walter Steinmeier, SPD, sagte am Sonntagmorgen: "Wenn die Berichte zutreffen, dann reden wir hier nicht über Kleinigkeiten", die USA müssten schon aus Eigeninteresse an einer Aufklärung der Vorwürfe mitwirken. Nichts dürfe unter den Teppich gekehrt werden, so Steinmeier.
    Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss Konstantin von Notz forderte gegenüber diesem Sender die Bundesregierung auf, bei der Aufklärung der NSA-Affäre mehr zu tun:
    "Sie muss sich dafür entscheiden, endlich diesen Skandal aufzuklären und das heißt, sie muss dem Untersuchungsausschuss Amtshilfe leisten und darf nicht weiter mauern. Das heißt, die Zeugen müssen rankommen nach Berlin, sie muss dafür sorgen dass Edward Snowden in Berlin aussagen kann und kann sich da nicht mehr hinter dem Feigenblatt diplomatische Beziehungen verstecken. Und sie muss dafür sorgen, dass wir die Akten bekommen, die wir verlangen - und zwar ungeschwärzt, so dass wir verstehen, was da drinnen steht."
    Der "naive" Spion
    Unterdessen veröffentlichen Medien immer neue Details des mutmaßlichen Spionagefalls. Der 31-jährige BND-Mitarbeiter soll demnach seit 2012 insgesamt 218 vertrauliche, geheime und streng geheime Dokumente an einen US-Dienst gegen Geld weitergegeben haben und hierfür direkt aus der US-Botschaft instruiert worden sein.
    Ende Mai soll der BND-Mitarbeiter, der laut "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" in der Abteilung Einsatzgebiete/Auslandsbeziehungen des BND tätig gewesen sein soll, zudem per E-Mail seine Dienste auch noch den russischen Geheimdiensten angeboten haben – und erst dies soll der BND-eigenen Sicherheitsabteilung aufgefallen sein. Daraufhin hätten die deutschen Dienste ihre Kollegen von den US-Diensten kontaktiert – woraufhin das E-Mailkonto gelöscht wurde, so ein Bericht des "Spiegels". Erst bei der Vernehmung des Mannes habe dieser von seiner Tätigkeit für die US-Dienste berichtet. Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zeigte sich der SPD-Rechtspolitiker Burkhard Lischka davon erstaunt und fragte, wie es sein könne, dass ein Mitarbeiter Hunderte Dokumente abgreife und, so Lischka, dies erst auffalle, wenn er sie den Russischen Diensten anböte.
    Für den stellvertretenden Grünen-Fraktionsvorsitzenden von Notz stellen sich ebenfalls viele Fragen: "Wir müssen jetzt erst einmal zwingend aufklären, wie gut wir in der Spionageabwehr gegen vermeintliche Freunde auch sind, man hat ja den Eindruck dass dieser Zufallstreffer den man jetzt hatte beweist, dass man selbst nach den Snowden-Veröffentlichungen noch völlig naiv war im Hinblick auf die Gefahr, die einem aus befreundeten Ländern durch Spionage droht."
    Wenn ein so naiv agierender Spion auffliege, sei auch die Frage nach der Dunkelziffer möglicher weiterer Agenten äußerst angebracht, so der Grünen-Politiker.
    In Kreisen der Bundesregierung soll derzeit über die Aufnahme einer technischen Basisüberwachung der Botschaften befreundeter Staaten nachgedacht werden, berichten unterschiedliche Medien.
    Programmtipp:

    In der Sendung Kontrovers geht es am Montag, den 7.7. um das Thema "Freund oder Feind ? – Wie die Amerikaner Deutschland ausspionieren".
    Hörertel.: 00800 - 4464 4464
    kontrovers@deutschlandfunk.de