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Boni-Rückzahlungen bei der Deutschen Bank
"Zu solchen Positionen gehört ein unternehmerisches Risiko dazu"

Klaus Nieding, Vizepräsident der Schutzvereinigung für Wertpapiere, hält die Überlegungen der Deutschen Bank für richtig, Bonuszahlungen an Ex-Manager einzubehalten oder sogar zurückzufordern. Zu einer vernünftigen Bonusregelung gehöre auch eine Malusklausel, sagte er im DLF.

Klaus Nieding im Gespräch mit Rainer Brandes |
    Die Schatten des Deutsche Bank-Logos und eines Mannes fallen auf eine Wand.
    Vizepräsident der Schutzvereinigung für Wertpapiere im DLF: "Jeder normale Gewerbetreibende haftet mit seiner gesamten Existenz für das, was er treibt." (dpa/picture alliance/Arne Dedert)
    Rainer Brandes: Die Deutsche Bank erwägt, Bonuszahlungen an hochkarätige Ex-Manager einzubehalten und eventuell auch zurückzufordern, und darüber spreche ich jetzt mit dem Vizepräsidenten der Schutzvereinigung für Wertpapiere, Klaus Nieding. Er ist sozusagen der Anwalt der Kleinanleger und als Rechtsanwalt und Anlegerschützer ist er ständiger Teilnehmer der Hauptversammlungen der Deutschen Bank. Guten Abend!
    Klaus Nieding: Ich grüße Sie, Herr Brandes.
    Brandes: Millionen von Bonuszahlungen an umstrittene Ex-Vorstände, die werden jetzt eventuell einbehalten. Ist das eine gute Nachricht?
    Nieding: Ich sage mal, da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Zunächst mal zum Juristen: Sie haben mich ja als Anwalt vorgestellt. Das funktioniert nur dann, wenn entsprechende Regelungen vertraglicherseits mit den Betroffenen vereinbart sind seitens der Deutschen Bank. Das ist ganz klar. Anders herum muss man natürlich sagen, in dem Schlamassel, in dem die Bank steckt, ist es sicherlich auch richtig, ein entsprechendes Zeichen zu setzen und zu sagen, wir wollen dann aber auch denjenigen ans Portemonnaie, die gegebenenfalls auch die Verantwortung dafür tragen.
    Brandes: Jetzt haben Sie die arbeitsrechtliche Seite gerade schon angesprochen. Wie realistisch ist das denn, dass die Ex-Vorstände dieses versprochene Geld nicht bekommen, oder sogar bereits gezahltes, dass die Bank das wieder zurückfordern kann?
    Nieding: Wie gesagt, das hängt davon ab, welche vertraglichen Vereinbarungen man dort getroffen hat. Wir fordern ja seitens der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz schon seit Jahren, dass zu einer vernünftigen Bonusregelung auch eine Malusklausel gehört. Das heißt, dass man dann, wenn sich die Erwartungen nicht erfüllt haben, die mit der Gewährung des Bonus oder mit der Inaussichtstellung des Bonus verbunden waren, dass man dann den Bonus A für die Zukunft streichen kann und B gegebenenfalls auch für die Vergangenheit wieder zurückfordern kann.
    Brandes: Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, als diese Manager eingestellt worden sind, da stand das in deren Verträgen ja vielleicht noch gar nicht so drin, dass sie eventuell auf Boni verzichten müssten. Wäre dann solch eine Sanktion also illegitim?
    Nieding: Nein. Man kann das natürlich alles mit Vertragsnachträgen und mit entsprechenden Vereinbarungen zu jeweiligen Bonusregelungen versehen. Ich gehe sowieso davon aus, dass über die Bonusgestaltung seit Einstellung der entsprechenden Manager mehrfach neu verhandelt worden ist, und insofern gehört das dann in die Neuverhandlungen mit rein.
    Brandes: Aber im Strafrecht würde man sagen, eine nachgelagerte Bestrafung gibt es nicht.
    Nieding: Ja, aber das gibt es im Zivilrecht nicht. Das heißt, wenn man eine entsprechende Vereinbarung vorher getroffen hat, dass man im Falle eines Falles auch nachträglich bereits in der Vergangenheit gewährte Boni zurückfordern kann, dann ist das wirksam.
    Brandes: Wenn die Bank jetzt solche Sanktionen von ihren Managern fordert, wird sie dann denn überhaupt in Zukunft noch Menschen finden, die bereit sind, Spitzenposten bei ihnen einzunehmen?
    Nieding: Na ja, sagen wir mal so: Mit der gesamten Vergütungsregelung, wie wir sie bei der Deutschen Bank, aber auch bei anderen großen DAX-30-Konzernen haben, sind die Herrschaften, glaube ich, nicht gerade ärmlich ausgestattet, um es mal vorsichtig auszudrücken.
