"Hier spricht 1212.... "
Es sind Meldungen des amerikanischen Soldatensenders 1212 in deutscher Sprache. Die Aufnahmen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv sind etwas verrauscht, wenn über die Bombardierung Dresdens berichtet wird:
"In Dresden, das nach dem gestrigen angloamerikanischen Terrorangriff, völlig das Gepräge einer Fronstadt angenommen hat, wüten heute noch gewaltige Brände im Stadtzentrum."
Auch die Propagandasender der Nationalsozialisten berichten:
"Der teuflische Vernichtungswille unserer Feinde hat ihr blühendes Lebens ausgelöscht, nichts lebt mehr in ihr."
Das amerikanische Fernsehen zeigt schwarz-weiße Bilder von den Feuerherden des Angriffs.
Dresden war damals eine wichtige Industrie- und Rüstungsstadt und damit Angriffsziel, sagt Gorch Pieken. Der wissenschaftliche Leiter des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden bearbeitet die Luftangriffe gerade in einer Sonderausstellung:
"Am 13. Februar 1945 ist die Stadt in zwei Wellen von der Royal Airforce in der Nacht vom 13. auf 14. zerstört worden. Die Innenstadt. Die Außenbezirke sind relativ verschont geblieben.
Am Mittag des 14. Februar, und am 15. Februar haben noch zwei amerikanischen Flotten angegriffen. Aber sie haben gezielt versucht, Bahnhöfe und Infrastruktur zu treffen."
Am Mittag des 14. Februar, und am 15. Februar haben noch zwei amerikanischen Flotten angegriffen. Aber sie haben gezielt versucht, Bahnhöfe und Infrastruktur zu treffen."
Die Feuerstürme, den beißenden Rauch über den das Soldatenradio 1212 berichtet, daran kann sich Nora Lang noch genau erinnern. Sie ist 1931 in Dresden geboren, aufgewachsen in der Innenstadt, die vollkommen zerstört wird. Mit ihrem kleinen Bruder, der damals sechs Jahre alt ist, wird die 14-Jährige nach der ersten Angriffswelle von ihren Eltern getrennt und irrt durch die brennenden Straßen.
"Und der Feuersturm tobte und Millionen Funken. Man konnte sich kaum auf den Beinen halten, die Straße war schmal, alles stürzte zusammen. Ziegelsteine, Fensterkreuze, Möbelstücke und alles, was da so zusammen kam."
25.000 Menschen sterben im Feuersturm
Nach Tagen voll Hunger und Ungewissheit können sich die Geschwister auf ein Gartengrundstück des Großvaters vor den Toren der Stadt retten, wo sie auch ihre Familie wieder trifft. Es ist ein kurzer Glücksmoment.
25.000 Menschen lassen damals ihr Leben. Diese Zahl der Opfer ist bis heute ein Politikum, erklärt Historiker Pieken. Bereits kurz nach Kriegsende kursierten gefälschte Zahlen, die von 200.000 Toten sprechen, NS-Propaganda, später aufgegriffen vom Holocaust-Leugner David Irving. Eine Historiker-Kommission bestätigt schließlich im Jahr 2009 die Zahl 25.000.
"Es scheint so zu sein, dass je mehr Opfer zu verzeichnen sind, das Leid höher war. Und dadurch auch die moralische Schuld des Kriegsgegners, der das angerichtet hat. Man könnte darin sehen eine Art von Erlösungssuche durch die Teilschuld anderer."
Historiker Pieken setzt die Bombenangriffe des 13. Februars noch in Bezug zu einem anderen Ereignis im Januar 1945:
"Drei Wochen vor der Bombardierung Dresdens ist Auschwitz befreit worden. Und diese Bilder gingen um die Welt. Und in diesen Bildern ist das gesamte Grauen. Und diese Bilder waren kein Appell an das Mitgefühl der alliierten Soldaten gegenüber Deutschland oder den Deutschen."
Ungebührliche Härte oder Folge des Totalen Kriegs? Das Ringen um die Deutung der Angriffe auf Dresden nur wenige Wochen vor Kriegsende beginnt bereits kurz danach. Am 18. Februar 1945 kommentiert der Publizist und Historiker Golo Mann die Ereignisse in einer Ansprache an das deutsche Volk:
"Dresden ist zur Frontstadt geworden wie Berlin, wie Köln. Und genau wie diese Städte muss es behandelt werden."
Golo Mann schließt mit den Worten:
"Deutschland allein steht jetzt in Flammen, Deutschland allein muss jetzt büßen für den Wahnsinn eines dumpfen selbstsüchtigen Menschenfeindes."
"Deutschland allein steht jetzt in Flammen, Deutschland allein muss jetzt büßen für den Wahnsinn eines dumpfen selbstsüchtigen Menschenfeindes."
DDR verstärkt Mythos Dresden
Die Erinnerung an den 13. Februar war in Dresden immer politisch und anders, als in Städten wie Köln, die auch hohe Schäden zu verzeichnen hatte, sagt Historiker Gorch Pieken und versucht sich an einem Erklärungsversuch für diesen Mythos Dresden:
"Das ist bekannt, durch die NS-Propaganda wurde die besondere Stellung, die DDR hat das weitererzählt, so wurde sie zu einer Marke, und die Dresdner haben diese Rolle angenommen."
Noch einmal zurück zur Überlebenden Nora Lang. Sie will diese Erzählung des besonderen Opfers Dresdens eben nicht übernehmen, sondern sucht ihren eigenen Weg, mit den Erinnerungen umzugehen. Sie setzt auf Austausch, ja Freundschaft mit Bürgern aus Städten, die von den Deutschen zerbombt wurden, wie das englische Coventry. Rund um diesen Jahrestag sind Treffen geplant.
Nora Lang spricht heute über die Ereignisse 1945 langsam, bedächtig und verbindet sie mit einem Appell an die Jüngeren:
Nora Lang spricht heute über die Ereignisse 1945 langsam, bedächtig und verbindet sie mit einem Appell an die Jüngeren:
"Als der Krieg zu Ende war, da haben alle diesen einen Satz gesagt. Nie wieder Krieg. Aber wenn man jetzt sieht, wie viele Kriege es seitdem wieder gegeben hat."
Wenn sie nun durch die wieder aufgebauten Straßen von Dresden geht, kommt sie immer wieder an der Frauenkirche vorbei. Während der Bombenangriffe zerstört, lag sie jahrzehntelang in Ruinen. Die Trümmer sollten ein Mahnmal sein gegen Krieg und Zerstörung. Vor genau zehn Jahren wurde sie wieder eröffnet, ist sie heute Touristenmagnet und Forum für Debatten über die Fragen unserer Zeit.
Auf dem Banner, das die Frauenkirche bei ihrer Eröffnung umspannte, stand - Brücken bauen, Versöhnung leben. Das, sagt die Weltkriegsüberlebende, gilt bis heute.