Forschungspolitik
Meeresbiologin Boetius: Schwächung der US-Wissenschaft trifft auch Europa

Die Meeresbiologin Antje Boetius sorgt sich angesichts von Mittelkürzungen in den USA um die Zukunft der internationalen Forschung. Angriffe auf die Wissenschaft und deren Strukturen unter der neuen Regierung von US-Präsident Trump wirkten weit über die Vereinigten Staaten hinaus, erklärte die scheidende Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven.

    Demonstranten halten Schilder hoch, auf denen unter anderem steht: "Science saves lives" ("Wissenschaft rettet Leben").
    Wissenschaftler protestieren am Freitag in New York gegen die Forschungspolitik von US-Präsident Trump. (Christina Horsten / dpa / Christina Horsten)
    Die Tiefseeforscherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, das deutsche Wissenschaftssystem sei seit Jahrzehnten eng mit dem der USA verzahnt. In der Polar- und Meeresforschung etwa würden gemeinsame Expeditionen, Programme und Infrastruktur-Netzwerke geplant. "In allen Karrierephasen ist der Austausch hoch. Eine Schwächung der amerikanischen Forschung ist so gesehen also auch eine Schwächung der internationalen Wissenschaft", betonte Boetius, die seit 2017 das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven leitet.
    Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine seien bereits gemeinsame Projekte mit russischen Forschenden eingefroren worden, auch die Zusammenarbeit mit chinesischen Institutionen stehe ständig auf dem Prüfstand. Nun komme die aktuelle Situation in den USA dazu. Sie mache die Welt der Wissenschaft noch einmal "kleiner und unberechenbarer". 

    "Weniger Mittel für die Bildung verändern das System"

    Boetius wird im Mai auf den Posten der Präsidentin des renommierten Monterey Bay Aquarium Research Institute in Kalifornien wechseln. Für ihre künftige Forschungsarbeit in den USA fürchtet sie indes keine Einschränkungen, da das Institut ausschließlich durch eine private Stiftung getragen wird. Auch die Arbeit der Universitäten, mit denen das Institut kooperiere, werde überwiegend privat finanziert.
    Insgesamt veränderten weniger Mittel für Bildung und für den wissenschaftlichen Nachwuchs allerdings das System. Gerade der Druck auf die Gesundheits- und Klimaforschung führe möglicherweise direkt zu Nachteilen für Unternehmen und für Bürgerinnen und Bürger, sagte Boetius.

    Max-Planck-Gesellschaft rechnet mit Forscher-Zustrom aus den USA

    Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer, hatte zuvor erklärt, er rechne mit einem Zustrom US-amerikanischer Wissenschaftler nach Deutschland. Viele amerikanische Kollegen seien verunsichert. Sie befürchteten, "dass vor allem die von Trump gewünschte Forschung gefördert werden soll und unliebsame Wissenschaftler, deren Arbeit nicht in sein Weltbild passt, mit Kürzungen rechnen müssen", sagte Cramer dem "Spiegel".
    So würden an den Nationalen Gesundheitsinstituten (NIH) neue Förderanträge derzeit nicht begutachtet; schon genehmigte Mittel lasse Trump einfrieren und überprüfen. "Das ist ein klarer Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit, denn die Themenwahl obliegt den Forschenden und nicht dem Weißen Haus", unterstrich Cramer.
    Diese Nachricht wurde am 10.03.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.