Ein Talent kommt selten allein. Bodo Wartke ist nicht nur ein begnadeter Pianist, ein talentierter Texter und witziger Wortakrobat, er ist auch ein charmanter Conférencier und ein sympathischer Zeitgenosse. Diese Mischung verfehlt natürlich nicht ihr Ziel, und so ist ihm der Zuspruch des Publikums gewiss: Seine Konzerte sind ausverkauft, seine Kleinkunst- und Songpoetenpreise mehren sich.
"Nicht in meinem Namen"
Scharfsicher analysiert Bodo Wartke Alltagssituationen, selbstironisch reflektiert er sie und sich: Liebe, Leben, Leiden – mittlerweile bekommen sie bei ihm auch einen weitergesteckten gesellschaftlichen oder politischen Rahmen. Eines seiner neuen Stücke heißt "Nicht in meinem Namen". Bodo Wartke hat es im Sommer 2016 ins Netz gestellt, und es wurde auf YouTube über 300 000 Mal angeklickt. In dem Song geht es um die unmenschlichen Handlungen im Namen von Religionen.
"Ich hatte gerade ein neues Programm herausgebracht. Ich wollte mit diesem Lied aber auch nicht länger warten, das brannte mir unter den Nägeln und ich fand es wichtig, es zu veröffentlichen. Die Idee hatte ich schon länger im Kopf, aber aufgrund der jüngeren Ereignisse kam eins zum anderen.
Ich schreibe immer Lieder über das, was mich gerade beschäftigt. Das können auch ernste ironiefreie Themen sein. Damit rechnet man erstmal nicht, wenn man die lustigen Lieder von mir kennt, also die Bandbreite wird größer im Laufe der Zeit. Vielleicht, weil ich auch älter werde und erst jetzt Worte habe für Themen, die mich umtreiben, die ich vorher so nicht ."
Reimen auf hohem Niveau
Bodo Wartke versteht sich als Sprachkünstler und so kennt er in der Umsetzung seiner Themen keine Kompromisse.
"Ich lege sehr viel Wert auf gute Reime und mach es mir damit nicht leicht. Im Endeffekt ist es Geschmackssache, manche Leute reimen ganz anders als ich und machen sich das in meinen Augen ganz einfach."
Beispielsweise dann, wenn sie auf den einfachen Paarreim zurückgreifen - aber der ist dem Berliner Künster zu gewöhnlich.
"Ich reime halt ganz gern über Worte hinweg oder innerhalb eines Wortes, also Reime, die man in Reimlexika nicht finden wird. Das sind mir eigentlich die liebsten, weil ich es spannend finde, maximale Freiheit in der Beschränkung zu finden – also mich im Grunde selber zu überraschen. Also ich sitze da und denke: Okay, das und das würde ich gerne in Worte fassen und zwar so, dass es sich reimt und das geht gar nicht! Dann aber doch eine Lösung zu finden und meistens zu einem Zeitpunkt, wo ich gar nicht damit gerechnet habe, das macht mir totalen Spaß."
Wenn die Idee in der Sauna kommt
Disziplin gehöre zwar dazu, meint Bodo Wartke, aber es auf Teufel komm raus mit einem Reim zu versuchen, sei sinnlos.
"Der Schlüssel ist, es für möglich zu halten, dass es geht. Auch wenn man erst nicht weiß wie, aber daran zu glauben, dass das klappt irgendwie. Und dann irgendwann komme ich drauf, zack, beim Duschen oder beim Wäscheaufhängen oder in der Sauna hab ich dann die Idee. In der Sauna ist immer blöd, weil ich da selten etwas zu schreiben dabei habe."
Die Lust daran nach einem treffenden Wort zu suchen, nach einem passenden Sprachbild, der geeigneten Metapher, speist sich aus vielen Erfahrungen. Doch Bodo Wartke macht eine Person aus, die seinen Sinn für pointierte Formulierungen geschärft hat.
Grenzen nicht akzeptieren
"Die Initialzündung war mit Sicherheit meine Patentante, die mir früher immer Briefe in Reimform geschrieben hat und zwar brilliant gereimt: Kleinode an Gedichten. Und ich habe immer versucht, ihr nachzueifern, weil mir das so imponiert hat. Damit fing es an. Auch bei frühen Werken, die ich so als Kind geschrieben habe, zeichnen sich halt so Stilmerkmale ab, die ich heute immer noch habe, weil ich damals schon anfing, Sachen in Frage zu stellen, Grenzen nicht zu akzeptieren beim Reimen.
Ich weiß noch, als wir Gedichte mal im Deutschunterricht besprachen und unser Deutschlehrer sagte: ‚Es gibt einsilbige und zweisilbige Endreime. ‘Und ich meldete mich und sagte: ‚Und was ist mit dreisilbigen, viersilbigen und fünfsilbigen?‘ Und er sagte: ‚Die gibt es nicht.‘ Und ich dachte: ‚Natürlich gibt es die, kann ja wohl nicht wahr sein!‘"
"Auf jeden Frauennamen mindestens eine Strophe schreiben"
Viele seiner Texte drehen sich um Liebesbeziehungen und um Frauen. In den 70er/ 80er Jahren war das ein Erfolgsrezept von Stephan Sulke. Bodo Wartke hat mittlerweile auch eine ganze staatliche Namensauswahl besungen, darunter Bettina, Christine, Claudia, Eva, Konstanze, Monika, Verena.
"Bei mir ist es eine sportliche Herausforderung, weil ich von immer mehr Frauen gefragt wurde: ‚Schaffst Du es auch einen Reim auf meinen Namen zu finden?‘ Und ich habe in meinem jugendlichen Leichtsinn gesagt: ‚Klar. Wie heißt Du?‘ Ich hab es mir wirklich zur Aufgabe gemacht, auf jeden Frauennamen mindestens eine Strophe zu schreiben. Das sind jetzt inzwischen fast Tausend, die man sich auf meiner Internetseite anhören kann: zum Gratisdownload und man kann sie sich sogar als Klingelton aufs Handy laden."
Aufnahme vom 25.11.16 auf dem Theaterkahn in Dresden
Diese Sendung können Sie nach Ausstrahlung sechs Monate online nachhören.