    Und für mich gehört an dieser Position, nämlich des Vorstandes einer börsennotierten Aktiengesellschaft, auch ein unternehmerisches Risiko hinzu. Es kann ja nicht sein, dass das größte Risiko, was die Herrschaften fahren, ist, dass ihr Vertrag, der zumeist auf fünf Jahre Gültigkeit abgeschlossen wird, dass der vorzeitig aufgelöst wird und bis zum Ende der Laufzeit werden alle Vergütungsbestandteile dann ausgezahlt als Kompensation.
    Das wäre mir deutlich zu wenig unternehmerisches Risiko. Jeder normale Gewerbetreibende haftet mit seiner gesamten Existenz für das, was er dort treibt und was er dort tut. Das muss, ich sage mal, in gewissem Maße sicherlich auch für Vorstände von börsennotierten Aktiengesellschaften gelten.
    "Wir reden hier ja nicht über Unsummen"
    Brandes: Es ist ja damit zu rechnen, dass die Deutsche Bank, wenn sie diese Forderungen durchsetzen will, dass sie dafür lange Prozesse wird führen müssen. Ist das denn überhaupt im Interesse der Aktionäre, da noch mal so viel Geld für Prozesse auszugeben?
    Nieding: Gut, wir reden hier ja jetzt nicht über Unsummen. Wir reden hier über ein- beziehungsweise niedrige zweistellige Millionen-Euro-Beträge, was hier in der Presse bislang kolportiert wurde, wenn sich das denn alles bewahrheitet. Auch das muss man zunächst einmal abwarten. Darüber hinaus gehe ich nicht davon aus, dass es hier wirklich zu langfristigen oder langwierigen Gerichtsprozessen kommt. Das sind ja letztlich auch Fragen, die werden mit den betroffenen Vorständen im stillen Kämmerlein geklärt.
    Insofern gehe ich schon davon aus, dass man dort auch zu einer außergerichtlichen Lösung kommt. Insofern würde ich vorschlagen, wir warten das zunächst einmal ab. Ich meine, es ist richtig, auch über diese Themen nachzudenken, denn immerhin gehen die Herrschaften ja mit anderer Leute Geld um, nicht mit ihrem eigenen Geld. Sie verwalten fremder Leute Geld und es kann ja nicht sein, dass der Aktionär am Ende der Nahrungskette immer letztlich neben den Mitarbeitern der einzige ist, der von schlechten Entwicklungen dann getroffen wird.
    "Es geht um die Symbolik"
    Brandes: Jetzt haben Sie gerade schon gesagt, das sind so ein paar Millionen. Heißt das, dass die Bank diese Beträge, wenn sie sie denn zurückbekommt, gar nicht wirklich groß einsetzen kann, um sich damit zu sanieren, sondern dass es mehr um die Symbolik geht?
    Nieding: Es geht in der Tat um die Symbolik. Weder der Aktienkurs, noch irgendwas an der Dividendenzahlung werden sich großartig verändern, wenn diese Beträge eingeholt werden. Das ist ja gerade die Krux an solchen Fällen. Wir haben das ja auch in der Vergangenheit in einem anderen Zusammenhang gesehen. Nehmen wir mal den Beispielsfall Siemens. Wenn man sich da mit einem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden auf eine Zahlung von fünf Millionen Euro einigt, dann hört sich die Zahl für sich genommen natürlich groß an. Aber in der Bilanzsumme einer solchen Aktiengesellschaft ist das ja ein Staubkorn sozusagen. Das heißt, das fällt ja gar nicht auf.
    Die Aktionäre haben aber einen messbaren Schaden, der durch Fehler des Managements möglicherweise entstanden ist. Da gibt es einen massiven Kursverfall, es gibt einen Dividendenausfall, nicht nur für ein Jahr, sondern wir wissen ja schon, dass wir wahrscheinlich auch für zwei Jahre einen Dividendenausfall bei der Deutschen Bank bekommen. Und der Aktionär bekommt natürlich keine Kompensation seines Schadens, denn weder der Aktienkurs bewegt sich, noch gibt es eine Dividendenauszahlung. Dafür sind diese Summen einfach im Verhältnis gesehen viel zu klein.
    Deswegen fordern wir ja auch seit Jahren, es muss eine echte Außenhaftung von Vorständen und Aufsichtsräten gegenüber den Aktionären geben und nicht, wie das Aktiengesetz das nach wie vor leider begrenzt, eine reine Innenhaftung, das heißt Haftung nur der Gesellschaft gegenüber.
    Brandes: Klaus Nieding von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Mit ihm habe ich vor dieser Sendung über die mögliche Rückforderung von Boni durch die Deutsche Bank von ihren Ex-Managern gesprochen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.