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Bode-Museum
Donatello-Skulpturen in Russland aufgetaucht

1945 brannte es gleich zwei Mal in dem Bunker, in dem Berliner Museen als Schutz vor dem Krieg einen Großteil ihrer Kunstwerke ausgelagert hatten. Darunter waren auch Skulpturen des bedeutenden Bildhauers der italienischen Frührenaissance Donatello. Sie galten bis vor wenigen Wochen als zerstört, doch nun sind sie im Puschkinmuseum in Moskau aufgetaucht.

Von Christiane Habermalz |
    Das Bodemuseum in Berlin. Es gehört um Ensemble der Museumsinsel und damit zum Weltkulturerbe der UNESCO.
    Er persönlich könne auch damit leben, in ein Flugzeug zu steigen und sich seine früheren Objekte in Moskau anzusehen, sagt Bodemuseumsleiter Chapuis. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Drei Monate vor dem Symposium in Berlin hatte der Leiter der Skulpturensammlung im Bodemuseum, Julien Chapuis, in Moskau erstmals einen Blick auf die beiden Donatellos werfen können. Bis zuletzt war der kleinen Berliner Museumsdelegation unklar, ob sie die Meisterwerke wirklich zu Gesicht bekommen würden.
    "Also, es war wirklich ein sehr emotionaler Moment, als wir im Depot des Puschkinmuseums diese zwei Werke von Donatello sehen durften. Außer einem ganz kleinen Kreis Mitarbeiter des Puschkinmuseums hat niemand diese Werke in 70 Jahren gesehen. Eigentlich mehr: Seit 1939 waren sie verpackt und dann auch nicht sichtbar."
    Sie sind stark beschädigt, weisen Brandspuren auf. Die Geißelung ist in mehrere Stücke zerbrochen, einige Teile fehlen. Der Täufer hat Arme und Füße verloren - ist jedoch, davon abgesehen, in einem guten Zustand. Ergänzt um die Informationen aus Abgussformen, die sich noch im Bodemuseum befinden, ist beides restaurierbar, sagt Chapuis. Die Freude darüber ist ihm anzumerken. Seit 1997 wusste man in Berlin, dass diese Werke wahrscheinlich noch existierten. Zwei russische Kunsthistoriker hatten Dokumente nach Deutschland geschmuggelt, die dies belegten. Aber:
    "Das Puschkinmuseum hatte das bisher nie bestätigt. Und darüber hinaus hatten wir keine visuelle Kenntnis des jetzigen Erhaltungszustands. Also die Sensation für mich ist die Offenheit, die wirklich offene Haltung des Museums. Es ist wirklich ein erklärtes Ziel der Direktorin Marina Loschak, diese Werke wieder zugänglich zu machen."
    Zwei Brände mit verheerenden Folgen
    Ganz am Anfang der Geschichte standen zwei ungeklärte Brände mit verheerenden Folgen. Eigentlich war der Krieg schon vorbei, doch im Mai 1945 brach im Flakbunker Friedrichshain ein Feuer aus, ein paar Tage später brannte es noch einmal. In diesen Bunker hatten die Berliner Museen einen Großteil ihrer wertvollsten Kunstwerke ausgelagert, um sie vor den Bomben zu schützen, darunter die Donatellos und drei Großgemälde von Caravaggio. Über 400 Meisterwerke wurden zerstört. Was das Feuer übrig ließ, wurde von der "Trophäenkommission" der Roten Armee, wie viele andere Museumsobjekte auch, nach Moskau transportiert. 1958 gab die UdSSR zur Wiedereröffnung der Museumsinsel einen großen Teil der Objekte an Ostberlin zurück. Doch vieles blieb verschwunden. Ob verbrannt oder noch in Moskau, konnte niemand sagen - und zu Zeiten der Sowjetunion auch niemand fragen.
    "Für mich solche Werke waren nur Fantasma, oder Schatten, die sehr sehr wichtig für unsere Geschichte waren."
    Der Kunsthistoriker Neville Rowley forscht seit 2013 am Donatello-Bestand im Bodemuseum. Von Anfang an hat er sich auch für die verlorenen Werke interessiert: Eine Lücke in der Forschung, denn über die Zeit seien diese nicht nur aus dem Gedächtnis des Publikums, sondern auch aus dem Bewusstsein der Kunstgeschichte verschwunden, sagt Rowley.
    "Früher waren diese zwei Werke 'Der Täufer' und die 'Geißelung' immer in den Büchern von Donatello und danach: Nichts: Weil die Kunsthistoriker sprechen nur über die Werke die da sind, nur in Fußnoten sprechen sie über die Werke, die verschwunden sind."
    Hauptsache, die Werke sind zugänglich
    Dass die wertvollen Stücke wieder auftauchen konnten, hat mit einer Geschichte der langsamen Annäherung zu tun. Politisch ist die Debatte um die sogenannte Beutekunst festgefahren. 1998 hatte die Duma ein Gesetz verabschiedet, das die Rückgabe von Kulturobjekten aus deutschen Museen ausschloss. Moskau sieht sie als Kompensation für die eigenen Verluste durch den deutschen Angriff. 600.000 Kunstschätze, so wird geschätzt, fehlen seit dem Krieg in russischen Kirchen und Museen, viele von ihnen private Mitnahmen von deutschen Soldaten. Doch auf Fachebene sind die Kontakte heute besser denn je, solang die heikle Frage der Rückgabe außen vor gelassen wird. Er persönlich könne auch damit leben, in ein Flugzeug zu steigen, und sich seine früheren Objekte in Moskau anzusehen, sagt Bodemuseumsleiter Chapuis. Wichtiger sei es, dass sie überhaupt wieder zugänglich seien. Die Donatellos sollen nun gemeinsam restauriert und erforscht und, hoffentlich, in Moskau ausgestellt werden. Und Chapuis ist sicher, dass noch weitere Sensationen folgen werden.
    "Das Puschkinmuseum wird in einem wissenschaftlichen Bericht auf Russisch die Werke in den kommenden Wochen veröffentlichen. Und dann wird der Bestand peu a peu bearbeitet. Und ich gehe davon aus, dass noch viel mehr Entdeckungen zu machen sind."