Börsen brechen ein
Aktienmarkt auf Talfahrt: Was Anleger jetzt wissen müssen

Als Reaktion auf die Strafzölle von US-Präsident Trump sind weltweit die Börsenkurse eingebrochen. Eine globale Wirtschaftskrise könnte drohen. Wie sollten sich private Anleger in der aktuellen Situation verhalten?

    Ein Mann betrachtet an einer LED-Wand in der Neuen Börse Zürich-West die abgestürzte Kurve der  Börsenkurse.
    Wenn Aktienkurse plötzlich abstürzen, liegen bei vielen Anlegern die Nerven blank (picture alliance / KEYSTONE / Michael Buholzer)
    Die Finanzmärkte erleben derzeit schwere Turbulenzen. Nachdem US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf fast alle Importe in die Vereinigten Staaten angekündigt hat, brachen weltweit die Börsenkurse ein.
    Es handelt sich um die größten Verluste seit Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020. Auch der Deutsche Aktienindex DAX verzeichnete vorübergehend ein historisches Minus von zehn Prozent. Riesige Geldmengen wurden vernichtet. Auch vermeintlich sichere Geldanlagen wie der ETF MSCI World gaben deutlich nach.
    Trotz einer kurzzeitigen Stabilisierung bleibt die Lage an den Aktienmärkten weiter volatil, und viele Kurse sind noch immer tief im Minus. Wie sich die Lage entwickelt, wird davon abhängen, wie sich Trump und andere Staaten verhalten werden. Das ist derzeit nicht absehbar. Was müssen private Anleger in dieser unberechenbaren Situation wissen?

    Inhalt

    Wie dramatisch ist die Lage?

    Blutbad, Massaker, Börsenbeben – der Absturz der Aktienkurse am 7. April 2025 wurde teilweise mit dramatischen Begriffen umschrieben. Weniger aufgeregt blicken Finanzexperten auf die aktuelle Situation. Der weltweite Crash sei zwar ein heftiger Einschnitt, sagt der Anlagestratege Chris-Oliver Schickentanz. Es handele sich aber um einen üblichen Rückschlag, wie er an der Börse immer wieder vorkomme.
    Der Portfoliomanager Ascan Iredi spricht von einer „gefährlichen Gesamtlage“. Wenn der Zollkonflikt nicht gelöst werde und weitere Gegenzölle erhoben würden, rutsche die Weltwirtschaft in eine globale Rezession. Auch der deutschen Wirtschaft, die etwa zehn Prozent der Exporte in die USA liefert, droht dann eine erneute Krise. Genauso könne sich die Lage aber auch schnell wieder entspannen, so Iredi.

    Wie sollten Anleger reagieren?

    Aktienanleger müssen in der aktuellen Lage mit großen Schwankungen rechnen. Beim Blick ins Depot können sich schrumpfende Gewinne oder auch wachsende Verluste zeigen. Aber: Solange man nicht verkauft, sind das bloße Buchverluste. Das heißt: Sobald sich die Lage an den Börsen wieder entspannt, können die Verluste sich wieder in Gewinne wandeln.
    Nach Ansicht so gut wie aller Finanzexperten gibt es deshalb für alle privaten Anleger eine klare Handlungsempfehlung: Ruhe bewahren. „Das Schlimmste, was man machen kann, ist in dieser Situation nervös und hektisch zu handeln und vielleicht seine Aktien zu verkaufen“, sagt Jan Stoffel, Finanzexperte bei der Stiftung Warentest. „Ganz wichtig: Wenn es rappelt, nach Möglichkeit die Füße stillhalten“, rät Stoffel. Überstürztes Handeln führe meistens zu noch mehr Verlusten.
    Das zeigt aber auch: Anleger brauchen Geduld und sollten deshalb ihr Geld langfristig anlegen. Wer auf kurzfristige Profite abzielt, hat es in der aktuellen Situation schwer. Deshalb ist es auch wenig sinnvoll, sich als Privatanleger am schnelllebigen Profigeschäft an den Aktienmärkten zu orientieren. „Grundsätzlich gilt für eine Aktienanlage: 10 bis 15 Jahre sollte man schon Zeit haben, weil es lange dauern kann, bis eine Durststrecke durchstanden ist“, sagt Stoffel. Wer in Aktienfonds und ETFs investieren will, sollte sich am besten schon vorab klarmachen, dass sich vorübergehend auch Verluste einstellen werden.
    „Es war immer schlau, alle Krisen einfach auszusitzen“, sagt Niels Nauhauser, Aktienexperte bei der Verbraucherzentrale. „Denn langfristig kannten die Börsen nur eine Richtung, nämlich nach oben.“ Kurzfristig sei das Geschehen an den Aktienmärkten allerdings eine wilde Achterbahnfahrt.

    Wenn es rappelt, nach Möglichkeit die Füße stillhalten

    Jan Stoffel, Stiftung Warentest
    Wer feststelle, dass die eigene Nervenstärke nicht ausreicht, um mit den Turbulenzen zurechtzukommen, sollte eher nicht in Aktien, Fonds und ETFs investieren, rät Nauhauser. Sicherere Geldanlagen wie Sparkonten oder Anleihen seien dann vielleicht die bessere Wahl – allerdings mit niedrigeren Renditen.

    Hat der Börsencrash auch Vorteile für Anleger?

    Gerade Anlegerinnen und Anleger, die langfristig für die Altersvorsorge sparen, könnten sich eigentlich sogar über die Kursrutsche freuen, meint Nauhauser. „Denn sie sind letztendlich eine gute Nachkaufgelegenheit.“
    Allerdings ist im Moment kaum vorherzusehen, ob die Börsenkurse schon ihren Tiefpunkt erreicht haben, oder ob es in Kürze noch weiter bergab geht. „Sind das schon Kaufkurse oder muss ich noch abwarten?“- diese Frage stellen sich auch die Börsenprofis, erklärt Portfoliomanager Iredi. Denn nach dem Crash am 7. April, dem sogenannten Manic Monday, erholten sich einige Kurse schnell wieder.
    Private Anleger müssen sich darüber aber nicht den Kopf zerbrechen. „Wenn man einen 20-jährigen Anlagezeitraum vor sich hat, dann ist das unterm Strich letztlich nicht mehr so wichtig“, so Nauhauser.

    Welche Entwicklung ist zu erwarten?

    Trotz der ernsten Lage rechnen Experten mit einem Gegenlenken der USA in der Zollpolitik. US-Präsident Trump habe einen Fehler gemacht, mit seinem Vorgehen schade er den Vereinigten Staaten stärker als allen anderen Ländern, so Iredi. Der Portfoliomanager rechnet mit einem Kurswechsel Trumps. „Dann werden auch die Börsen sich wieder erholen können.“
    Anlagestratege Schickentanz verweist auf Trumps innenpolitische Pläne. Mit den Strafzöllen wolle Trump Steuersenkungen finanzieren. Nachdem die Haushaltspläne im Kongress verabschiedet sind, werde der US-Präsident sich deutlich kompromissbereiter zeigen, so Schickentanz.
    Spätestens im Sommer werde es eine deutliche Entspannung bei den Zöllen geben. Gleichzeitig erwartet Schickentanz, dass Staaten Maßnahmen ergreifen werden, um die Wirtschaft zu stabilisieren und die Notenbanken die Zinsen schneller senken werden. Das werde dazu führen, „dass wir dann ein relativ gutes, zweites Börsenhalbjahr sehen können“, prognostiziert der Anlage-Stratege.

    kau