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Bombenanschlag in London
IS beansprucht Tat für sich

Nach dem Bombenanschlag in London hat die IS-Terrormiliz die Tat für sich beansprucht. Bei der Explosion in einer U-Bahn wurden 29 Menschen verletzt. Die britische Regierung hat inzwischen die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Laut Medienberichten hat die Polizei bereits einen Verdächtigen identifiziert.

    Zu sehen ist im Hintergrund ein bewaffneter Polizist in Kampfmontur vor einem grünenGeländer. Im Vordergrund unscharf ein weiterer Polizist mit Mütze und schussicherer Weste, der gerade telefoniert.
    Polizisten vor der U-Bahn-Station Parsons Green. (AFP / Daniel LEAL-OLIVAS)
    Die IS-Terrormiliz erklärte über die Propaganda-Organ Amak, eine mit ihr verbündete Einheit habe den Anschlag in einem U-Bahn-Zug an der Station Parsons Green im Londoner Westen begangen. Die Explosion wurde durch einen selbstgebauten Sprengsatz verursacht. Die Behörden gehen deshalb von einem terroristischen Hintergrund aus. Britische Medien berichten unter Berufung auf Polizeikreise, der Sprengsatz habe einen Zeitzünder enthalten, die Zündung habe aber nicht richtig funktioniert.
    Luftaufnehme: Der Zug steht vor dem Bahnhofgelände aus braunem Backstein. Mehrere Polizisten stehen am Gleis.  
    Polizisten untersuchen den Ort des Anschlags. (AP / DPA)
    Bei der Detonation wurde zum Glück keines der 29 Opfer lebensgefährlich verletzt. Die Menschen wurden in verschiedenen Krankenhäusern behandelt, die meisten davon wegen Verbrennungen. Einige hatten Verletzungen erlitten, als sie in der Panik nach der Detonation niedergetrampelt wurden. Acht der Opfer konnten bis zum Abend wieder aus den Krankenhäusern entlassen werden.
    Höchste Terrorwarnstufe ausgerufen
    Die britische Regierung rief nach dem Attentat die höchste Terrorwarnstufe aus - sie wurde von "ernst" auf "kritisch" hochgestuft. Dies gab Premierministerin Theresa May am Abend im BBC-Fernsehen bekannt. "Kritisch" bedeutet, dass möglicherweise ein Anschlag unmittelbar bevorsteht.
    Rund um den U-Bahnhof waren bewaffnete Polizisten mit Spürhunden im Einsatz. In der Nähe des Anschlagsorts richtete der Gemeinderat von Hammersmith ein Aufnahmezentrum für Betroffene ein. Umliegende Cafés verteilten kostenlos Tee, ein italienisches Restaurant versorgte die Rettungskräfte mit Pizza. Die Polizei kündigte für das Wochenende verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für die Hauptstadt an.
    Ein Polizist und eine Polizistin gehen hinter einem rot-weißen Absperrband den Bürgersteig entlang. Die Polizistin hat den schwarzen Hund an der Leine, der den Bürgersteig beschnüffelt.
    Polizisten mit einem Spürhund an einer Straße nahe der U-Bahn-Station Parsons Green. (Kirsty Wigglesworth / AP / dpa)
    Aufnahmen eines brennenden Eimers
    Die Polizei war heute früh wegen eines Brandes in einem vollbesetzten Waggon zu der U-Bahn-Station gerufen worden. Augenzeugen berichteten von einem lauten Knall und einem "Feuerball" in der Bahn. Viele Menschen erlitten Verbrennungen. Über soziale Netzwerke verbreitete Aufnahmen zeigten einen brennenden Eimer. Er war vermutlich in einer Tüte in den Waggon gebracht worden. Laut Augenzeugenberichten liefen Menschen in Panik aus der Station.
    "Verdächtiger identifiziert"
    Der TV-Sender Sky News meldet inzwischen unter Berufung auf Sicherheitskreise, es sei ein Verdächtiger im Zusammenhang mit dem Anschlag identifiziert worden. Die Polizei sei bei der Auswertung von Material aus Überwachungskamers auf die Person aufmerksam geworden. Nach ihr werde nun gefahndet.
    Londons Bürgermeister Khan kündigte eine erhöhte Polizeipräsenz sowie eine rasche Fahndung an. Er verurteilte die Tat. Seine Stadt nehme es nicht hin, wenn mit Terror versucht werde, den Menschen zu schaden und ihre Lebensweise zu zerstören, heißt es in einer Erklärung. Khan appellierte an die Bürger, ruhig und wachsam zu bleiben. Premierministerin May berief den nationalen Krisenstab ein. Nach ihren Angaben hätte der Anschlag weitaus verheerender ausfallen können: "Der Sprengsatz sollte enorme Schäden anrichten", sagte sie nach der Sitzung.
    Trump-Tweet sorgt für Diskussionen
    May wies zugleich eine Twitter-Nachricht von US-Präsident Trump zu dem Anschlag zurück. Dieser hatte erklärt, die Verantwortlichen des Anschlags seien polizeibekannt. Als May von Journalisten gefragt wurde, ob der US-Präsident etwas wisse, was die britischen Behörden nicht wüssten, meinte May, Spekulationen über die Ermittlungen seien nicht hilfreich.
    Trump nahm das Attentat auch zum Anlass, für sein Einreiseverbot für Menschen aus mehreren muslimischen Staaten zu werben. Er sprach vom Anschlag eines "Loser-Terroristen", der zeige, dass sein Einreiseverbot eigentlich noch umfassender und harter ausfallen sollte. Mit einem gewissen Zynismus fügte er hinzu, aber dies sei ja nicht politisch korrekt. Später rief Trump May an und sprach ihr sein Mitgefühl wegen des Anschlags aus, wie das Büro der Premierministerin m itteilte.
    Der Anschlag von Parsons Green ist bereits das fünfte Terrorattentat in Großbritannien in diesem Jahr. Vier davon ereigneten sich in den vergangenen sechs Monaten.