Er mag keine Hunde, sagt Mohammed abu-Srour. Aber den Schäferhund werde er wohl behalten. Der hat seinem Sohn Abdelhameed gehört. Und Abdelhameed ist am Montag vergangene Woche verschwunden, sagt seine Mutter Azhar.
"Es war nach dem Essen, er hat seine Jacke geholt und wollte im Laden ein Eis kaufen. Er wollte mir auch eins mitbringen. Außerdem wollte er kurz darauf einen seiner Lehrer anrufen, wegen einer Nachhilfestunde. Also, es gab keinen Anlass, zu denken, er würde rausgehen und einfach nicht wiederkommen."
Abdelhameed, 19 Jahre, kurz vor dem Schulabschluss, soll es gewesen sein. Er soll im Bus der Linie 12 in Jerusalem-Talpiot einen Sprengsatz gezündet haben. 20 Menschen wurden verletzt, zwei von ihnen schwer. Abdelhameed war wohl einer der Schwerverletzten, starb zwei Tage später im Krankenhaus. Die israelische Polizei nahm den Vater zum Krankenhaus, für eine DNA-Probe, offenbar war der Tote nur so zu identifizieren. Zurück bleiben ratlose, trauernde Eltern. Bei Mohammed abu-Srour kommt auch die Wut durch:
"Ich habe keine Ahnung, was mein Sohn getan hat. So ist das inzwischen in allen Familien. Keiner von den Jungen erzählt Vater oder Mutter, was ihn ihm vorgeht, was sie vorhaben. Er ist mein Sohn, natürlich hätte ich ihn gestoppt, wenn ich davon gewusst hätte. Es ist schrecklich, was er gemacht hat, aber nichts, wofür wir uns schämen müssten."
Eltern sehen Grund in der israelischen Besatzung
Gewissheit haben die Eltern nicht, nicht über die Tat, nicht über Tod des Sohnes. Aber sie wehren sich gegen den Begriff Terrorakt: Wenn Abdelhameed den Sprengsatz im Bus gezündet habe, dann wollen sie das als Widerstand gegen die israelische Besatzung sehen. Für einen Gedanken an die schwer verletzten Opfer der Busexplosion ist kein Platz.
"Wir sind Menschen, keine Tiere. So versucht uns die israelische Regierung darzustellen."
Wenn sie nicht unter Besatzung leben müssten, würde nichts von alldem passieren, sagt der Vater. Überhaupt: Die Familie abu-Srour ist wohlhabend, mit ihren fünf Kindern wohnen sie in einem großen Haus im Grünen, oberhalb von Bethlehem in Beit Jala. Der Vater - Möbelhändler von Beruf - sagt, sein Sohn hätte studieren können, er hätte keine finanziellen Sorgen haben müssen.
Aber die Gewalt, tödliche Schüsse auf palästinensische Messerattentäter, das habe ihn aufgewühlt, sagt die Mutter, Azhar. Sie unterrichtet Arabisch in der Oberstufe an einer christlichen Schule in Bethlehem. Und sie glaubt, ihre Generation habe die Kinder längst verloren:
"Ich glaube, die Jungen hassen uns, sie sind wütend auf uns. Sie denken, wir, ihre Eltern sind schuld an ihrer Tragödie. Sie glauben, dass wir nichts erreicht haben, um ihr Leben besser zu machen. In Wahrheit ist die ganze Welt schuld, die die israelische Besatzung gewähren lässt. Wer verschafft uns unsere Rechte? Die Autonomiebehörde? Oder unser Präsident? Nein! Deshalb gehen unsere Kinder weg, tun so etwas und sagen ihren Eltern nichts."
Schuld seien Hetze und Hass, so erklärt die israelische Regierung die Gewalt junger Palästinenser. Deren Eltern fühlen sich machtlos - und erklären die Gewalt ihrer Kinder mit Verzweiflung.