Um 10 Uhr beginnt der Zivilprozess, in dem geklärt werden soll, ob der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan dem Satiriker Jan Böhmermann verbieten kann, alle Passagen aus seinem Schmähgedicht weiterhin zu verwenden. Schon im Mai entschied das Hamburger Landgericht in einer einstweiligen Verfügung, dass Jan Böhmermann einige Passagen nicht mehr verbreiten darf.
"Sackdoof, feige und verklemmt,
ist Erdogan, der Präsident.
Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner,
selbst ein Schweinefurz riecht schöner.
Er ist der Mann, der Mädchen schlägt."
ist Erdogan, der Präsident.
Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner,
selbst ein Schweinefurz riecht schöner.
Er ist der Mann, der Mädchen schlägt."
Vor allem die Passagen, in denen Jan Böhmermanns Text unter die Gürtellinie abgleitet, darf der Satiriker nicht mehr in der gleichen Weise nutzen wie in seiner Sendung "Neo Magazin Royal" vom März. In der Begründung der einstweiligen Verfügung hieß es, das besonders für satirische Beiträge ein sehr großzügiger Maßstab gelte. Aber dieser, so die Richter, berechtige nicht zu einer völligen Missachtung der Rechte des Antragstellers Recep Tayyip Erdoğan. Teile von Jan Böhmermanns Gedicht griffen "rassistisch einzuordnende Vorurteile" auf, enthielten "religiöse Verunglimpfungen" und "sexuelle Bezüge" und überschritten damit das hinzunehmende Maß.
Böhmermann drohen bis zu 250.000 Euro Strafe
Würde Jan Böhmermann das Schmähgedicht weiterhin und in gleicher Form vorgetragen, drohen ihm demnach heute schon bis zu 250.000 Euro Strafe oder bis zu sechs Monate Haft. Dem türkischen Staatspräsidenten reicht dies nicht aus. Er möchte erreichen, dass Jan Böhmermann gar keine Passagen aus dem Schmähgedicht wiedergeben darf. Zur heutigen Verhandlung reist aller Voraussicht nach keiner der beiden Prozessgegner nach Hamburg. Beide Parteien werden dann durch Prozessbevollmächtigte vertreten.
Das mediale Interesse am Prozess ist vor allem bei türkischen Zeitungen, Radio- und TV-Sender eher gering. Einzig die Nachrichtenagentur Anadolu hat sich am Akkreditierungsverfahren beteiligt. Auch andere ausländische Medienvertreter sind nicht vor Ort. Anders als beim Strafverfahren, das die Mainzer Staatsanwaltschaft Anfang Oktober eingestellt hat, war für das Zivilverfahren vor dem Hamburger Landgericht keine Erlaubnis durch die Bundesregierung notwendig. In Zivilprozessen können ausländische Betroffene auch ohne diese Erlaubnis ihr Recht einfordern. Mit einer Entscheidung wird heute noch nicht gerechnet. Diese wird an einem zweiten, bislang noch nicht festgelegten Prozesstag erwartet.