Die Finanzdienstleistungsaufsicht geht von einer ernstzunehmenden Bedrohung aus; einer Bedrohung, die durch die jüngsten Kursschwankungen der Wirecard-Aktien an der Börse für das Marktvertrauen entstanden ist.
"Anlass für unser Verbot sind die Entwicklungen seit Ende Januar. Seitdem haben wir wiederholt negative Presseberichte gesehen und entsprechend starke Kursbewegungen beobachtet. Wir haben darüber hinaus einen deutlichen Anstieg der Netto-Leerverkaufs-Positionen in Aktien der Gesellschaft identifiziert. Und diese hat sich in den letzten Tagen auch noch einmal verstärkt. Vor diesen Hintergrund haben wir uns für das Verbot als Marktschützende Maßnahme entschieden".
Sagt Anjan Schuchhardt, eine Sprecherin der Aufsichtsbehörde Bafin. Die Finanzaufseher hegen den Verdacht, dass Wirecard Opfer von Short-Attacken sein könnte. Damit sind Wetten auf fallende Kurse gemeint, die man durch so genannte Leerverkäufe eingehen kann. Bei denen leiht sich ein Investor gegen eine Gebühr Aktien von einem anderen Aktienbesitzer für einen bestimmten Zeitraum. Zu Beginn dieses Zeitraums verkauft er die Aktien zum Marktpreis. Fällt der Kurs, kann er sie sich billiger zurückkaufen – und hat damit Profit gemacht. Der Ausgang der Untersuchung der Bafin auf mögliche Marktmanipulationen steht durch das nun erlassene Verbot von Leerverkäufen von Wirecard-Aktien aber noch nicht fest, unterstreicht die Bafin.
Schon in der Vergangenheit Opfer von Spekulanten
"Unsere Marktmanipulationsuntersuchung läuft nach wie vor. Gegenstand der noch laufenden Untersuchung ist es ja gerade, herauszufinden, ob es Anhaltspunkte für eine mögliche Marktmanipulation in Aktien der Wirecard gab".
Es ist nicht das erste Mal, dass Wirecard Opfer von Spekulanten ist. So hatte beispielsweise vor gut zehn Jahren der Chef der Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger den Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei Wirecard geäußert. Pikanterweise stellte sich im Nachhinein heraus, dass er selbst auf einen fallenden Kurs des Unternehmens gewettet hatte. Deswegen wurde er wegen Markmanipulation verurteilt. Warum ist gerade Wirecard immer wieder von solchen Spekulationen betroffen? Klaus Nieding, Aktionärsschützer der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
"Die Frage muss man sich in der Tat stellen, warum bei Wirecard? Das kann natürlich daran liegen, dass von außen das ein oder andere undurchschaubar erscheint, nicht ganz so transparent ist wie das bei anderen Aktiengesellschaften der Fall ist. Es kann aber auch sein, dass das Management, ich sage mal: zumindest im kommunikativen Bereich entsprechenden Nachholbedarf hat – und man diese Schwäche entsprechend ausnutzt".
Bisher keine Spur von strafbarem Verhalten
Auch 2016 wurde Wirecard attackiert. Da erschien ein langer Report eines Analystenhauses namens "Zatarra". Darin ging es um angebliche kriminelle Machenschaften bei Wirecard. Auch in diesem Fall stürzte der Kurs ab. Gegen den Herausgeber des Reports, den Briten Fraser Perring, hat die Staatsanwaltschaft in München mittlerweile Strafbefehl erlassen. Dass Wirecard oft das Ziel von Marktmanipulation ist, mag auch mit der Geschichte des Zahlungsdienstleisters zusammen hängen. Denn die ersten Geschäfte machte Wirecard in der Abwicklung der Bezahlung von Schmuddelseiten im Internet – etwa von Porno-Seiten oder Glücksspiel-Angeboten.
Wirecard will nun jedenfalls rechtlich gegen die Berichterstattung der Financial Times vorgehen. Inhaltlich hat das Unternehmen zwar bestätigt, dass es eine Untersuchung zu Vorwürfen in Singapur gebe. Bislang habe aber weder die Konzernführung, noch eine extern engagierte Anwaltskanzlei Hinweise auf strafbares Fehlverhalten von Mitarbeitern des Unternehmens in Singapur gefunden. Die Untersuchung stehe kurz vor Abschluss. Für Anleger ist das aber kein Trost: Seit den neuen Gerüchten und Berichten seit Ende Januar hat die Wirecard-Aktie rund 40 Prozent ihres Wertes eingebüßt.