"Brasilien gehört Jesus, dem Herrn. Gott segnet den Präsidenten von Brasilien – Jair Messias Bolsonaro!"
Gleich der erste Auftritt von Jair Bolsonaro nach der Wahl hatte es in sich. Brasiliens zukünftiger Präsident ließ sich ganz im Sinne seines zweiten Vornamens – Mesias feiern – und wählte für die Show die evangelikale Pfingstkirche "Vitoria em Cristo" – schließlich präsentiert niemand ein Wahlprogramm so überzeugend wie der dortige Prediger Silas Malafaia.
"Gott wird das Schicksal dieses Volkes verändern: Die Misere, die Gewalt, die Arbeitslosigkeit, die Korruption, das Elend – im Namen von Jesus Christus, treibe diese Gesandten der Hölle aus Brasilien hinaus!"
Malafaia ist Bolsonaros direkter Draht nach oben. Bereits im Wahlkampf hat sich der Evangelikale hinter den rechtsextremen Kandidaten gestellt. Mit Bolsonaro teilt man den Diskurs: Abtreibungen sind ein Verbrechen, Homosexualität eine Sünde, die Familia dagegen heilig – dass Bolsonaro inzwischen zum dritten Mal verheiratet ist, Nebensache, seine Frau stammt übrigens aus Malafaias Gemeinde. Er selbst, eigentlich Katholik, ließ sich 2016 noch schnell medienwirksam im Jordan taufen. Während die katholische Kirche Gläubige verliert, gewinnen die Evangelikalen an Einfluss. 73 Prozent ihrer Anhänger stimmten für Bolsonaro.
"Es geht nicht um Nächstenliebe, sondern finanziellen Erfolg"
Beide wissen Krisen für ihre Interessen zu nutzen, auch in dem sie vom Misstrauen in die traditionellen Institutionen – Parteien auf der einen, katholische Kirche auf der anderen Seite – profitieren. Diese Erfahrung macht die Politikerin Monica Francisco, die in Rios Favelas arbeitet – ebenfalls in einer evangelikalen Gemeinde. Jedoch mit einem alternativen von der Befreiungstheologie inspirierten Ansatz – das sogenannte Wohlstandsevangelium der großen evangelikalen Kirchen lehnt sie ab.
"Der Wunsch, sozial aufzusteigen, der Misere zu entfliehen, das greifen die auf mit ihrem Wohlstandsevangelium, das perfekt zum kapitalistischen System passt. Es geht nicht um Nächstenliebe, nicht darum, das Leben der Gemeinschaft im Hier und Jetzt zu verbessern oder gegen soziale Ungerechtigkeit zu kämpfen, sondern um den persönlichen, auch finanziellen Erfolg. Je mehr man besitzt, je mehr man verdient, umso höher steht man in der Gunst Gottes."
Die Kirche als Geldmaschinerie
Bolsonaros Chef-Prediger Silas Malafaia ist nach dieser Logik ganz dicke mit Gott. Das Vermögen des studierten Psychologen beläuft sich laut der Zeitschrift Forbes auf rund 150 Millionen US-Dollar, das toppt nur noch Edir Macedo, der Gründer der "Universalkirche des Reichs Gottes", dessen Medien-Imperium rund um den Sender TV Record im Wahlkampf als politische Plattform für Bolsonaro diente. Ganz im Sinne von Bolsonaros Wahlslogan: "Brasilen über alles, Gott über allen."